Das sind Ergebnisse der Studie „Beschäftigung und Fachkräftemangel in Österreich“ der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Dafür wurden österreichweit über 600 Verantwortliche von mittelständischen Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen befragt.
„Es gibt kaum einen Sektor des österreichischen Arbeitsmarkts, der momentan nicht in Personalnot ist. Der Fachkräftemangel stellt alle anderen unternehmerischen Herausforderungen in den Schatten. Die Problematik hat sich in den letzten Jahren immer mehr verschärft und ist heuer so virulent wie noch nie. Besonders stark davon betroffen ist jedoch die Tourismusbranche, der Gesundheitssektor, aber auch die Transportwirtschaft und der Handel. Kleine wie große Betriebe erleiden dadurch auch Umsatzeinbußen. Das bremst die Wirtschaftsdynamik ordentlich ab“, so Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich, und verantwortlich für den Bereich Mittelstand.
Positive Arbeitsmarktimpulse – geringes Wachstum der Beschäftigung
Das Auslaufen der COVID-19-Maßnahmen hat 2021 zu einem starken Aufschwung geführt, der allerdings heuer wieder zurückgegangen ist. Nur mehr jeder fünfte Betrieb (21 %) in Österreich will in den kommenden Monaten zusätzliche Beschäftigte einstellen (2022: 26 %), 15 Prozent der Unternehmen planen allerdings Stellenstreichungen. Damit ist der Anteil derer, die ihre Belegschaft reduzieren wollen, auf den höchsten Stand seit Jahresbeginn 2009 gestiegen. Damals wollten sogar 27 Prozent der Unternehmen Stellen streichen. Demnach sind hier nur mehr leichte Beschäftigungsimpulse zu erwarten. Eine ähnlich geringe Beschäftigungsdynamik wurde zuletzt 2013 verzeichnet (4 %), selbst im Corona-Krisenjahr 2021 lag der Saldo noch höher als aktuell (9 %).
Die meisten neuen Stellen wollen Unternehmen in Wien (32 %), Steiermark (29 %) und Niederösterreich (26 %) schaffen. Am wenigsten neue Arbeitsplätze sind im Burgenland (9 %) geplant.
Fachkräftemangel verursacht bei 51 Prozent der Unternehmen Umsatzeinbußen
In Österreich gestaltet sich der Fachkräftemangel auch wirtschaftlich herausfordernd: Mehr als die Hälfte aller Unternehmen (51 %) verzeichnet Umsatzeinbußen infolge der Personalnot. Damit hat sich die Situation der Unternehmen gegenüber dem Vorjahr, als der Anteil der Unternehmen mit Umsatzeinbußen bei 39 Prozent lag, erneut verschärft. Aktuell beklagt immerhin gut jeder sechste heimische Betrieb sogar erhebliche Umsatzeinbußen von mehr als fünf Prozent als Folge des Fachkräftemangels.
Besonders ausgeprägt sind die Folgen des Fachkräftemangels auf den Umsatz im Transport- und Energiesektor (64 %), im Gesundheitsbereich (59 %) und im Finanz- und Dienstleistungswesen (54 %). Auch die Tourismusbranche verliert Umsätze (50 %), weil es an geeignetem Personal fehlt.
Fachkräftemangel von Ost nach West
Unternehmen in ganz Österreich – unabhängig vom Bundesland – fällt es schwer, derzeit neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Immer mehr Betriebe spüren die Engpässe, die sich seit vielen Jahren bemerkbar gemacht haben, akut. Dennoch zeigen sich regionale Unterschiede: Am ausgeprägtesten ist der Fachkräftemangel bei Unternehmen in Niederösterreich (53 % haben „große“, 37 % „eher große“ Probleme) und Oberösterreich (50 % fällt es „sehr schwer“; 33 % „eher schwer“ Personal zu finden). Auch in der Steiermark (46 % bzw. 49 %) sowie in Vorarlberg (46 % bzw. 45 %) gestaltet sich die Suche nach guten Mitarbeiter:innen herausfordernd. Am besten ist die Situation noch in Salzburg und in Wien – doch auch hier klagen mehr als 30 Prozent über große Schwierigkeiten bei der Fachkräfterekrutierung.
„Der Fachkräftemangel wird zum größten Risiko für Unternehmen und ist für viele Unternehmen bereits existenzbedrohender als die Energiekrise. Hundertausende Arbeitskräfte fehlen in vielen Sektoren. Eine Lösung für dieses Phänomen zu finden, wird zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre gehören“, so Lehner.