„Die Hoffnungen auf eine Konjunkturerholung scheinen weitgehend begraben. Die Pandemie und die weltweiten Lieferkettenunterbrechungen treten zwar immer weiter in den Hintergrund, doch die hohe Inflation, Unsicherheiten in der globalen Geldpolitik, steigende Kapitalkosten durch die Zinspolitik und die nunmehr bereits länger anhaltende Konjunkturschwäche zählen zu den Hauptsorgen der CEOs – und das alles vor dem Hintergrund einer immer sensibleren geopolitischen Lage mit der Wahl in den USA, dem Krieg in der Ukraine und die Krise im Nahen Osten“, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich. Acht von zehn Befragten weltweit stimmen der Aussage zu, dass der Aufstieg populistischer Bewegungen auf der ganzen Welt die geopolitische Unsicherheit erhöhen und geschäftliche Herausforderungen wie politische Unsicherheit mit sich bringen würden. „Konnten viele Unternehmen 2023 durch die starke Nachfrage noch die hohen Einkaufspreise an ihre Kund:innen weitergeben, steht jetzt die Angst im Raum, dass das Pendel nun in Richtung Überkapazitäten und Preisschlachten ausschlagen könnte.“
Prioritäre Strategien: effizienteres Kapitalmanagement und KI
Welche Strategien CEOs vorrangig einsetzen, um gegenzusteuern? Insbesondere ein effizienteres Management des Betriebskapitals (42 %) sowie gleichauf den Einsatz von KI-Technologien zur Steigerung der Effizienz und Verbesserung der Unternehmensleistung (41 %). Als Reaktion auf die geopolitische Instabilität setzen ebenfalls fast vier von zehn Betrieben (37 %) außerdem auf die Anpassung der Präsenz auf bestimmten Märkten. Gleichzeitig verschieben 42 Prozent geplante Investitionen oder Veräußerungen. In neue Produkte oder Dienstleistungen zu investieren, plant dagegen nur ein Drittel (33 %).
„Es braucht klare Impulse, die für eine konjunkturelle Belebung sorgen könnten. Stattdessen sehen wir eine starke Verunsicherung aufseiten vieler Unternehmen, weil sich die politischen Vorgaben und Rahmenbedingungen ständig verändern. Fehlende Planungssicherheit ist aber Gift für langfristige Investitionen. Das gilt auch für den Wirtschaftsstandort Österreich“, so Reimoser. Zudem würden Unternehmen durch eine überbordende Bürokratie ausgebremst. Viele bürokratische Hürden könnten durch eine umfassende Digitalisierung von Behörden und Verwaltung zumindest entschärft und dadurch Entscheidungen und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden.
Nur mehr 30 Prozent planen Übernahmen – aber immer mehr Allianzen
Die ungewissen Konjunkturaussichten und die anhaltend hohen Zinsen führen dazu, dass Investitionen verschoben oder ganz abgesagt werden. Insbesondere das Interesse an Zu- und Verkäufen von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen nimmt deutlich ab. Aktuell planen nur noch 30 Prozent der weltweit befragten Unternehmen mindestens eine Fusion oder Übernahme in den kommenden zwölf Monaten – vor einem Vierteljahr lag der Anteil bei 35 Prozent, vor einem halben Jahr sogar bei 59 Prozent. In Deutschland ist der Anteil der Unternehmen mit entsprechenden Transaktionsplänen sogar auf 20 Prozent gesunken – und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2010.
„In der aktuellen Phase der Unsicherheit werden gerade große Investitionsvorhaben sehr gründlich überdacht. Ganz große Transaktionen sind die absolute Ausnahme, und wenn, dann eher bezogen auf Investitionen im Ausland. Die Mehrzahl der Unternehmenslenker:innen wartet lieber ab, wie sich die Lage entwickelt – oder setzt auf Allianzen und Kooperationen mit anderen Unternehmen, wie es derzeit global 41 Prozent der CEOs tun. Diese verursachen weniger Kostenaufwand und bieten trotzdem oft Lösungen für technische Herausforderungen“, so Reimoser. „Das wirtschaftliche und politische Umfeld zwingt Unternehmen derzeit tief in ein Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit, Kosten zu sparen und dem Wissen, dass Investitionen in Digitalisierung und neue Technologien essenziell sind, um wettbewerbsfähig und zukunftsfit zu bleiben. So auch in Österreich.“