Frau arbeitet von Zuhause mit Notebook

Welche Herausforderungen gibt es bei agilen Projekten und Remote-Arbeiten?

Im Zuge der Covid-19-Krise haben viele Unternehmen erfolgreich eine geeignete IT-Infrastruktur für Remote-Arbeit hergestellt.

Angefangen von der Beschaffung zusätzlicher Notebooks bis hin zu kurzfristigen Umstellungen auf papierlose Prozesse. Dennoch gibt es bei agilen Projekten weiterhin Herausforderungen, zum Beispiel:

  • Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten können dazu führen, dass Aufgaben nicht bzw. unzureichend erledigt werden. Wenn Kolleg:innen nicht mehr „nebenan“ sitzen, finden informelle Informationsflüsse weniger statt und möglicherweise werden Probleme daher später verstärkt spürbar.
  • Colocation ist ein wichtiger Aspekt für agile Teams. Wir beobachten oft, dass soziale Interaktionen im Remote-Setup weniger stattfinden, was negative Auswirkungen auf das Teamgefüge und die Motivation hat.
  • Ideen für den Einsatz neuer, kreativer Tools können nicht oder nur langsam umgesetzt werden (einige Tool-Beispiele werden im weiteren Verlauf genannt). Wir beobachten, dass oft nicht klar ist, ob man die Tools nutzen darf und welche Freigaben benötigt werden, und die Freigabeprozesse dauern dann häufig länger.

Bei Betrachtung der agilen Prinzipien aus dem agilen Manifest stellt sich die Frage, wie man sie in einem remote durchgeführten Projekt bestmöglich umsetzen kann. Wie kann man dafür sorgen, dass die Prinzipien gelebt werden und dass sich das Team selbst organisiert und Ergebnisse produziert?

In einem Remote-Setup bekommen Rollen und Verantwortlichkeiten, die für agile Arbeitsmethoden ohnehin unabdingbar sind, noch mehr Bedeutung.

Rollen und Verantwortlichkeiten im digitalen Setup

In einem Remote-Setup bekommen Rollen und Verantwortlichkeiten, die für agile Arbeitsmethoden ohnehin unabdingbar sind, noch mehr Bedeutung. Sehen wir uns beispielsweise die Rolle eines Product Owners an. Diejenigen, die bereits Erfahrung mit der initialen Einführung von agilen Arbeitsweisen haben, kennen die essenziellen Fragen: Wie finden wir passende Product Owner? Aus welchem Bereich kommen die Product Owner? Welche Entscheidungen werden von ihnen getroffen?

 

Auch wenn diese Fragen geklärt werden können, stehen wir häufig vor der Situation, dass das tatsächliche „Leben“ der Rolle sehr personenabhängig ist. Bei der einen funktioniert es, bei der anderen nicht. Wir sehen auch oft in Kundenprojekten, dass bei der Nominierung der Personen ein großes Augenmerk auf die Entscheidungsbefugnisse gelegt wird und die ausgewählten Personen dann nicht über die notwendige Zeit und Aufmerksamkeit für diese Rolle verfügen. Wenn alle im gleichen Büro sitzen, kann man zumindest auf das persönliche „Abfangen“ im Büro setzen. Wie soll das online, z. B. via MS Teams, funktionieren?

 

Ein weiteres Beispiel ist die Rolle des Scrum Masters, wenn Scrum als Methodik gewählt wird. Bei Agilität geht es viel mehr um die Prinzipien und das Mindset als um die gewählte Methodik. In der Theorie hat der Scrum-Master die Aufgabe, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit das Team effizient und effektiv arbeiten kann. Gerade in einem Remote-Format sollten Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit oder Kommunikation möglichst rasch beseitigt werden. Denn die Motivation und den Zusammenhalt im Team remote wiederherzustellen ist ebenfalls schwieriger als „Face to Face“. Auch sind Konflikte online weniger spürbar, als wenn alle im gleichen Raum sitzen und man die nonverbale Kommunikation beobachten kann. 

Verliert der soziale Aspekt in einem virtuellen Umfeld an Bedeutung?

Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade in einem virtuellen Umfeld genügend Raum für soziale Interaktionen eingeplant werden sollte, denn diese tragen maßgeblich zum Projekterfolg bei.

Osmotische Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil agiler Projekte, um im Team laufend aktuelle Informationen zu teilen und kurze Kommunikationswege zu haben. Neben dem Austausch inhaltlicher Informationen fördert die Option für kurze Zwischengespräche auch die sozialen Interaktionen im Team.

Insbesondere wenn das Projektumfeld nicht colocated zusammensitzt, kann es herausfordernd sein, ein Teamgefühl und in weiterer Folge ein gemeinsames Commitment zu erzeugen. Beiläufige Gespräche, die zwanglos am Arbeitsplatz oder am Gang, beim Kaffee oder beim Mittagessen entstehen und die Beziehungsebene stärken, finden nicht statt.

Einer der Leitsätze aus dem agilen Manifest besagt, dass Individuen und Interaktionen eine höhere Priorität als Prozessen und Werkzeugen zuzuschreiben ist. Doch lässt sich dieser Leitsatz in ein remote geführtes Projekt übertragen? Verliert der soziale Aspekt in einem virtuellen Umfeld an Bedeutung?

In virtuellen Teams empfiehlt es sich, diesem sozialen Aspekt bewusst und aktiv Raum zu geben. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden.

Beispielsweise könnte ein erster Schritt sein, zu Beginn eines Termins ein paar Minuten für arbeitsunabhängige, lockere Unterhaltungen einzuplanen. Wird dies des Öfteren wiederholt, kann sich eine lockere Meeting-Kultur entwickeln, die zur Festigung der Beziehungsebene beitragen kann. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass der/die Moderator:in alle Teilnehmer:innen nach der eingeplanten Zeit zur eigentlichen Agenda des Termins zurückführt.

Eine andere Methode könnte sein, eine Projektkultur zu schaffen, in der kleine soziale Interaktionen gefördert und forciert werden. Die Möglichkeiten können von einer telefonischen gemeinsamen Kaffeepause über ein virtuelles Mittagessen bis hin zu einem Remote-Feierabend-Drink reichen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wird dies bewusst im Projekt eingesetzt, ist es hilfreich zu definieren, wer bzw. welche Rolle für gemeinsame Interaktionen im Lead ist.

Zusammenarbeit durch den Einsatz von Tools erleichtern und Motivation im Projektteam stärken

In der Regel werden bei Projekten in regelmäßigen Abständen Teammeetings durchgeführt. Dabei wird sowohl der fachliche als auch der soziale Austausch forciert. Auch virtuell lassen sich Teammeetings wunderbar durchführen. Je nach Zweck des Meetings gibt es zahlreiche Tools zur Unterstützung. Bei der Wahl des Tools ist zu beachten, dass es dem Zweck dient und nicht nur des Einsatzes wegen verwendet wird.

So können beispielsweise mit wonder.me virtuelle Räume erschaffen werden, in denen sich das Projektteam als Avatar frei bewegen kann. Miteinander kommunizieren kann man nur, wenn man auch in dem Raum nebeneinandersteht. Eine solche Umgebung eignet sich hervorragend für ein zwangloses Miteinander oder auch für Projekt- und Gruppenarbeiten.

Soll allerdings gemeinsam im Team etwas erarbeitet werden, so kann der Einsatz von Collaboration-Tools wie Miro oder Mural einen großen Mehrwert bieten. Mit ihrer Hilfe können Teams zeitgleich an bestimmten Inhalten, beispielsweise einem Whiteboard, zusammenarbeiten. Dadurch wird agiles Arbeiten erleichtert und es können kreative Workshop-Methoden eingesetzt werden, sei es die Nutzung eines Kanban-Boards, die Durchführung von Retrospektiven, ein Brainstorming mit Post-its, das Erstellen einer Mindmap oder das Freihandzeichnen von Skizzen.

Wir haben auch gute Erfahrungen mit Echtzeit-Feedback-Tools wie z. B. Mentimeter gemacht, die während oder nach einem Workshop eingesetzt werden können. Sie helfen unter anderem, offene Fragen zu klären, unterschiedliche Meinungen abzuholen oder Ideen bewerten zu lassen. Ein Feedback-Tool hat sich sowohl innerhalb eines kleineren Projektteams als auch in einem großen Teilnehmerkreis bewährt.

Unternehmen benötigen eine geeignete Strategie für die Nutzung solcher Tools. Weder sollen Teams mit langwierigen Freigabeprozesse kämpfen müssen noch sollen diverse Tools ungesteuert und mit Sicherheitsrisiken (z. B. hinsichtlich Datensicherheit und Cloud) zum Einsatz kommen.

Fazit

Um ein erfolgreiches Remote-Arbeiten in einem agilen Projekt zu ermöglichen, müssen die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, da mögliche „Blind Spots“ (z. B. unklare Rollen) zu Konflikten oder einer schlechten Zusammenarbeit führen können. Wichtig ist es, soziale Interaktionen im Team bewusst einzuplanen und zu forcieren. Die Zusammenarbeit kann durch den Einsatz passender Tools unterstützt und verbessert werden. 

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