2 Minuten Lesezeit 15 Jänner 2020
Mann unterzeichnet Schriftstück im Gericht

Welche Folgen hat das EU-Meldepflichtgesetz?

Von Patrick Plansky

Partner, International Tax and Transaction Services | Österreich

Unterstützt Unternehmen bei der Bewältigung der Herausforderungen des Internationalen Steuerrechts. Seine Freizeit verbringt er mit seiner Frau und zwei Söhnen, auf dem Sportplatz oder vor dem Klavier

2 Minuten Lesezeit 15 Jänner 2020

Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen — Umsetzung der DAC-6-Richtlinie in Österreich

Im Oktober 2019 wurde das EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG) vom österreichischen Gesetzgeber verabschiedet, womit die EU-Richtlinie 2018/822 (DAC-6-Richtlinie, Mandatory Disclosure Regime) in österreichisches Recht umgesetzt wurde. Das EU-MPfG entspricht weitgehend der EU-Richtlinie, die bereits mit 25.06.2018 in Kraft getreten ist. Es regelt die Meldepflicht sowie den automatischen Informationsaustausch über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen im Bereich der direkten Steuern und verpflichtet insbesondere Intermediäre und relevante Steuerpflichtige zur Meldung derartiger Gestaltungen. Indirekte Steuern und rein nationale Gestaltungen sind entsprechend der EU-Richtlinie von der neuen Meldepflicht in Österreich nicht umfasst. In manchen Mitgliedstaaten ist der Umfang der Meldepflicht weiter als in der EU-Richtlinie vorgesehen (z. B. zusätzliche Steuerarten, innerstaatliche Gestaltungen).

Das Gesetz unterscheidet unbedingt und bedingt meldepflichtige Gestaltungen. Unbedingt meldepflichtige Gestaltungen sind auf jeden Fall zu melden, auch wenn durch die Gestaltung kein Steuervorteil erzielt wird.
Patrick Plansky
Partner, International Tax and Transaction Services | Österreich

Im Fokus der neuen Meldeverpflichtung stehen grenzüberschreitende Gestaltungen, die Auswirkungen auf das Steueraufkommen mehrerer Staaten haben. Der Umfang des Gesetzes ist sehr weit gefasst und betrifft potenziell viele (auch „harmlose“) Gestaltungen und nicht ausschließlich „aggressive“ Gestaltungen, durch die Gewinne in Hoheitsgebiete mit vorteilhafteren Steuersystemen verlagert werden, um eine Verringerung der Gesamtsteuerbelastung der Steuerpflichtigen zu bewirken. Alle grenzüberschreitenden Sachverhalte sind hinsichtlich der neuen Meldepflichten in Österreich zu analysieren.

Das Gesetz unterscheidet unbedingt und bedingt meldepflichtige Gestaltungen. Unbedingt meldepflichtige Gestaltungen sind auf jeden Fall zu melden, auch wenn durch die Gestaltung kein Steuervorteil erzielt wird. Sachverhalte, die unter den bedingt meldepflichtigen Gestaltungen erfasst sind, sind hingegen nur zu melden, wenn der Hauptvorteilstest positiv ausfällt (wenn also der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung im Erzielen steuerlicher Vorteile liegt). Hier die Informationen für die konkreten Gestaltungen.

Unbedingt meldepflichtige Gestaltungen

  • Abzugsfähige Zahlungen an bestimmte Empfänger, z. B. Zahlungen an OECD-Black-List-Länder
  • Mehrfachabschreibungen, z. B. i. R. V. Leasingverhältnissen
  • Mehrfachbefreiungen, z. B. bei Qualifikationskonflikten zwischen zwei DBA-Staaten
  • Wesentliche Unterschiede in den Wertansätzen bei Übertragung von Vermögenswerten
  • Umgehung der GMSG-Meldung (Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz)
  • Intransparente Kette von rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümern
  • Verrechnungspreisgestaltungen, die einseitige Safe-Harbor-Regel nutzen
  • Übertragung von schwer zu bewertenden immateriellen Werten
  • Übertragung von Funktionen, Risiken und Vermögenswerten mit EBIT-Rückgang

Bedingt meldepflichtige Gestaltungen

  • Verpflichtung zur Einhaltung von Vertraulichkeitsklauseln
  • Erfolgsabhängige Honorare
  • Standardisierte Strukturen
  • Verlustnutzungsmodelle, z. B. Mantelkauf
  • Umwandlung von Einkünften in Vermögen, Schenkungen oder anderen niedrig oder nicht besteuerte Einnahmen
  • Zwischenschaltung substanzloser Unternehmen für zirkuläre Vermögensverschiebungen
  • Abzugsfähige Zahlungen ohne „Pick-up“

Im Fokus der neuen Meldeverpflichtung stehen grenzüberschreitende Gestaltungen, die Auswirkungen auf das Steueraufkommen mehrerer Staaten haben.

Die Pflicht zur Meldung trifft primär den Intermediär (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt, Notar, Bank etc.), der eine meldepflichtige Gestaltung konzipiert, vermarktet, organisiert, zur Umsetzung bereitstellt oder die Umsetzung einer solchen Gestaltung verwaltet oder dabei Hilfe, Unterstützung oder Beratung leistet. Allerdings hat der österreichische Gesetzgeber eine Ausnahme für Intermediäre vorgesehen, die unterliegen (z. B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Notare) und innerhalb der berufsrechtlichen Befugnisse („Beraterprivileg“). In derartigen Fällen trifft die primäre Meldeverpflichtung den relevanten Steuerpflichtigen und nicht den Intermediär. Ist der Intermediär ausschließlich in einem Drittland ansässig oder hat der Steuerpflichtige keinen Intermediär (ausreichend) mit der Gestaltung befasst, dass dieser melden könnte, ist jedenfalls der relevante Steuerpflichtige zur Meldung verpflichtet.

Die Meldung hat elektronisch über FinanzOnline zu erfolgen. Die österreichische Finanzverwaltung tauscht die bei ihr eingelangten Meldungen mit den zuständigen Behörden aller anderen Mitgliedstaaten im Wege des automatischen Informationsaustauschs quartalsweise aus. Da die Meldepflicht rückwirkend Gestaltungen zwischen dem 25.06.2018 und dem 01.07.2020 („Altfälle“) erfasst, müssen etwaige relevante Gestaltungen schon jetzt umfangreich dokumentiert werden und entsprechende Compliance-Prozesse eingeführt werden. Diese „Altfälle“ sind vom relevanten Steuerpflichtigen bis spätestens 31.08.2020 zu melden.

Wer Verpflichtungen nach dem EU-MPfG vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit nach dem Finanzstrafgesetz schuldig und ist mit bis zu 50.000 Euro (bei Vorsatz) bzw. 25.000 Euro (bei grober Fahrlässigkeit) zu bestrafen.

Ab 01.07.2020 müssen alle (neuen) Gestaltungen binnen 30 Tagen ab dem Tag,

  • der dem Tag der Bereitstellung der meldepflichtigen Gestaltung zur Umsetzung folgt,
  • der dem Tag folgt, an dem der relevante Steuerpflichtige bereit ist, die meldepflichtige Gestaltung umzusetzen, oder
  • an dem der relevante Steuerpflichtige den ersten Schritt zur Umsetzung der meldepflichtigen Gestaltung gesetzt hat,

gemeldet werden. Maßgeblich ist jeweils der früheste dieser Zeitpunkte.

Bei Meldung durch den Intermediär hat diese ebenfalls binnen 30 Tagen, beginnend an dem der unmittelbaren oder mittelbaren Hilfe, Unterstützung oder Beratung folgenden Tag, zu erfolgen. Die Meldefrist für Intermediäre beginnt im Fall ihrer Entbindung von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht an dem Tag nach der Entbindung durch den relevanten Steuerpflichtigen. Dem Intermediär stehen ebenfalls 30 Tage für die Meldung zur Verfügung, wenn die Entbindung innerhalb der 30-Tage-Frist des Steuerpflichtigen erfolgt.

Wer Verpflichtungen nach dem EU-MPfG vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit nach dem Finanzstrafgesetz schuldig und ist mit bis zu 50.000 Euro (bei Vorsatz) bzw. 25.000 Euro (bei grober Fahrlässigkeit) zu bestrafen. Die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige ist explizit ausgeschlossen.

Aus praktischer Sicht sind daher einige Dinge zu beachten. So ist zum einen eine Bewusstseinsbildung im Unternehmen einzuleiten, um die relevanten Abteilungen mit den konkreten und deren Relevanz für das konkrete Unternehmen zu analysieren. Zudem ist darauf zu achten, dass hier eine Vielzahl möglicher Akteure zu koordinieren ist. So müssen u. U. mehrere Intermediäre (Berater) in unterschiedlichen Staaten und mehrere relevante Steuerpflichtige (z. B. Mutter- und Tochtergesellschaft) koordiniert werden, um eine einheitliche Meldung oder eine abgestimmte Nichtmeldung sicherzustellen. Es ist somit ein erhöhter Abstimmungs- und Koordinationsbedarf gegeben. Zu guter Letzt ist dann noch sicherzustellen, dass rechtzeitig ein geeigneter Prozess im Unternehmen implementiert ist, um der Meldepflicht (von 30 Tagen ab dem relevanten, die Meldepflicht auslösenden Ereignis) fristgerecht nachkommen zu können.

Dabei sei darauf hingewiesen, dass andere Staaten die Richtlinie zum Anlass genommen haben, weitere Meldepflichten einzuführen (z. B. auch rein innerstaatliche Gestaltungen oder andere Steuerarten wie beispielsweise Umsatzsteuer in die Meldepflicht zu inkludieren). Auch sind Sanktionen bei Nichtmeldung oder unzureichender Meldung in manchen Staaten erheblich empfindlicher.

Daher ergeben sich folgende To-Dos:

  1. Bewusstseinsbildung betreffend die meldepflichtigen Gestaltungen im Unternehmen
  2. Aufarbeitung aller Gestaltungen seit 25.06.2018 und Analyse, ob eine Meldepflicht besteht
  3. Sicherstellung der Implementierung geeigneter interner Prozesse, der Abstimmung mit allen beteiligten Personen und der tatsächlichen Meldung binnen 30 Tagen
  4. Technische Umsetzung/ Voraussetzungen

Fazit

Das EU-MPfG entspricht weitgehend der EU-Richtlinie, die bereits mit 25.06.2018 in Kraft getreten ist. Es regelt die Meldepflicht sowie den automatischen Informationsaustausch über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen im Bereich der direkten Steuern und verpflichtet insbesondere Intermediäre und relevante Steuerpflichtige zur Meldung derartiger Gestaltungen. Hier noch weitere Informationen zum Thema Mandatory Disclosure Regime (MDR) und wie wir Sie dabei unterstützen können. 

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