Doch im Hintergrund digitalisierten gleichzeitig die Steuerbehörden ihre IT-Systeme auf eine Weise, die das Steuerwesen revolutionieren könnte.
Die Vorhut, bestehend unter anderem aus den Steuerverwaltungen von Brasilien, Mexiko und Russland, soll inzwischen selbst den größten globalen Unternehmen bei der operativen Digitalisierung einen guten Schritt voraus sein. Fast jede Regierung der Welt hat jedoch inzwischen zumindest einen gewissen Grad von Digitalisierung erreicht.
Die indirekten Steuern wie Umsatzsteuern und Zölle waren zuerst an der Reihe. Doch auch an den direkten Einkommensteuern wird diese Entwicklung im Laufe der Zeit nicht vorbeigehen.
„Fortschrittliche Regierungen betrachten inzwischen ihre Daten so, wie es 99 Prozent der Unternehmen nicht tun würden“, so Carolyn Bailey, EY Americas Digital Government Tax Transformation Leader. „Wenn die Steuerabteilungen zu lange warten, wird es schwer sein, noch aufzuholen, und die Steuerbehörden nehmen das Ruder in die Hand.“
Die Regierungen locken zum Beispiel höhere Steuereinnahmen. So meldete der russische föderale Steuerdienst, dass er durch Aktivitäten im Bereich der Digitalisierung 2015 um 12,2 Prozent höhere Umsatzsteuereinnahmen erzielen konnte.
Mit solchen Ergebnissen und in Anbetracht der Tatsache, dass die Steuerbehörden global nicht nur ihre Steuerdaten, sondern auch ihre besten Verfahren miteinander austauschen und so ihre Kapazitäten stärken, gewinnt die Entwicklung der digitalen Besteuerung weiter an Dynamik.
Viele Steuerbehörden sehen sich jedoch auch schwierigen Herausforderungen gegenüber. In etablierten Steuerverwaltungen wie den USA erweisen sich komplexe Legacy-Systeme und die fest verankerten bürokratischen Prozesse als hinderlich.
Wenn die Steuerabteilungen zu lange warten, wird es schwer sein, noch aufzuholen, und die Steuerbehörden nehmen das Ruder in die Hand.
Smart in die Zukunft
Ein weiterer großer Störfaktor in der Steuerabteilung ist durch einen unserer Megatrends für 2016 und darüber hinaus gekennzeichnet: „Smart in die Zukunft.“ Nach der Definition von EY „übernehmen smarte Technologien eine Transaktion, überprüfen die Verbindung, analysieren die Daten und machen sie autonomer und effektiver.“
Völlig neu daran ist, dass smarte Besteuerung in Echtzeit und sogar vorausschauend erfolgt ‒ auch dort, wo Steuern immer historisch betrachtet wurden.
Zahlreiche smarte Technologien treffen aufeinander und erreichen gleichzeitig einen kritischen Wendepunkt:
- Robotergesteuerte Geschäftsprozesse helfen dabei, die Datensammlung zu automatisieren.
- Das Internet der Dinge minimiert den Dokumentationsbedarf auf Papier.
- Künstliche Intelligenz (KI), die in so Alltäglichem wie Websuche, Wettervorhersagen und Spracherkennung immer präsenter wird, ermöglicht Data Mining und Deep Learning.
- Blockchain, am einfachsten beschrieben als ein sicheres, verteiltes Kontenbuch, wird nicht nur die Geschäfts- und Finanzwelt erobern, sondern ihre transaktionalen Kapazitäten auch mit den kognitiven Fähigkeiten der KI verbinden. Das Ergebnis sind autonome Transaktionen, die sich selbst initiieren, selbst verwalten und selbst beenden.
- Big Data Analytics ermöglicht schon jetzt bessere Entscheidungen durch die Speicherung, Aufschlüsselung, Bereinigung, Integration, Konsolidierung und auch vorausschauende Analyse von Daten inklusive Predictive Analytics.
Die digitale Regierung als Disruptor
In Zukunft werden traditionelle Buchführungs-, Finanz- und Steueraufgaben von robotergesteuerter Prozessautomatisierung und neuen Systemen revolutioniert, die Instrumente für Echtzeit-Kooperationen, Szenario-Planungen, Kostenmodellierungen und Risikosimulation bieten.
Wiederholende Aufgaben mit hohem Volumen werden durch eine virtuelle Belegschaft von Software-Robotern erledigt, die schneller, billiger und genauer arbeiten als Menschen.
Die KI wird mit Informationen wie Steuergesetzen, Rechtsprechung und Verwaltungsrichtlinien gefüttert. So kann sie auf dieser Grundlage bestimmte Entscheidungen selbst treffen.
„Steuerexperten werden für höherwertige Aktivitäten eingesetzt, bei denen subjektives Urteilsvermögen und strategische Entscheidungen gefragt sind“, so Richard Suhr. Unterstützt werden sie durch Datenaggregation, Datenvisualisierung und vorausschauende Prognosen in Echtzeit. So kann der Mensch wertschöpfend in der Buchhaltung, im Finanz- und Steuerwesen tätig sein, ohne zusätzlich noch eine Compliance- oder Berichtsfunktion übernehmen zu müssen.
Es steht außer Frage, dass die Steuerwelt zurzeit eine geradezu beängstigende Transformation durchläuft. Aber Channing Flynn von EY fasst es in wenigen Worten zusammen: „Die Technologie befähigt die Steuerverwaltungen, die Steuern effizienter und konsequenter zu erheben. Aber sie kann auch die Unternehmen dabei unterstützen, sich genau darauf vorzubereiten.“
Eine Fassung dieses Artikels wurde ursprünglich veröffentlicht unter dem Titel Disruption puts corporate tax on an uncertain path in Tax Insights.
Fazit
Wenn sie offen für Innovation sind, können Steuerexperten ihren Unternehmen helfen, Chancen zu ergreifen, die sich in einer zunehmend digitalen und grenzenlosen Welt bieten.