5 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020
Dienstreisender am Flughafen

Sind Dienstreisende ein Risiko?

Autoren
Regina Karner

Partnerin, People Advisory Services, Steuerberatung | Österreich

Erfahrene Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin. Lebt mit ihrer Familie in Wien.

Herwig Debriacher

Partner, People Advisory Services, Steuerberatung | Österreich

Hat langjährige Erfahrung zu sämtlichen Fragestellungen des grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatzes. Privat widmet sich der gebürtige Kärntner vor allem seiner Familie und dem Eishockeysport.

Bernadett Bukovszky

Senior Managerin, Steuerberatung, People Advisory Services | Österreich

Ist seit über 13 Jahren für Global-Mobility-Themen grenzüberschreitend tätiger Unternehmen zuständig.

EY Österreich

Wegbereiter des Wandels

5 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020

Zumindest sind Dienstreisende eine Herausforderung für international tätige Unternehmen – vor allem aus regulatorischer Perspektive.

Die zunehmende Globalisierung und die damit zusammenhängende Chance, neue Märkte zu erobern, erfordern von Unternehmen neue Geschäftsmodelle. Flexibilität und rasches Agieren sind gefordert. Mobile Mitarbeiter sind dafür unerlässlich. Der Trend geht eindeutig dahin, grenzüberschreitenden Personalbedarf anstelle kurz- oder langfristiger Entsendungen oder Lokalisierungen durch den Einsatz von Dienstreisenden, sogenannten Business Travelers, abzudecken. Business Travelers sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die regelmäßig und oftmals auch länger im Rahmen grenzüberschreitender Dienstreisen tätig sind. Dies kann zu erheblichen Compliance-Risiken in den jeweiligen Ländern führen.

Typische Fallkonstellationen sind zum Beispiel:

  • Projekteinsätze in mehreren Ländern
  • regelmäßiges Tätigwerden für andere Gruppengesellschaften („multiple responsible employees“, „cluster employees“)
  • Organfunktionen für Gruppengesellschaften in anderen Ländern
  • „Home-Office“-Tätigkeiten im Heimatland für einen ausländischen Arbeitgeber

Das regulatorische Umfeld hat sich in diesem Zusammenhang massiv verschärft und erweitert. Viele international tätige Unternehmen haben für die zunehmende Zahl der Business Travelers jedoch noch keine Policy. Es gibt in vielen Fällen keine ausreichenden unternehmensinternen Prozesse für ein effizientes Tracking dieser Tätigkeiten. Somit besteht vielfach ein „Graubereich“ hinsichtlich der damit zusammenhängenden Compliance. Dies kann nicht unerhebliche finanzielle und reputationsschädigende Folgen sowohl für die Unternehmen als auch für die Mitarbeiter haben.

Durch die zunehmende Digitalisierung steht auch den Behörden ein größerer Datenpool zur Analyse zur Verfügung. Die verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit und der erleichterte Datenaustausch führen daher auch zu einem erhöhten „Entdeckungsrisiko“ für die Unternehmen. Folgende Themenfelder sind hier besonders zu beachten:

Arbeitsrecht

Durch EU-rechtliche Vorgaben, insbesondere die EU-Entsenderichtlinie, wurden für international tätige Mitarbeiter Mindeststandards geschaffen. Danach haben Unternehmen, die in einem anderen Mitgliedstaat Mitarbeiter einsetzen, gegebenenfalls die in diesem Mitgliedstaat geltenden Mindestarbeitsbedingungen (z. B. Mindestlohnsätze, Höchstarbeitszeiten usw.) einzuhalten.

Mittlerweile gibt es in fast allen EU-Mitgliedstaaten Vorschriften in Bezug auf folgende Punkte:

  • Information/Anmeldung bei den zuständigen Behörden vor Beginn einer Dienstleistung
  • Bereithaltung von Arbeitspapieren (Arbeitsvertrag oder gleichwertiges Dokument, Lohnzettel, Arbeitszeitnachweise etc.)
  • Aufbewahrung dieser Arbeitspapiere im Gastland
  • Pflicht zur Übersetzung der Arbeitspapiere in die Amts- oder eine sonstige akzeptierte Sprache im Gastland
  • Benennung eines Ansprechpartners im Gastland

Fremdenrecht

Auf dem Gebiet des Fremdenrechts sind unter Umständen Arbeitsbewilligungen und entsprechende Visa einzuholen.

Steuerrecht

Mögliche Konsequenzen des Einsatzes von Business Travelers sind nicht nur die individuelle Besteuerung der Mitarbeiter und allfällige Steuereinbehaltungsverpflichtungen für den Dienstgeber; auch ein körperschaftsteuerliches Risiko, nämlich die Begründung einer Betriebsstätte beim wiederkehrenden Einsatz von Business Travelers im jeweiligen Land, zum Beispiel im Rahmen von Projekten, ist in jedem Fall zu prüfen.

Zu beachten ist weiters, dass in den meisten Ländern die 183-Tages-Grenze laut dem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen nicht mehr greift, wenn die Tätigkeit für die ausländische (Tochter-)Gesellschaft ausgeübt wird und (Personal-) Kosten weiterbelastet werden. In diesen Fällen kann aufgrund des wirtschaftlichen Arbeitgebers im Gastland die Steuerpflicht bereits mit dem ersten Arbeitstag begründet werden.

Sozialversicherungsrecht

Der Begriff der Dienstreise existiert im Sozialversicherungsrecht nicht. Jede Dienstreise ist daher eine Entsendung im Sinne der EG-Sozialversicherungsverordnung (VO) Nr. 883/2004. Es ist daher grundsätzlich erforderlich, ein entsprechendes Sozialversicherungsdokument (Formular A1) einzuholen. In vielen Fällen üben Business Travelers ihre Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten aus. Daher ist es wichtig, Mehrfachbeschäftigungen im Sinne des Art. 13 der VO (EG) Nr. 883/2004 zu identifizieren und den richtigen Vordruck A1 einzuholen.

Bei Tätigkeiten im vertragslosen Ausland, wenn also kein Sozialversicherungsabkommen besteht, erfolgt eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung separat sowohl nach dem Recht des Heimat- als auch des Gastlandes. Gegebenenfalls kann daraus eine Doppelversicherung entstehen. Daher sind die Sozialversicherungspflicht sowie die Registrierungs- und Einbehaltungsverpflichtungen im Gastland ebenfalls zu bewerten. Ein Zuwiderhandeln gegen diese mannigfaltigen Vorschriften ist oftmals mit massiven Strafen bedroht. Für das Business sind mobile Mitarbeiter jedenfalls notwendig, um als Unternehmen am Markt flexibel auftreten zu können und sich ergebende Chancen rasch zu nutzen.

Fazit

Stellen Sie sicher, dass Ihre Chancen am Markt nicht durch Compliance-Verstöße getrübt werden. Unser People-Advisory-Services-Team berät Sie gerne und führt Sie sicher durch ein immer anspruchsvoller werdendes regulatorisches Umfeld.

Über diesen Artikel

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Regina Karner

Partnerin, People Advisory Services, Steuerberatung | Österreich

Erfahrene Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin. Lebt mit ihrer Familie in Wien.

Herwig Debriacher

Partner, People Advisory Services, Steuerberatung | Österreich

Hat langjährige Erfahrung zu sämtlichen Fragestellungen des grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatzes. Privat widmet sich der gebürtige Kärntner vor allem seiner Familie und dem Eishockeysport.

Bernadett Bukovszky

Senior Managerin, Steuerberatung, People Advisory Services | Österreich

Ist seit über 13 Jahren für Global-Mobility-Themen grenzüberschreitend tätiger Unternehmen zuständig.

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