Pressemitteilung

9 August 2022 Wien, AT

Finanzmarkt: Investor:innen wünschen sich mehr ESG-Kompetenzen in Aufsichsträten

EY Financial Services Board Room Monitor 2022

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Nina Eggenberger

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Österreich

Sarah Mauracher

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Österreich

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  • Aufsichtsräte verfügen aktuell vor allem über traditionelles Fachwissen; Know-how zu ESG von Investor:innen gewünscht, aber unterrepräsentiert
  • Geschlechterverteilung in österreichischen Aufsichtsräten bei Finanzdienstleistern besser als der heimische Durchschnitt – im europäischen Vergleich aber Schlusslicht gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz
  • Österreichs Banken-Aufsichtsräte sind europaweit am jüngsten

Wien, 9. August 2022. Diversität in Aufsichtsratsgremien gewinnt für Investor:innen zunehmend an Relevanz. Wie eine aktuelle EY-Umfrage unter 300 europäischen Fondsmanager:innen zeigt, beeinflussen Kriterien wie das Alter der Aufsichtsräte (60 %), das Verhältnis von Frauen und Männern in den Gremien (59 %) und deren Herkunft (59 %) sowie auch Diversität im Hinblick auf das Fachwissen (55 %) die Investitionsentscheidungen.

„Die Zeiten in denen Aktionär:innen die Arbeit der Aufsichtsräte einfach nur durchgewunken haben, sind längst zu Ende. Die Ansprüche steigen stetig, sowohl was die fachliche Qualifikation als auch die Diversität hinsichtlich Alter, Geschlecht und Herkunft betrifft“, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner und Leiter Financial Services von EY Österreich.

EY hat ergänzend zur Umfrage unter mehr als 300 europäischen Fondsmanager:innen, die in ihren Portfolios europäische Finanzdienstleistungsunternehmen haben, auch eine Analyse der Zusammensetzung der Aufsichtsräte bzw. vergleichbarer Gremien von 99 führenden europäischen Unternehmen aus der Finanzbranche vorgenommen. Laut dieser Analyse im Rahmen des EY Financial Services Board Room Monitor 2022 stimmen die Erwartungen der Investor:innen nicht immer mit der aktuellen Zusammensetzung der Kontrollgremien überein.

Aufsichtsräte von Finanzdienstleistern punkten vor allem mit traditionellerem Fachwissen – ESG-Wissen unterrepräsentiert

Gerade Fähigkeiten und Fachwissen sind nach Ansicht der Investor:innen bei Aufsichtsräten sehr gefragt: Breit gefächert soll es sein und aus möglichst vielen Disziplinen kommen. Als besonders wichtig schätzen Investor:innen das Wissen über Politik bzw. Behörden sowie Digitalisierung und Technik (je 65 %) ein, erst danach folgen Compliance und Recht (63 %) sowie Wirtschaft (je 63 %). ESG und Nachhaltigkeit ist aktuell mit 62 Prozent gemeinsam mit dem Thema Fintech auf Rang drei der wichtigsten Fähigkeiten von Aufsichtsratsgremien.

Ein Blick auf die Backgrounds der untersuchten Aufsichtsratsmitglieder europäischer Finanzinstitute zeigt, dass die Organe vor allem in den „traditionellen“ Bereichen wie Vorstandserfahrung, Politik, Buchhaltung, Recht und Compliance punkten können. Insgesamt hatten fast alle Aufsichtsräte (93 %) zuvor bereits andere Aufsichtsratsmandate inne. Mehr als jeder Zweite (56 %) hatte oder hat eine Vorstandsrolle in einem anderen oder dem gleichen Unternehmen. Auch auf Erfahrungen aus Politik, Verbänden und Regierungen kann gebaut werden: Ein Drittel der Aufsichtsräte von Finanzdienstleistungsunternehmen (33 %) kann entsprechende Kompetenzen vorweisen.

Weniger Erfahrung bringen Aufsichtsratsorgane aktuell in Sachen Nachhaltigkeit und ESG mit – nur drei Prozent haben in diesem Bereich bereits Erfahrung. Beim Thema FinTechs sind es sogar noch weniger (1 %).

„Investor:innen erwarten sich immer Kompetenzen. Gerade das gewünschte, aktuell jedoch noch unterrepräsentierte, Spezialwissen ist aber nicht so einfach zu besetzen. In den jüngeren Disziplinen wie beispielsweise ESG und Nachhaltigkeit fehlt es an allen Ecken und Enden an erfahrenem Personal – nicht nur in den Aufsichtsräten“, so Armin Schmitt, Leiter Financial Services Banking bei EY Österreich.

Österreich gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz Schlusslicht bei Geschlechterdiversität

Bei den untersuchten österreichischen Finanzdienstleistungsunternehmen lag der Frauenanteil auf Aufsichtsratsebene bei 37 Prozent – damit liegt Österreich gleichauf mit Deutschland an vorletzter Stelle. Nur in der Schweiz war er mit 32 Prozent noch geringer.

Insgesamt sind die österreichischen Finanzdienstleistungsunternehmen damit allerdings besser unterwegs als der nationale Durchschnitt: Laut EY Mixed Leadership Barometer waren zu Jahresbeginn 29,7 Prozent der Aufsichtsratspositionen der österreichischen, im Wiener Börse Index notierten, Unternehmen durch Frauen besetzt. Zudem wird die seit 1. Jänner 2018 in Österreich in Kraft getretene gesetzliche Genderquote von 30 Prozent zumindest bei den Finanzdienstleistern deutlich übertroffen.

Den höchsten Frauenanteil in Aufsichtsräten von Finanzdienstleistern gibt es übrigens in Frankreich: Hier sind zwei von drei (66 %) Aufsichtsratspositionen weiblich besetzt. Unter den 99 untersuchten Banken und Versicherungen in Europa lag der Durchschnittswert bei 44 Prozent.

„Gerade Österreich hat in den letzten Monaten viel getan, um ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen in Aufsichtsratspositionen zu schaffen. Seit In-Kraft-Treten der gesetzlichen Genderquote erhöhte sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen stetig. Im Dezember 2017 lag der Anteil weiblicher Aufsichtsräte nur bei 19 Prozent, nun sind wir bei 29,7 Prozent, bei den Finanzdienstleistern sogar bei 37 Prozent. Trotzdem: Gerade der internationale Vergleich zeigt hier großen Aufholbedarf, aktuell bilden wir mit Deutschland und der Schweiz das Schlusslicht“, schätzt Reimoser die aktuelle Situation ein.

Österreichs Banken-Aufsichtsräte sind europaweit am jüngsten

Knapp jede:r fünfte Investor:in (19 %) ist der Meinung, dass es sehr wichtig sei, dass Aufsichtsratsgremien in ihrer Altersstruktur möglichst vielfältig sind. Weitere 41 Prozent halten dies für eher wichtig. Auch hier klaffen Wunschvorstellung der Investor:innen und Realität aktuell auseinander. Fast die Hälfte (49 %) der Aufsichtsräte ist zwischen 60 und 70 Jahren alt. Im Schnitt sind die Mitglieder 61 Jahre alt. Nur knapp fünf Prozent der Aufsichtsratsmitglieder in den 99 untersuchten Top-Finanzunternehmen sind unter 50 Jahre alt, der Anteil der über 70-Jährigen ist dagegen fast doppelt so hoch (9 %).

Österreichs Institute haben im Vergleich zu anderen Ländern eine jüngere Altersstruktur in den Aufsichtsräten – im Schnitt sind die Aufsichtsräte in Österreich 57 Jahre alt. So jung sind Aufsichtsräte sonst nur in Norwegen, am ältesten sind sie in Dänemark (63).

„Gerade bei den gewünschten Kompetenzen der Investor:innen in Sachen Nachhaltigkeit und Digitalisierung könnten jüngere Kandidat:innen punkten“, rät Schmitt.

Internationalisierungsgrad aktuell auf niedrigem Niveau

Auch in punkto Internationalität ist bei vielen Finanzunternehmen noch Luft nach oben: Nur etwas mehr als ein Drittel (36 %) der Aufsichtsräte in den 99 untersuchten Top- Finanzdienstleistungsunternehmen hat einen ausländischen Pass.In Österreich ist der Internationalisierungsgrad unter allen untersuchten Nationen am geringsten – nur zwölf Prozent der Positionen sind durch Personen mit einer Nationalität besetzt, die nicht dem Hauptsitz des Unternehmens entspricht. In Finnland sind es hingegen 75 Prozent, in der Schweiz 61 Prozent und in den Niederlanden 58 Prozent.

Belgische und schwedische Aufsichtsräte am längsten im Amt

In belgischen und schwedischen Finanzunternehmen arbeiten die Aufsichtsräte am längsten – 73 Monate sind es im Schnitt. Österreichische Amtsträger sind dagegen im Schnitt 55 Monate im Amt – und liegen damit im Mittelfeld. Die kürzeste Amtszeit haben Aufsichtsräte in den Niederlanden (42 %).

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EY im Überblick

EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter:innen an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2020/2021 einen Umsatz von 157 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 300.000 Mitarbeiter:innen der internationalen EY-Organisation betreut EY Kund:innen überall auf der Welt.

EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. 

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