Wolfgang Kristinus

Geschäftsführer Baustoff + Metall Gesellschaft

Herr Kristinus, was bedeutet für Sie MUT?

Man on the top of the mountain

Vertreter Östereichs beim World Entrepreneur Of The Year 2009

Für Bergsteiger und Unternehmer gleichermaßen ist Mut eine Grundvoraussetzung, um vorwärts zu kommen. Die sich stetig ändernden Rahmenbedingungen, die Notwendigkeit an die Grenzen gehen und sich auch ins unbekannte Gelände zu wagen sowie in Krisensituationen die Nerven zu bewahren – das erfordert ein gerütteltes Maß an Risikobereitschaft und eben auch Mut. Da ich beide „Sportarten“ mit Leidenschaft betreibe, fühlte ich mich schon immer in diesen Risikozonen wohl. Aus Mut wurde dann auch Erfahrung, denn aus dem Bewältigen heikler Situationen kann man viel für künftige, ähnliche Problemfälle ableiten.

Drei Situationen erforderten in meinem Unternehmertum besonderen Mut:

  1. In den 80er Jahren haben wir uns für einen Unternehmensgegenstand entschieden, der damals noch ein Mini-Nische darstellte, nämlich den hochspezialisierten B2B-Handel mit Dämmstoffen und darauffolgend mit Trockenbaustoffen wie Gipskartonplatten. Das waren damals noch ziemlich exotische Produkte und niemand konnte sich vorstellen, dass man damit jemals Geld verdienen könne. Unsere Baustoffhändler-Mitbewerber lachten uns damals aus. Ein Flop hätte uns damals die Existenz gekostet, doch genau das Gegenteil ist eingetroffen und unser Konzept ist aufgegangen.
  2. Der Einstieg in den deutschen Markt im Jahr 1996. Damals investierte, so wie wir, jeder in die Ostmärkte, aber unseren Fokus legten wir ab 1996 auf Deutschland, obwohl uns viele davon abrieten. Viel zu kompetitiv sei dieser riesige Markt, als österreichischer Newcomer hätten wir dort keine Chance. Auch dort belächelten uns anfangs unsere künftigen Mitbewerber. Heute ist ihnen das Lachen vergangen, denn wir sind Marktführer im Trockenbau-Fachhandel in Deutschland. Mut gehörte hier definitiv dazu, da unser finanzielles und organisatorisches Engagement für unsere Größenordnung beträchtlich war und im Worst Case existenzbedrohend gewesen wäre.
  3. Der Einstieg in die Industrie. Als Fachhändler hatten wir wenig bis keine Ahnung, wie man einen Industriebetrieb führt und organisiert. Trotzdem trauten wir uns – damals sehr mutig – eine sanierungsbedürftige Metalldeckenfirma in der Schweiz aufzukaufen, sie nach zwei Jahren nach Österreich in eine eigens erbaute Fabrik umzusiedeln und im Laufe der Zeit mit der neuesten Technologie auszustatten. Wir fokussierten uns auf einen Sektor, der damals noch nicht so ein großes Thema war wie heute – die Metall-Klimadecke (Kühlen und Heizen). Nach einigen „Hoppalas“ sind wir auch dort gut angekommen und zählen zu den größten Produzenten dieser Art in Europa. Inzwischen haben wir sechs weitere Industriebetriebe erfolgreich gestartet und ausgebaut. Der Mut, sich in neue Gefilde vorzuwagen, hat sich ausgezahlt.

Aber Mut alleine ist noch nicht genug: Es braucht auch Geduld und Beharrlichkeit. Und bei allem Mut darf auch das Hirn nicht übersteuert werden - weder am Berg noch hier in der Ebene.