4 Minuten Lesezeit 2 August 2022
Stadtbild gemischt mit Grünpflanzen

Wie berichten große Unternehmen über Nachhaltigkeit?

Von Georg Rogl

Director Sustainability Services | Österreich

Unterstützt Unternehmen dabei, verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Umwelt, den Mitarbeitern und der Gesellschaft noch stärker in die eigene Unternehmens-DNA einzubinden.

4 Minuten Lesezeit 2 August 2022

In der EY-Analyse 2022 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung österreichischer Top-Unternehmen steht die Umsetzung gesetzlicher Berichtspflichten im Fokus.

Überblick
  • Fast die Hälfte der österreichischen Top-Unternehmen veröffentlichen einen Nachhaltigkeitsbericht
  • Zahlreiche Unternehmen setzen auf eine Klimaberichterstattung nach TCFD
  • CSRD als Game Changer der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Ziel unserer zwölften Studie „Nachhaltigkeitsberichterstattung österreichischer Top-Unternehmen 2022“ ist es, einen Einblick in aktuelle Trends, sowie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Geschäftsjahr 2020 in Österreich und international zu geben. Schwerpunktmäßig wurde erneut die Umsetzung der gesetzlichen Berichtspflichten gemäß dem NaDiVeG (Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz) analysiert. Hier finden Sie einen Überblick zu den wesentlichsten Ergebnissen.

Top-Unternehmen

46 %

der Top-Unternehmen in Österreich veröffentlichen einen Nachhaltigkeitsbericht.

Der Anteil der Unternehmen, die für das Geschäftsjahr 2020 einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, liegt zwischen 100 Prozent (Unternehmen des Prime Market) und 43 Prozent (öffentliche Unternehmen). Rund die Hälfte (46 Prozent) der Top-Unternehmen, -Banken und -Versicherungen haben ebenso einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Der Anteil hat sich im Vergleich zum Vorjahr bei den Unternehmen des Prime Market sowie bei den Top-Unternehmen, -Banken und -Versicherungen leicht gesteigert.

Stagnation beim Anteil der extern geprüften Berichte

Der Anteil der extern geprüften Berichte hat sich in allen drei untersuchten Unternehmenskategorien unwesentlich verändert. 57 Prozent der Top-Unternehmen, 55 Prozent der Unternehmen des Prime Market und 50 Prozent der öffentlichen Unternehmen haben ihren Bericht einer externen Prüfung unterziehen lassen.

Im Berichtsjahr 2020 stieg lediglich der Anteil der nach dem NaDiVeG berichtspflichtigen Unternehmen, die ihre Angaben extern prüfen ließen, von 33 auf 38 Prozent an. Alle Unternehmen, die sich im Vorjahr einer externen Prüfung unterzogen, ließen diese auch 2020 durchführen. Zusätzlich ließen sich vier Unternehmen erstmals extern prüfen.

Etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen mit Berichtspflicht (NaDiVeG) lässt sich extern prüfen.

Berichterstattung außerhalb des Lageberichts weiter dominant

Eine dezente Zunahme der Berichterstattung im Lagebericht ist bei den Top-Unternehmen (18 Prozent), bei den Unternehmen des Prime Market (24 Prozent) und bei den öffentlichen Unternehmen (20 Prozent) wahrnehmbar. Nach wie vor dominieren jedoch eigenständige Berichte außerhalb des Lageberichts.

Top-Unternehmen

82 %

der österreichischen Top-Unternehmen berichten außerhalb des Lageberichts über ihre nichtfinanziellen Informationen.

Bei Unternehmen, die dem NaDiVeG unterliegen, ist eine leichte Zunahme der Berichterstattung im Lagebericht von 26 auf 29 Prozent zu erkennen. Nach wie vor dominieren auch hier die eigenständigen Berichte außerhalb des Lageberichts (61 Prozent). Anzumerken ist, dass die Corporate Sustainability Reporting Directive (siehe unten: Ausblick) die Darstellung der Nachhaltigkeitsinformationen künftig im Lagebericht vorgibt.

Kontinuierliche Zunahme der Anwendung der GRI-Standards

Die Anwendung der GRI-Standards als Rahmenwerk der Berichterstattung hat sich im Berichtsjahr 2020 in allen untersuchten Unternehmenskategorien in die gleiche Richtung entwickelt: Der Anteil der Berichte „in Übereinstimmung“ hat sich gesteigert.

GRI als Rahmenwerk weiter hoch aktuell: Anwendung auf 74 Prozent der Top-Unternehmen und auf 48 Prozent der NaDiVeG-Unternehmen gestiegen.

Weitere Ausbreitung der Berichterstattung zu den Sustainable Development Goals

Der Anteil der Unternehmen, die zu den Sustainable Development Goals (SDGs) berichten, ist auch im Berichtsjahr 2020 weiter angestiegen. 92 Prozent der Top-Unternehmen, Banken und -Versicherungen haben die SDGs in ihre Berichterstattung aufgenommen. Im Vergleich zum Berichtsjahr 2016 hat sich der Anteil verdreifacht (von 31 auf 92 Prozent).

Auch die dem NaDiVeG unterliegenden Unternehmen beschäftigen sich mit den SDGs. 23 Prozent der Unternehmen priorisieren einzelne Ziele und erläutern diese näher. 29 Prozent hinterlegen diese Ziele darüber hinaus mit quantitativen Key Performance Indicators (KPIs) und verknüpfen diese mit der Unternehmensstrategie.

Von den NaDiVeG unterlegenen Unternehmen haben im Berichtsjahr 2020 52 Prozent die SDGs qualitativ und/oder quantitativ in ihrer Berichterstattung aufgenommen.

Klimaberichterstattung auf dem Vormarsch

Erstmalig wurde im Zuge der Studie 2022 die Integration der Anforderungen gemäß TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) analysiert. Ein Viertel der Top-Unternehmen, rd. ein Drittel der Unternehmen des Prime Market sowie der öffentlichen Unternehmen und 19 Prozent der NaDiVeG-Unternehmen setzen auf eine Klimaberichterstattung nach TCFD.

Erstmalige Erhebung der Berichterstattung gemäß TCFD.

Ausblick

Getrieben durch neue gesetzliche Anforderungen, den allgegenwärtigen Klimawandel sowie der mediale Präsenz von Nachhaltigkeitsthemen und weiteren Initiativen, wird die österreichische Nachhaltigkeitsberichterstattung auch künftig mit Herausforderungen konfrontiert sein.

Neue Impulse setzt nicht zuletzt die EU. Die Überarbeitung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) veranlasst viele Unternehmen, sich intensiv mit der Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in ihr Geschäftsmodell auseinanderzusetzen, um den Anforderungen der neuen Richtlinie gerecht zu werden. Wie bereits in der Studie 2021 erwähnt, hat die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) auch Auswirkungen auf die Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung und der weiteren Gesetzesinitiativen im Bereich Sustainable Finance, da diese unmittelbar ineinander verschränkt sind.

Neben einer deutlichen Erhöhung der Anforderungen an das Berichtswesen sieht die CSRD eine deutliche Ausweitung des Anwendungsbereichs vor. Ende Juni 2022 konnte hinsichtlich der Richtlinie eine vorläufige politische Einigung im EU-Trilog erzielt werden. Der Zeitplan sieht folgende Anwendung vor:

  • 01.01.2024 Start der CSRD-Berichtspflicht für Unternehmen, die bereits der NFRD bzw. dem NaDiVeG unterliegen
  • 01.01.2025 Start der Berichtspflicht für alle großen Unternehmen (ab 250 Mitarbeiter:innen)
  • 01.01.2026 Start der Berichtspflicht für börsennotierte KMU (Ausnahmen bis 2028 möglich)

 

Eckpunkte der CSRD

Fazit

Es kristallisiert sich nun deutlich heraus: die CSRD wird der Game Changer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sein. Die Richtlinie wird wesentlich zur Weiterentwicklung der österreichischen Nachhaltigkeitsberichterstattung beitragen, da nicht zuletzt die nichtfinanzielle und die finanzielle Berichterstattung stärker ineinander verschränken werden. Die Darstellung der Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht wird obligatorisch. Der aktuell überschaubare Kreis der dem NaDiVeG unterliegenden Organisationen (83) wird erheblich ausgeweitet. Wie viele Unternehmen durch die CSRD zum Zug kommen, ist noch ungewiss. Expert:innen rechnen mit 20- bis 25-mal so vielen Unternehmen. Weiters ist anzumerken, dass die CSRD den Empfehlungen der TCFD folgt und sich somit die Unternehmen an dieser Initiative orientieren werden.

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Von Georg Rogl

Director Sustainability Services | Österreich

Unterstützt Unternehmen dabei, verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Umwelt, den Mitarbeitern und der Gesellschaft noch stärker in die eigene Unternehmens-DNA einzubinden.