3 Minuten Lesezeit 22 Februar 2022
weißes Weltraumraketenmodell auf Dollers-Sockel

Wie Wachstum von Start-ups in Österreich finanziert wird

Von Florian Haas

Leiter Start-up-Ökosystem | Head of Brand, Marketing & Communications | Österreich

Baut Brücken zwischen wachsenden Start-ups und gewachsenen Unternehmen. Fördert die positive öffentliche Wahrnehmung von Gründung und Unternehmertum.

3 Minuten Lesezeit 22 Februar 2022

Neue Rekordmarken in Österreichs Start-up-Ökosystem – noch nie wurde so viel Geld in heimische Start-ups investiert und noch nie gab es so viele Millioneninvestments. Drei Viertel des Risikokapitals für österreichische Start-ups kommen jedoch von ausländischen Investor:innen.

Überblick
  • Ausländische Investorengruppen dominieren beim Finanzierungsvolumen
  • Österreichische Investor:innen geben Starthilfe, ausländische Geldgeber:innen finanzieren Wachstum
  • Mehr als die Hälfte der Start-up-Investor:innen kommt aus Österreich

Das Jahr 2021 war ein Rekordjahr für die europäische Start-up-Szene, aber auch das heimische Start-up-Ökosystem hat große Erfolge zu verzeichnen. Das zeigen die Ergebnisse unseres aktuellen EY Start-up Investment Barometer in Zusammenarbeit mit der Austrian Angel Investors Association (AAIA) und der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO).

weißes Weltraumraketenmodell auf Dollers-Sockel

EY Start-up Investment Barometer
Österreich 2021

Hier die Studie herunterladen

Der Gesamtwert der Investitionen in österreichische Start-ups steigt 2021 auf die neue Rekordhöhe von 1,23 Milliarden Euro – fast fünf Mal so viel wie 2020. Das unterstreicht, wie stark der Reifeprozess des heimischen Start-up-Ökosystems ist, andererseits ist es ein Spiegelbild der günstigen Großwetterlage mit viel Liquidität, niedrigen Zinsen und attraktiven Renditen in Europa.  Die beiden „Unicorns“ GoStudent und Bitpanda konnten dabei mehr als die Hälfte der investierten Gesamtsumme für sich gewinnen.

Finanzierungsvolumen für österreichische Start-ups

Ausländische Investorengruppen dominieren beim Finanzierungsvolumen

An mehr als der Hälfte (55 %) der Finanzierungsrunden waren österreichische Investor:innen beteiligt, rund ein Drittel (32 %) wurde sogar ausschließlich von heimischen Geldgeber:innen getragen. Bei großen Finanzierungsrunden rücken österreichische Investor:innen jedoch in den Hintergrund – mehr als 75 Prozent des Risikokapitals stammt von rein ausländisch besetzten Investorengruppen.

In Österreich ist nach wie vor kaum Risikokapital vorhanden, was ausländische Investorengruppen mit gut gefüllten Kassen auf den Plan ruft.
Florian Haas
Leiter Start-up-Ökosystem | Head of Brand, Marketing & Communications | Österreich

In Österreich gibt es kaum Wachstumsfinanzierer:innen, die den heimischen Start-ups das für die Skalierung und Internationalisierung benötigte Kapital zur Verfügung stellen. Es besteht daher gerade bei größeren Finanzierungsrunden ab dem zweistelligen Millionenbereich eine Abhängigkeit von ausländischen Investor:innen.

Je größer die Finanzierungsrunde, desto weniger österreichische Investor:innen sind beteiligt.

Österreichische Investor:innen geben Starthilfe, ausländische Geldgeber:innen finanzieren Wachstum

Österreichische Investor:innen beteiligen sich vorwiegend in frühphasigen Investmentrunden – sie stellen in Pre Seed-Finanzierungsrunden (78 %) die Mehrheit der Kapitalgeber:innen dar. Ab der Seed-Phase überwiegt jedoch bereits der Anteil an ausländischen Geldgeber:innen. Bei Series-A-Finanzierungsrunden liegt der Anteil an heimischen Investor:innen nur mehr bei knapp einem Drittel (36 %), bei Series-B- (14 %), Series C- (keine) und Series-D-Finanzierungsrunden (29 %) ist der Anteil 2021 wesentlich niedriger.

In allen vier großen Finanzierungsrunden mit einem Investitionsvolumen von mehr als 100 Millionen Euro, dominierten ausschließlich ausländische Kapitalgeber:innen. Österreichs Investor:innen waren an keinen der sechs größten Deals 2021 beteiligt. Bei Millioneninvestments sichern sich insbesondere Venture Capital Fonds aus den USA und den UK Anteile an Österreichs Top-Start-ups. Lediglich bei kleineren Finanzierungsrunden im Umfang von bis zu einer Million Euro waren mehrheitlich österreichische Geldgeber:innen involviert. Es ist daher unabdingbar, Anreize für Risikokapital-Investitionen von Privatpersonen und institutionellen Investor:innen zu schaffen, um Start-ups und deren intellektuelles Kapital sowie die Arbeitsplätze in Österreich zu halten. Punktuell zeichnet sich schon Aufbruchstimmung ab, denn 2021 wurden in Österreich wieder größere Fonds aufgelegt. Heimische Business Angels bieten Unterstützung für Start-ups in der Frühfinanzierungsphase. Auch die gut ausgeprägte Förderlandschaft stellt zusätzliches Kapital und Ressourcen für junge Unternehmen zur Verfügung. Dennoch fehlen wichtige politische Rahmenbedingungen und Instrumente, wie z. B. steuerliche Erleichterungen für Investor:innen und ein Dachfonds, welche den Zugang zu Wachstumskapital begünstigen würden.

Fehlende notwendige politische Rahmenbedingungen und Instrumente erschweren den Zugang zu Wachstumskapital in Österreich.
Laura Egg
Managing Director der Austrian Angel Investors Association (AAIA)

Kritisch zu betrachten ist auch jener Aspekt, dass bei einem Exit der Großteil der Gewinne nicht in Österreich bleibt, sondern an ausländische Investor:innen fließt und daher auch nicht in Österreich reinvestiert werden kann. Die wirtschaftliche Leistung und die Arbeitsplätze verlagern sich zu anderen Standorten. Somit ist der Kreis der Wertschöpfung in Österreich unterbrochen, was wiederum die langfristige Wirtschaftsleistung negativ beeinflusst.

Um das Potenzial des heimischen Start-up Ökosystems auszuschöpfen und das Defizit an Wagniskapital auszugleichen, ist es von großer Bedeutung, den vorbörslichen Kapitalmarkt zu stärken. Denn an spannenden Investment-Targets mangelt es in Österreich nicht, wie die Anzahl und Höhe der Investmentrunden zeigen.

Wollen wir die heimischen Leitbetriebe von morgen aufbauen und nachhaltig Arbeitsplätze in Österreich sichern, so ist eine Stärkung des vorbörslichen Kapitalmarkts essenziell. Institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Versicherungen und Banken spielen hier eine tragende Rolle.
Nina Wöss
Vorstandsvorsitzende der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO)

Mehr als die Hälfte der Start-up-Investor:innen kommt aus Österreich

2021 gab es 103 Finanzierungsrunden, bei denen die Investor:innen bekannt sind. Mindestens 299 Geldgeber:innen waren daran beteiligt, 151 davon mit Firmenhauptsitz in Österreich. Rang 2 wird von Investor:innen aus Deutschland belegt, gefolgt von Großbritannien und den USA. Kapitalgeber:innen aus Asien sind in diesen Finanzierungsrunden kaum vertreten.

Anteil heimischer Start-up-Investor:innen

51%

der Investor:innen haben ihren Firmenhauptsitz in Österreich

Hardware und Health als beliebteste Investitionen für Österreichs Geldgeber:innen

2021 war der Anteil an Inlandsinvestor:innen am höchsten in den Bereichen Hardware und Health. In den acht Finanzierungsrunden im Bereich Hardware stammen 62 Prozent der Investor:innen aus Österreich. Im Bereich Health waren mit 61 Prozent Geldgeber:innen mit Hauptsitz in Österreich vertreten. Der Anteil an Inlandsinvestor:innen war am niedrigsten in den Bereichen FinTech und Mobility - an den Finanzierungsrunden waren mehr als drei Viertel (83 %) ausländische Investor:innen beteiligt.

Fazit

Der globale Start-up Boom 2021 brachte einen neuen Finanzierungsrekord für österreichische Start-ups. Dieser ist fast überwiegend auf ausländische Investorengruppen zurückzuführen. Aktuell gilt: Je größer die Runde, desto weniger sind österreichischen Investor:innen involviert. Es ist daher unbedingt nötig, Anreize für Risikokapital-Investitionen von Privatpersonen und institutionellen Investor:innen zu schaffen

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