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Schweizer Unternehmen benötigen eine Geostrategie


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In einer sich rapide verändernden Welt bringen die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der neuen US-Administration vor allem Herausforderungen, aber auch Chancen, für die Schweizer Wirtschaft mit sich.


Überblick

  • Der Handelsprotektionismus der USA stellt die exportorientierte Schweizer Wirtschaft vor vielfältige Herausforderungen.
  • Insbesondere für Schweizer Unternehmen, die in den USA produzieren, können sich jedoch auch Chancen eröffnen.
  • Um im aktuellen Umfeld gut aufgestellt zu sein, benötigen Unternehmen eine Geostrategie, im Rahmen derer sie geopolitische Risiken gezielt bewerten.

Schweizer Unternehmen stehen heute mehr denn je vor der Aufgabe, sich in einem komplexen internationalen Umfeld zurechtzufinden, das von protektionistischen Massnahmen und geopolitischen Rivalitäten geprägt ist, von denen auch die Schweiz nicht länger ausgenommen bleibt. Unternehmen müssen sich daher dringend strategisch anpassen.

Die «America First»-Herausforderung

Für die exportorientierte Schweizer Wirtschaft stellt die Politik der Trump-Administration eine erhebliche Herausforderung dar. Da die Vereinigten Staaten das wichtigste Zielland für Schweizer Exporte sind, treffen US-Importzölle die Schweiz besonders empfindlich. Die vor kurzem eingeführten Zölle in Höhe von 39 % auf fast alle Importe aus der Schweiz stellen eine enorme Herausforderung für Schweizer Unternehmen dar. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die US-Regierung in den kommenden Monaten weitere Zölle gegen die Schweiz erhebt. So könnten beispielsweise zusätzliche Abgaben auf Importe pharmazeutischer Produkte eingeführt werden, um die heimische Produktion in den USA gezielt zu stärken.

Auch ohne direkte Zölle könnte der US-Handelsprotektionismus die Schweizer Wirtschaft belasten. Eine Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums könnte zu einer sinkenden Nachfrage nach Schweizer Waren in wichtigen Märkten wie China führen. Da Schweizer Unternehmen auch in die europäischen Lieferketten eingebunden sind, könnte ein Produktionsrückgang in den EU-Ländern infolge der US-Zölle auch nachteilige Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft nach sich ziehen. Bestehende Unsicherheiten hinsichtlich globaler politischer Entwicklungen, wie beispielsweise in der US-Handelspolitik, führen dazu, dass Unternehmen Investitionsentscheidungen aufschieben. Dies kann Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in der Schweiz und anderen Ländern haben.

Die «America First»-Politik bietet jedoch auch Chancen für Schweizer Unternehmen. So können zum Beispiel diejenigen mit Produktionsstätten in den USA von einer eventuellen Reduzierung der Steuer- und Regulierungslast profitieren.

Schweizer Unternehmen müssen sich in einem immer komplexer werdenden geopolitischen Umfeld zurechtfinden.

Etablierte Schweizer Aussenpolitik unter Druck

Die aussenpolitische Ausrichtung vieler Länder wird von einer Intensivierung geopolitischer Rivalitäten dominiert, die damit auch den Verlauf der Globalisierung beeinflusst. Diese Transformation wird sowohl die Märkte in den Ländern beeinflussen, aus denen Unternehmen Rohstoffe und Produkte beziehen, als auch jene, in die sie investieren und in denen sie ihre Produkte verkaufen.

 

Die zunehmende Rivalität zwischen den USA und China zum Beispiel birgt sowohl Risiken als auch Chancen für die Schweizer Wirtschaft. Die Äusserungen der Trump-Administration weisen auf die Absicht hin, umfassende Massnahmen zu ergreifen, um die Abhängigkeit der US-Wirtschaft und ihrer Partner von China zu reduzieren. Für die Schweiz stellt dies eine Herausforderung dar: Mit starken Handelsbeziehungen zu beiden Nationen und einer Aussenpolitik, die relativ offen gegenüber China ist, könnte die Schweiz unter Druck geraten, ihre Chinapolitik anzupassen. Der Ausschluss der Schweiz aus der Gruppe der verbündeten Länder mit unbegrenztem Zugang zu US-KI-Chips signalisiert bereits eine wachsende Skepsis der US-Regierung gegenüber der Schweizer Chinapolitik. Da die USA jedoch bei strategischen Gütern ihre Abhängigkeit von chinesischen Importen verringern wollen, könnten bestimmte Schweizer Sektoren, darunter die Pharmaindustrie, von einer erhöhten amerikanischen Nachfrage profitieren – insbesondere, wenn sie bereit sind, verstärkt in den USA zu produzieren.1

 

Zudem befindet sich die Sicherheitsarchitektur Europas im Wandel. Dies ist sowohl durch wachsende Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Rolle der USA als Garantiemacht für die europäische Sicherheit als auch durch die revisionistische Politik Russlands bedingt. Trotz ihrer Neutralität erkennt die Schweiz die Dringlichkeit, ihre Verteidigungsfähigkeit zu stärken und mehr Sicherheitskooperationen mit anderen europäischen Partnern in Betracht zu ziehen. Hierdurch entstehen Wachstumsmöglichkeiten für Schweizer Rüstungshersteller und angrenzende Industrien. Strenge Rüstungsexportvorschriften1 schränken jedoch derzeit die Fähigkeit der Schweiz ein, vom Investitionsboom im Verteidigungssektor in anderen europäischen Ländern zu profitieren.

Eine Geostrategie stärkt die Resilienz in unsicheren Zeiten

In diesem komplexen und sich schnell verändernden globalen Umfeld sollten Schweizer Unternehmen sich mit der Entwicklung und Implementierung einer Geostrategie auseinandersetzen. Das erhöhte Ausmass der geopolitischen Risiken stellt sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Unternehmen dar, die global tätig sind. Um diese Herausforderungen effektiv zu steuern und Chancen zu identifizieren, müssen Unternehmen die Auswirkungen politischer Risiken auf ihre Geschäftstätigkeit bewerten.

 

Es reicht nicht mehr aus, politische Risiken lediglich festzustellen. Die Auswirkungen der politischen Risiken auf die Aktivitäten des Unternehmens müssen bemessen werden, um potenzielle Herausforderungen besser vorhersehen und sich darauf vorbereiten zu können. Um in Zeiten von geopolitischer Komplexität resilient und erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen politische Risiken umfassend und funktionsübergreifend analysieren, bewerten und in die Unternehmensstrategie einbeziehen.

Politische Risiken müssen in die Unternehmensstrategie einbezogen werden.

Zusammenfassung

Aufgrund ihrer Exportorientierung ist die Schweizer Wirtschaft Risiken aus geopolitschen Entwicklungen in besonderem Masse ausgesetzt. Im aktuellen, von geopolitischen Unsicherheiten geprägten Umfeld ist es daher für global tätige Unternehmen wichtiger denn je, geopolitische Risiken genauer in den Blick zu nehmen. Durch ihre Einbeziehung in die Risiko- und Chancenbewertung kann es Unternehmen gelingen, anstehende Herausforderungen zu bewältigen und sich ergebende Chancen zu nutzen.

Danksagung

Wir danken Anna-Carina Hamker für ihre wertvollen Beiträge zu diesem Artikel.



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