- Neue EU-Richtlinie könnte schon ab 2025 bis zu 2.000 österreichische Betriebe zum Nachhaltigkeitsreporting verpflichten
- Internationales Rahmenwerk zur Klimaberichterstattung „TCFD“ in Österreich noch zu wenig forciert
- Etwas mehr als ein Drittel der österreichischen berichtspflichtigen Unternehmen lässt ihre Nachhaltigkeitsinformationen extern prüfen – deutlich weniger als in Deutschland (73 %)
- Fast drei Viertel der österreichischen Nachhaltigkeitsberichte stützen sich auf GRI-Standards
Wien, 24.08.2022. Nachhaltigkeit ist auch eine Sache der Transparenz und Offenlegung unternehmensspezifischer Daten. Und hier haben Österreichs Betriebe noch einiges aufzuholen, wie eine aktuelle Analyse von EY zeigt: Wie schon im Vorjahr publiziert nur knapp die Hälfte (46 %) von Österreichs Top-Unternehmen (inklusive Top-Banken und -Versicherungen) einen Nachhaltigkeitsbericht – ein leichter Zuwachs von vier Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.
Dass dies bald zum Problem werden könnte, weiß EY-Nachhaltigkeitsexperte Georg Rogl: „Wer heute Nachhaltigkeitsberichterstattung noch gar nicht am Schirm hat, wird in den kommenden Jahren so richtig ins Schwitzen kommen. Schon ab 2025 wird die Corporate Sustainability Reporting Directive – kurz CSRD – erwartet, unter der Betriebe ab 250 Mitarbeitenden zu Nachhaltigkeitsthemen berichten müssten.“ Unternehmen, die bereits jetzt einer Berichtspflicht unterliegen, müssen die CSRD ein Jahr früher, ab 2024 umsetzen.
Wieviele Betriebe dabei zum Zug kommen werden, sei aktuell noch unklar und hänge von der konkreten Ausgestaltung der EU-Richtlinie ab. Im Moment sind in Österreich nur 83 Unternehmen gesetzlich zum Nachhaltigkeitsreporting verpflichtet. „Durch die CSRD werden es deutlich mehr werden – wir rechnen mit mindestens 20- bis 25-mal so vielen Betrieben“, so Rogl.
Ganz anders ist die Lage im Prime Market Segment: Die Auswirkungen der Berichterstattung gemäß Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG), dem der Großteil der Unternehmen des Prime Market unterliegt, sind hier weiterhin spürbar. Heuer berichteten erstmalig alle Unternehmen aus diesem Segment über Nachhaltigkeit (Vorjahr: 97 %).
Das sind die Ergebnisse der zwölften Studie zur „Nachhaltigkeitsberichterstattung österreichischer Top-Unternehmen“, für die die Nachhaltigkeitsberichte des Jahres 2020 von Österreichs 100 führenden Unternehmen gemäß Trend Top 500 Ranking (Ranking nach Umsatz) sowie die fünf größten Banken und Versicherungen durchleuchtet wurden. Auch heuer wurden wieder eigene Analysen für das ATX Prime Market Segment und öffentliche Organisationen erstellt.
TCFD-Empfehlungen für zu wenige ein Thema
Ungefähr ein Viertel (25 %) der Top-Unternehmen und ein Fünftel (19 %) der dem NaDiVeG unterliegenden Unternehmen befasst sich mit den Empfehlungen der Task Force on Climate related Financial Disclosures (TCFD). Die TCFD sind ein international anerkanntes Rahmenwerk, an dem sich immer mehr Investor:innen orientieren, um die ESG-Risiken besser beurteilen zu können. Sie berücksichtigen alle Aspekte der Integration von Klimaschutz in das Geschäftsmodel und die Unternehmensstrategie. Das fängt bei der CO2-Bilanzierung an und hört bei einer monetären Bewertung der Klimarisiken und -chancen anhand von Szenarioanalysen auf.
Für Rogl ist der aktuelle Umfang der Klimaberichterstattung entlang der TCFD-Empfehlungen noch deutlich zu wenig: „Wer Nachhaltigkeit ernsthaft betreiben will, der muss sich zwangsläufig auch mit den TCFD befassen. Sie geben einen guten Rahmen vor und berücksichtigen alle Aspekte im Zusammenhang mit dem Klimaschutz.“
Die Hälfte der österreichischen Unternehmen lässt ihre Berichte extern prüfen
Die Hälfte der heimischen Top-Unternehmen (57 %) hat sich freiwillig einer externen Prüfung unterzogen; unter jenen Betrieben, die dem NaDiVeG unterliegen, ist der Anteil deutlich geringer (38 %). Im Vergleich zu unseren deutschen Nachbarn liegt Österreich damit deutlich zurück: In Deutschland wurden 2020 fast drei Viertel (73 %) der Nachhaltigkeitsberichte der untersuchten Betriebe extern geprüft.
„Es ist überraschend, dass nur knapp die Hälfte der Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte extern prüfen lässt. Der Anteil der Unternehmen, die unter das NaDiVeG fallen, ist sogar noch geringer. Neben der Sicherstellung der Gesetzeskonformität, dem eingebrachten Expertenwissen und damit verbundenen Blick von außen, bietet eine externe Prüfung die Möglichkeiten, neue Erkenntnisse zu erlangen und rechtzeitig auf aktuelle Nachhaltigkeitsthemen, Chancen und Risiken einzugehen und so die Qualität der Berichterstattung zu verbessern“, betont Rogl.
Fast drei Viertel der österreichischen Nachhaltigkeitsberichte stützen sich auf GRI-Standards
Als gängigster Berichtsstandard wurden, wie in den Vorjahren, die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) herangezogen. In Österreich ist der Anteil der Berichte, die nach GRI erstellt wurden, gestiegen. Fast drei Viertel (74 %) der Berichte der Top-Unternehmen wurden dieses Jahr in Übereinstimmung mit GRI erstellt (Vorjahr 72 %).