Können uns Roboter helfen, weniger wie Maschinen zu arbeiten?

Von EY Global

Multidisciplinary professional services organization

5 Minuten Lesezeit 25 April 2018

Robotergesteuerte Prozessautomatisierung klingt zunächst nicht sehr mitarbeiterfreundlich. Sie kann jedoch die Arbeitsplätze von morgen für Ihre Mitarbeiter um einiges angenehmer machen.

Am Förderband oder im Lager ist der Einsatz von Robotern bereits ganz normal. Maschinen eilt aber auch der Ruf voraus, Menschen als Arbeitskräfte zu ersetzen.

Und genau davor haben viele Angst – eine Angst, die Martin Ford 2015 mit seinem Besteller „Aufstieg der Roboter“ noch schürte. Außerdem warnte das Weiße Haus vor Kurzem in seinem Jahresbericht davor, dass Millionen von Niedriglohnjobs durch Roboter ersetzt werden könnten.

Trotz all dieser Warnungen ist Martin Weis, Robotikexperte bei EY, davon überzeugt, dass genau die Menschen, deren Jobs bald von Robotern übernommen werden könnten, der robotergesteuerten Prozessautomatisierung (RPA) positiv gegenüberstehen sollten. Denn mit RPA-Software steuern und automatisieren Mitarbeiter manuelle Backoffice-Tätigkeiten, insbesondere Routineaufgaben, und haben so mehr Zeit für bedeutendere Arbeitsschritte.

„RPA beseitigt repetitive, zeitintensive Arbeitsschritte wie manuelle Dateneingaben, damit Menschen sich auf das konzentrieren können, was wirklich wichtig ist“, so Weis.

Können uns Roboter helfen, Mitarbeiter stärker ans Unternehmen zu binden?

Zahlreiche Studien belegen, dass viele Menschen ihre Arbeit nicht gerne machen. Sie finden ihre Aufgaben oft langweilig und repetitiv. Das mindert Motivation und Produktivität.

„Es gibt zahlreiche Abläufe, die noch nicht automatisiert wurden“, sagt Weis. „Viele Unternehmen finden nur schwer Arbeitskräfte für diese mühsamen und meist schlecht bezahlten manuellen Prozesse. Die Fluktuation ist hoch.“ Das kostet Unternehmen nicht nur Geld, sondern auch vielversprechende Arbeitskräfte für die Zukunft.

„Menschen machen solche Jobs meist nicht länger als zwei Jahre“, erklärt Weis. „Bis zu 30 Prozent aller Recruiting-Prozesse werden dafür aufgewendet, immer neue Arbeitskräfte für diese Jobs zu finden. RPA könnte die Lösung für dieses Problem sein, da es die Arbeit für Menschen interessanter macht.“

Mann stapelt Papier

Menschen sind keine Roboter

EY Personalexperte Georg Brooks erklärt: „Wir dürfen Menschen nicht zu Robotern machen, sondern sie dazu befähigen, Roboter bestmöglich für ihre Arbeit zu nutzen. Das gelingt am besten, indem wir Technologien wie Automatisierung und Robotik möglichst rasch umsetzen. Damit optimieren wir nicht nur Prozesse, sondern senken auch Kosten und Fehlerquoten. Und noch viel wichtiger: Wir können einen Teil des Personaldefizits ausgleichen.“

„Fehler wird es immer geben und es braucht jemanden, der sie behebt“, ergänzt Weis. „Ohne menschliches Urteilsvermögen und analytische Interpretationen geht es nicht. Darauf sollten wir in Zukunft setzen.“

Die Mitarbeiter von morgen werden die Ergebnisse der robotergesteuerten Systeme, die die „langweilige Arbeit“ übernehmen, überwachen und interpretieren. Gleichzeitig werden sie mehr Zeit haben, sich um all das zu kümmern, was Maschinen nicht können. „Dank RPA rückt der ‚menschliche‘ Teil der Arbeit wieder in den Fokus. Man hat mehr Zeit, Beziehungen zu pflegen und spannende Projekte zu verfolgen. Damit erhält der Job mehr Bedeutung. Auch den ‚Stress‘, den komplexe mechanische Aufgaben oft verursachen, kann RPA mindern. So arbeiten wir produktiver und kreativer“, erläutert Brooks.

Dank RPA rückt der ‚menschliche‘ Teil der Arbeit wieder in den Fokus. Man hat mehr Zeit, Beziehungen zu pflegen und spannende Projekte zu verfolgen.
George Brooks,
People Advisory Services Leader, Americas, EY

Je mehr Menschen an kreativen Strategien und Innovationen arbeiten oder schlichtweg im Kundendienst tätig sind, desto menschlicher wirken das Verhalten, die Werte und das Image eines Unternehmens. Das kommt gut an beim Kunden. Viele Unternehmen könnten so von ihrem vermeintlich ‚kalten‘ und ‚gesichtslosen‘ Image wegkommen und menschlicher wahrgenommen werden.

Viele Kunden großer Organisationen, insbesondere in der Energie- und Versorgungsbranche, beschweren sich darüber, dass sie kaum mehr einen Mitarbeiter in den Unternehmen erreichen. Automatische Telefonsysteme und FAQs auf der Website sind nun einmal günstiger als Menschen, die Anrufe entgegennehmen. Setzt man jedoch die Menschen, deren Backoffice-Jobs ein Roboter erledigt, wieder ans Telefon, dann entsteht der direkte Draht zum Kunden.

Im Bereich RPA fehlt es häufig noch an Mitarbeitern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen.

Weis empfiehlt Unternehmen, Menschen, die mit RPA arbeiten, zu schulen. „Um von der Ausführung zur Überwachung zu wechseln, müssen Mitarbeiter wissen, wie Automatisierung funktioniert. Dafür sind passende Trainingsprogramme nötig, die im Idealfall vor dem Umstieg auf RPA stattfinden.“

Mit der Schulung bestehender Mitarbeiter können Sie bei der Einführung von RPA nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch Recruiting-Kosten senken. Damit sollten sich die nötigen Trainingsprogramme gut finanzieren lassen. Wenn Sie auf RPA wechseln und Ihre Mitarbeiter schulen, dann sollten Sie sie auch an Ihr Unternehmen binden. Es gibt bei Weitem nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte, die RPA bedienen können und einen effizienten Einsatz von RPA in Ihrem Unternehmen erst möglich machen. Qualifizierungsmaßnahmen für Ihr Team könnten also zu wertvollen langfristigen Investitionen werden.

Wenn man klar und direkt mit Mitarbeitern kommuniziert, die mit RPA arbeiten werden und ihnen Perspektiven bietet, sehen sie Roboter nicht mehr als Bedrohung an, sondern als helfende Hand.
Martin Weis,
EMEIA Robotics Leader, EY

Aus diesem Grund meint Weis, dass die Menschen, die in prozessgetriebenen Jobs arbeiten, RPA viel positiver gegenüberstehen sollten. Lässt man sie frühzeitig wissen, dass Sie nicht ersetzt werden, sondern kreativere und bedeutendere Aufgaben in der Wertschöpfungskette übernehmen, freuen sie sich wahrscheinlich sogar auf Roboter, die ihnen helfen.

„Wenn man wirklich von Anfang an eine klare Kommunikationsstrategie verfolgt und eine Vision für die betroffenen Mitarbeiter entwickelt, dann kooperieren sie auch“, sagt Weis. „Sie betrachten Roboter als helfende Hände – nicht als Jobkiller.“

Wir sollten RPA nicht als Jobkiller sehen. Robotergesteuerte Prozessautomatisierung befreit uns von Aufgaben, die sich ständig wiederholen. Wenn man Prozesse effektiv und mit Bedacht automatisiert, kann man die Produktivität erhöhen, indem man Menschen mehr Zeit für strategische oder kreative Projekte verschafft, mit denen ein Unternehmen seine eigentlichen Ziele schneller erreichen kann.

Fazit

RPA sollte nicht als Jobkiller gesehen werden, sondern vielmehr als Möglichkeit, Menschen mehr Zeit für strategische und kreative Aufgaben zu geben.

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