4 Minuten Lesezeit 22 April 2022
NFT-Investmentbörse

Non-Fungible Tokens (NFTs): ein neuer Finanztrend

Von Andreas Brauner

Manager, Financial Services Consulting | EY Österreich

Berater aus Überzeugung. Er lebt in Wien und ist auch in seiner Freizeit technologiebegeistert.

4 Minuten Lesezeit 22 April 2022

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Der Markt für digitale Assets ist exponentiell gewachsen, was teilweise auf die Nachfrage institutioneller Anleger zurückzuführen ist. 

Überblick
  • NFTs werden aus wirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive beleuchtet.
  • Die Bedeutung von NFTs sowie Vor- und Nachteile werden geschildert.
  • Auf weitere Entwicklungen und Handlungsmöglichkeiten wird eingegangen.

Die Mehrheit der Finanzexpert:innen sind sich einig, dass der Markt für Non-Fungible Tokens (NFTs) deutlich größer sein wird als derjenige für Kryptowährungen. Der Markt für NFTs hat im Jahr 2021 die Marke von 35 Mrd. Euro überschritten.1 Daher ist es wichtig zu wissen, welche Bedeutung und welchen  Wert NFTs haben, wie neuen NFT-Ökosysteme geschafft werden, wie der Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden NFTs qualifizieren und was Finanzinstitute und FinTechs in diesem Zusammenhang tun können.

1. Die Bedeutung von NFTs

Im März 2021 wurde ein NFT-Kunstwerk namens „Everydays: the First 5000 Days“ des Künstlers Mike Winkelmann aka Beeple im Auktionshaus Christie’s für 69 Mio. US-Dollar verkauft. In Österreich hat im Februar 2022 das Belvedere mit NFTs vom Kunstwerk „Der Kuss“ des Künstlers Gustav Klimt Millionen Euro lukriert. Die Kunstverkäufe im Millionenbereich zu sehen ist nicht ungewöhnlich. Hingegen wurden diese Stücke als NFTs verkauft, die sich vollständig in digitaler Welt befinden. Ebenfalls wurden die Anteile von Immobilien für Millionen Euro auf dem sogenannten nicht fungiblen Token-Markt verkauft. Diese Entwicklung in der Finanzwelt war nicht vorhersehbar. Technologische Unternehmen wie z. B. Meta (früher Facebook) haben sich dem Trend ebenfalls angeschlossen und überlegen, Produkte und Funktionen im Zusammenhang mit NFTs zu entwickeln.

NFTs sind eine Dateneinheit auf einer Blockchain, mit der Besonderheit, dass jeder NFT mit der Fähigkeit verknüpft wird, ein einzigartiges Objekt zu repräsentieren. Im Gegensatz zu traditionellen Digital Assets sind NFTs „nicht fungibel“ (= nicht austauschbar), was jeden NFT völlig einzigartig macht. Jedes Token besitzt eine eindeutige Identifikation und kann daher nicht durch andere ersetzt werden.

Die Tokens werden in öffentlich zugänglichen digitalen Ledgern, sogenannten Blockchains, gespeichert. Das bedeutet, dass sich zu jedem Zeitpunkt nachweisen lässt, wer ein bestimmtes NFT besitzt. Die Speicherung der NFTs auf einer Blockchain macht sie unveränderbar, nichtentfernbar und unzerstörbar. Kritiker bemängeln die hohe ökologische Belastung beim NFT-Handel. Es ist schwierig, den genauen CO2-Fußabdruck des NFT-Mintings zu messen, da viele Schritte im Prozess keinen bekannten CO2-Fußabdruck haben und es nur wenige wissenschaftliche Studien zu diesem Thema gibt.2 Schätzungen für eine Ethereum-basierte NFT-Transaktion liegen zwischen 33,4 und 48 kg CO2.

Kryptowährungen sind „fungible Tokens“ (z. B. Bitcoin), da jede Einheit der Blockchain gleich ist und dadurch zu gleichen Werten gehandelt werden kann. Das führt dazu, dass jeder einzelne Bitcoin genauso viel wert ist wie der andere. Im Gegensatz dazu unterschieden sich Non-Fungible Tokens voneinander. Kryptowährungen wie auch NFTs haben jeweils eigene Vor- und Nachteile, die vom Anwendungsfall abhängen. NFTs werden daher nicht den klassischen Kryptomarkt ersetzen, sondern in neue Anwendungsbereiche eindringen.

Die Anwendungsbereiche von NFTs beschränken sich nicht auf die Kunst; viele andere Bereiche wie etwa Immobilien oder Wertpapiere können ebenfalls tokenisiert werden. Es gibt eine breite Gruppe an Skeptikern, aber es darf nicht übersehen werden, dass NFTs bereits 35 Mrd. Euro Vermögenswerte repräsentieren. Sie selbst sind zwar virtuell, aber das investierte Geld ist es nicht.

2. Der Wert der NFTs und die Schaffung neuer NFT-Ökosysteme

Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie NFTs überhaupt einen Wert haben können. Der Wert der NFTs basiert auf der Kombination mehrerer Charakteristika. Die Möglichkeit der Überprüfung der Echtheit, die Transparenz, eine einfache Übertragbarkeit und fixe Transaktionskosten erlauben es, einen attraktiven Marktplatz zu schaffen, der die Nachfrage ankurbelt. Durch steigende Nachfrage steigt auch der Preis. Das schafft den Weg für die Eröffnung vieler Märkte für unterschiedliche Güter (für Anwendungsbereiche und -beispiele siehe NFT » Digitale Besitzurkunde für virtuelle Güter | EY Österreich | EY - Österreich).

NFTs sind eine völlig neue Anlageklasse und als solche haben sie den Markt für digitale Assets grundlegend verändert.
Andreas Brauner
Manager, Financial Services Consulting | EY Österreich

Hier die zwei wichtigsten Ursachen für diese Entwicklung:

  1. NFTs sind digitale Zwillinge realer Güter
    Sie ermöglichen neue Märkte, die schnell an Bedeutung gewinnen können, insbesondere im Vergleich zu anderen Kryptoprodukten. Dies liegt daran, dass die NFTs selbst einen eindeutigen Wert haben, weil auch ein physischer Wertgegenstand mit einem NFT gekoppelt werden kann. Im Gegensatz dazu benötigen Kryptowährungen eine breite Akzeptanz, um als Wertaufbewahrungsmittel nutzbar zu sein.
  2. Neue Eigentumsformen
    NFTs schaffen neue Eigentumsformen und darauf bauen sich neue Märkte auf. Das Eigentumsrecht ist wichtig für das saubere Funktionieren von Märkten. Früher war nicht klar, wer der wahre „Eigentümer“ eines digitalen Kunstwerks ist und wer eine Kopie desselben auf seinem PC gespeichert hat. Mit den NFTs stellt sich dieses Problem nicht mehr, weil die Parteien etwas erhalten, das nur einmal existiert, und sie darauf vertrauen können, dass es das Eigentum darstellt. Der weitere Vorteil von NFTs liegt in der innovativen, effizienten und automatisierten Durchführung von Transaktionen. Die Transaktionskosten sind fixiert und im Vergleich zu Alternativmöglichkeiten der klassischen Eigentumsübertragung um ein Vielfaches billiger.

Es ist schwer zu sagen, wie viele NFT-Händler es gibt. Mittlerweile werden jede Woche NFT-Verkäufe im Wert von Hunderten Millionen Dollar über öffentliche Marktplätze wie Foundation, OpenSea und Nifty Gateway getätigt und es gibt maßgeschneiderte Anwendungen wie NBA Top Shot und VeVe. Aus heutiger Sicht ist schwer zu beurteilen, welche dieser neuen digitalen Assets es wert sind, behalten zu werden. Beispielsweise hat Facebook erst lange nach dem Wachstum des Netzwerks erkannt, wie das Geschäftsmodell oder die Bewertung aussieht. Der Wert einiger digitaler Assets sollte nicht abgetan werden, nur weil wir erst am Anfang stehen und den Wert schwer ermitteln können.

NFTs sind ein Werkzeug, um physische Vermögenswerte in einer Blockchain darzustellen. Diese Fähigkeit ist eine positive und innovative Entwicklung in der Finanzbranche. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage: Wenn die meisten Güter auf einer Blockchain tokenisiert sind und das Eigentum überall auf der Welt übertragen werden kann, wie sehen dann unsere Finanzsysteme, Versicherungsmärkte, Sozial- und Mediennetzwerke aus?

 

3. Was sagen der Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden?

a) Die Entwicklungen auf europäischer Ebene

Eine wichtige regulatorische Entwicklung auf europäischer Ebene gab es im Herbst 2020, als die Europäische Kommission als Teil des „Digital Finance Package“ den ersten Entwurf für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA) vorstellte.3  MiCA war die Reaktion auf die zunehmende Nutzung digitaler Finanzdienstleistungen durch europäische Unternehmen und Verbraucher. Ziel der neuen Verordnung ist es, sowohl die Wettbewerbsfähigkeit als auch die Zahl der digitalen Innovationen des europäischen Finanzsektors zu steigern. Gleichzeitig sollen Rechtssicherheit, Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität gefördert werden. MiCA soll in den Mitgliedstaaten für einen europaweit einheitlichen Umgang mit Krypto-Assets sorgen. Ein ursprünglich für 28. Februar 2022 vorgesehenes Votum im EU-Parlament wurde aufgrund von Uneinigkeit bezüglich des Proof of Work auf unbestimmte Zeit verschoben. Eine Abstimmung im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments am 14. März 2022 hat klargestellt, dass es kein Proof-of-Work-Verbot geben wird.

Nach der aktuellen Definition von „Kryptowert“ handelt es sich dabei um „eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können“.4 Hingegen sind die NFTs vom Anwendungsbereich der MiCA ausgenommen. 

Die Regulierung von Krypto-Assets dient als Katalysator für Innovation. Sie schafft mehr Sicherheit und Klarheit auf dem Markt der digitalen Assets.
Lejla Tuholjakovic

b) Die Entwicklungen in den USA

Neben den EU-Aufsichtsbehörden zeigen auch die US-Aufsichtsbehörden mit der erst kürzlich erfolgten Vorstellung des „Digital Asset Market Structure and Investor Protection Act“5 steigendes Interesse für die Thematik. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, den Markt der digitalen Assets weitestgehend unter die Aufsicht der Securities and Exchange Commission (SEC) und der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) zu stellen.

US-Präsident Joe Biden hat am 9. März 2022 eine Anordnung zur staatlichen Aufsicht über Kryptowährung (engl. Executive Order on Government Oversight of Cryptocurrency) unterzeichnet, die die Federal Reserve auffordert zu prüfen, ob die Zentralbank eine eigene digitale Währung schaffen sollte. Laut Bidens Administration schafft diese Anordnung „die erste umfassende föderale Strategie für digitale Vermögenswerte für die Vereinigten Staaten“.6

c) Die Entwicklungen auf österreichischer Ebene

Den lokalen österreichischen Aufsichtsbehörden haben die Kryptowerte in den Anfängen ziemliches Kopfzerbrechen bereitet, vor allem da keine gesetzliche Definition vorhanden war. In Österreich gibt es derzeit nur eine rechtliche Definition, nämlich die Definition des Begriffs „virtuelle Währung“, die durch Umsetzung der 5. Geldwäsche-Richtlinie im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG) eingeführt wurde.7 Diese Qualifikation ist insofern wichtig, als Dienstleister, die beabsichtigen, Dienstleistungen in Bezug auf virtuelle Währungen8 anzubieten, verpflichtet sind, sich zuvor bei der FMA registrieren zu lassen.9 Die mögliche Qualifizierung von NFTs als „virtuelle Währung“ würde sehr wahrscheinlich am Kriterium des „allgemein akzeptierten Tauschmittels“ scheitern. Die NFTs sind tatsächlich einzigartig und wären daher nicht als „allgemein akzeptiertes Tauschmittel“ anerkannt.

Der Gesetzgeber müsste in der Zukunft explizitere rechtliche Rahmenbedingungen für das Eigentum an NFTs schaffen und klären, wie sich NFTs auf bestehende Formen von Eigentumsrechten10 beziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen wären die urheberrechtlichen Aspekte in Bezug auf geistiges Eigentum wie auch aufsichts- und geldwäscherechtliche Aspekte.

4. Was können Finanzinstitute und FinTechs tun?

Egal ob Finanzinstitut, Einzelhändler oder Zentralbank, für alle ist der erste wichtige Schritt, ein Verständnis des Krypto-Ökosystems aufzubauen (z. B. im Wege der Durchführung einer Umfrage). Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist Visa. Dieses auf Zahlungen spezialisierte Unternehmen hat im August 2021 eine globale Umfrage11 über die Einstellung der Verbraucher zu Kryptoprodukten durchgeführt, um die Wünsche der Kunden zu identifizieren und ihr Angebot dementsprechend anzupassen. Die Umfrage ergab folgendes:

  • 18 % der Befragten würden wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich zu einer Bank wechseln, die Kryptoprodukte anbietet.
  • 40 % der Befragten, die bereits Kryptowährung besitzen, würden den Wechsel vornehmen;
  • 81 % der derzeitigen Besitzer von Kryptowährung bekunden Interesse an kryptogebundenen Karten, mit denen sie bei Einzelhändlern kaufen können (genauso wie die Verwendung einer Debit- oder Kreditkarte).
  • 84 % der Befragten interessieren sich für Kryptoprämien als Belohnung für ihre Kartenausgaben.

Digitale Assets eröffnen einen neuen Bereich von Möglichkeiten, die fast alle Geschäftsbereiche betreffen. Alle Finanzinstitute und FinTechs, die eine Erweiterung ihres Geschäftsmodells anstreben, sollen ihre Möglichkeiten überprüfen. Folgende Aspekte sind zu beachten:

  1. Der Mehrwert der digitalen Assets für das Geschäftsmodell muss analysiert werden.
  2. Es müssen authentische Dienstleistungen und Produkte identifiziert werden.
  3. Das erforderliche Detail-Know-how muss aufgebaut werden.
  4. Es muss eine Digitale-Assets-Strategie entwickeln werden.
  5. Die Umsetzung der Strategie muss aufgrund des sich rasant entwickelnden Umfeldes flexibel sein.

Im Hinblick auf NFTs eröffnen sich viele Möglichkeiten für Finanzinstitute und FinTechs. Einige davon sind in der folgenden Grafik abgebildet:

EY Financial Services Consulting berät Finanzinstitute und FinTechs zu allen wichtigen
Themen rund um digitale Assets. Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf und
besprechen Sie Ihre Möglichkeiten in der Welt der NFTs:

Armin Schmitt, Lukas Amstler, Andreas Brauner, Lejla Tuholjaković

Fazit

Das spektakuläre Wachstum des NFTs ist das wahre Erbe von 2021 und von hoher Bedeutung für die Finanzwelt. Langfristig wird der Markt alle Anwendungen von NFTs ausschöpfen müssen, weil die wertvollsten Anwendungen von NFTs erst in der Zukunft liegen.

Über diesen Artikel

Von Andreas Brauner

Manager, Financial Services Consulting | EY Österreich

Berater aus Überzeugung. Er lebt in Wien und ist auch in seiner Freizeit technologiebegeistert.