Ist First-Level-Support im IT-Bereich immer Aufgabe externer Dienstleister? Oder geht es auch mit zentralem, weltweitem Support aus dem Headoffice? Wer heute die IT eines Unternehmens verantwortet, beschäftigt sich zwangsläufig mit dem Thema Sourcing.
Eine der wichtigsten Funktionen in einer IT-Organisation, speziell in Zeiten von War-for-Talent und zunehmender technologischer Komplexität ist das Thema Sourcing. Die moderne IT-Organisation als Enabler unterstützt im Idealfall die gesamte Unternehmensstrategie und trägt damit ihren Teil zum Unternehmenserfolg bei. Es gibt eine Reihe von Fragen, die schon zu Beginn wichtig sind und das weitere Vorgehen festlegen – zwei von ihnen sind jedoch ganz zentral:
- Frage 1: Welche Kapazitäten und Services sollen aus strategischer Sicht internalisiert werden und welche externalisiert?
Wenn es darum geht die (neue) IT-Strategie disruptiv zu operationalisieren und Ökosysteme zu etablieren, ist diese Frage unumgänglich. Zentral ist hierbei die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Der CIO wird seine strategischen Sourcing-Entscheidungen anders treffen, je nachdem ob er die Qualität optimieren, die Kosten minimieren oder die Flexibilität maximieren möchte. Für diese unterschiedlichen Stoßrichtungen bieten sich jeweils geeignete Sourcing Maßnahmen an, die sich in der Praxis bereits bewährt haben. - Frage 2: Sollen Kapazitäten oder Services gesourced werden?
Auch hier ist strategisch zu bewerten, welche IT Services hinsichtlich der operativen Steuerung besser in eigener Hand bleiben sollen oder ausgelagert und „nur“ gemonitort werden können. Für selbst erbrachte Services stellt sich wiederum die Frage nach dem richtigen Ressourcenmix und damit auch die Fragen nach dem Anteil an internen und externen Kapazitäten. Hier ist der CIO oft auf externe Ressourcen angewiesen, auch wenn es Sinn macht zumindest Schlüsselpositionen intern zu besetzen. Aber auch hier stellt sich die Frage, welche internen und externen Ressourcen am besten zur Erreichung der Ziele der Business Strategie beitragen.
Diese Entscheidungen lassen sich nicht allgemein treffen oder auf eine ganze IT-Organisation herunterbrechen. Oft macht es Sinn die Sourcing Strategie nicht für die gesamte IT-Organisation, sondern je IT-Service zu bewerten. Auch hier muss die richtige Entscheidung von heute nicht notwendigerweise die richtige Entscheidung von morgen sein, weshalb nicht nur die IT-Strategie, sondern auch die Sourcing Strategie laufend neu bewertet werden muss.
Einer der Kernelemente der effektiven und effizienten Gestaltung des CIO Bereichs eines Unternehmens ist die ständige Weiterentwicklung von prozessualen, organisatorischen und technologischen Faktoren. Aus strategischer Sicht ordnet sich das Thema Sourcing neben den Themen Digitalisierung und Digitalisierungsbestrebungen, als ein weiterer Eckpfeiler für die Gestaltung der Unternehmens-Ökosystems. Laut einer EY-Studie lässt sich bei über zwei Drittel der Unternehmen ein hoher bzw. sehr hoher Grad an outgesourcten Leistungen beobachten. Fast die Hälfte der Unternehmen plant eine Steigerung hinsichtlich Outsourcings. Diese Ergebnisse unterstreichen die aktuelle Relevanz des Themas.
Ihre Sourcing-Strategie muss auf Ihrem Wettbewerbsvorteil basieren
Entscheidet man sich für eine Sourcing-Strategie, ist es sehr wichtig, dass diese mit dem übergeordnetem angestrebten Wettbewerbsvorteil Ihrer Organisation auf dem von Ihnen gewählten Markt übereinstimmt:
- Ziel Preisführerschaft: Ist das Ziel die Preisführerschaft auf dem Markt, muss sich die Sourcing Strategie in erster Linie darauf konzentrieren, die Kosten so weit wie möglich zu senken, worunter oft die Qualität und Kontrolle leidet.
- Ziel Qualitätsführerschaft: Ist das Ziel die Qualitätsführerschaft, dann sollte sich die Sourcing Strategie mehr auf Kontrolle und Erfahrung konzentrieren. Dabei handelt es sich meistens um die kostspieligere Option.
- Ziel Skalierbarkeit: Stellt die Skalierung den Hauptantrieb dar, dann sollte sich die Sourcing Strategie auf die Schaffung nachhaltiger Geschäftsprozesse mit einer großen Kapazität für interne und externe Veränderungen konzentrieren. Anhand der folgenden Matrix wird in diesem Paper analysiert, wie die Sourcing-Strategie durch den angestrebten Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens beeinflusst wird.
Aufgrund von Zielkonflikten kann immer nur ein Wettbewerbsvorteil im Fokus sein. Dabei ist jedoch innerhalb eines Unternehmens eines unterschiedliche Ausrichtung je Geschäftsfeld und damit bereitgestelltes IT-Service durchaus sinnvoll und möglich.
Zwei Optionen im Sourcing
Neben der Unternehmensausrichtung ist die zweite strategische Entscheidung, die es zu treffen gilt, ob der Betrieb ausschließlich Kapazitäten oder gesamte IT-Services sourcen will. Im Wesentlichen stehen hier zwei Möglichkeiten zur Wahl:
- Beim Sourcing von Kapazitäten handelt es sich um eine Ergänzung des bestehenden, internen Ökosystems oder Teams. Die Hoheit über die operative Steuerung dieses Teams bleibt nach wie vor beim Unternehmen. Aus Struktursicht sind somit keine Organisationsveränderungen zu beobachten, somit bleibt auch die Steuerung der Organisation wie gehabt. Üblicherweise wird so eine Strategie bei Dienstleistungen mit Kundenzentrierung verwendet, die das Kerngeschäft des Unternehmens darstellen oder eine Differenzierung vom Wettbewerb bieten.
- Im Gegensatz zu dem Sourcing von Kapazitäten handelt es beim Sourcing von IT-Services um eine Substitution bereits bestehender interner Leistungen. Das operative Doing sowie die Hoheit werden ausgelagert und das Unternehmen übernimmt ausschließlich eine Monitoringfunktion, typischerweise in Form einer „Retained Organization“. Das ermöglicht die Entlastung interner Kräfte und erlaubt dem Unternehmen sich auf anderen Aufgaben zu fokussieren. Üblicherweise betrifft das Sourcing von IT-Services den IT-Betrieb wie bspw. das Anwendungsmanagement oder den Support, aber auch bei temporären Tätigkeiten wie bspw. die Implementierung neuer regulatorischen Anforderung. Im Fall einer Auslagerung des IT-Betriebs sind strukturelle Veränderungen der Organisation erforderlich.
Der Unterschied zwischen den beiden Sourcing Strategien kann besonders gut und leicht anhand eines alltagorientierten Beispiels gezeigt werden: In der Hotelbranche stellt sich oft die Frage, ob das Hotelrestaurant vom Hotelmanagement betrieben oder an einen Dienstleister ausgelagert werden soll. In dem zweiten Fall handelt es sich um klassisches Sourcing von Services. Da die Kernkompetenz die Hotellerie ist, wird ein Pächter für die Betreibung des Hotelrestaurants engagiert. Würde sich das Hotel entscheiden, das Restaurant selber zu managen, ist somit auch die operative Steuerung des Restaurants inklusive Personal zu übernehmen. Aus Sourcing-Perspektive würde das heißen, dass bei höherem Bedarf Sourcing von Kapazitäten durchgeführt wird – bspw. weitere Kellner:innen oder Köch:innen als internes Personal eingestellt werden und/oder die Ressourcen temporär von einem Personaldienstleister engagiert werden.
Kaufen oder Do-It-Yourself? Die Make or Buy Entscheidung
Für jede Applikationslandschaft muss im Rahmen der strategischen Planung festgelegt werden, wer die Applikationen und die dafür nötige IT-Infrastruktur betreibt bzw. weiterentwickelt. Für eine objektive und passende Sourcing-Strategie müssen ungeachtet der möglichen Vorteile bestimmter Sourcing-Varianten („Buy”) auch immer sinnvolle „Make”-Varianten betrachtet werden. Das Belassen oder auch Zurückholen bestimmter IT-Leistungen im eigenen Unternehmen kann aus folgenden Gründen vorteilhaft sein:
- Es handelt sich um wettbewerbsrelevante Kernprozesse des Unternehmens, die unbedingt geschützt werden und daher mit internen Ressourcen betrieben und weiterentwickelt werden müssen. Ein grobes Entscheidungsraster für diese Frage liefert die Grafik unten.
- Bereits verlorenes Know-how soll wieder aufgebaut werden, z. B. im Rahmen einer strategischen Neuorientierung.
- Der Zeitaufwand zur Steuerung externer Provider ist zu groß.
- Die Abhängigkeiten von externen Providern soll reduziert werden, bspw. bei Qualitätsproblemen.