Modern glass building with impressive reflection of the blue sky in the city

Im Gespräch mit Daniel Häcki (AXA Investment Managers)


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Daniel Häcki, Head Transaction Management, über gesunkene Zinsen, ESG-Regulierungen und lokalpolitische Veränderungen am Schweizer Immobilienmarkt.

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Im Überblick

  • Marktstabilität: Der Schweizer Immobilienmarkt zeigt Stabilität dank solider Fundamentaldaten trotz globaler Unsicherheiten.
  • ESG-Wandel: ESG-Anforderungen verändern Investitionsstrategien. Nachhaltigkeit wird zentral für Investitions- und Risikomanagement.
  • Segmentvorteile: Wohnimmobilien gewinnen an Attraktivität, während der Bürosektor mit strategischen Standortvorteilen punktet.

Der Schweizer Immobilienmarkt wird stark beeinflusst durch gesunkene Zinsen, ESG-Regulierungen und lokalpolitische Veränderungen. Wohnimmobilien gewinnen an Attraktivität, während der Bürosektor mit strategischen Standortvorteilen punktet. In den nächsten 12-24 Monaten wird spannend zu beobachten sein, wie sich Angebot und Preiserwartungen weiterentwickeln.

Financial district with business woman in Paris
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Kapitel 1

Aktuelle Marktentwicklung

Der Schweizer Immobilienmarkt gilt als sicherer Hafen dank stabiler Wirtschaft, robustem Vorsorgesystem und starkem Franken.

„Die Rückkehr des Anlagenotstands führt zu deutlich steigenden Preisen bei Schweizer Renditeimmobilien“, schrieb der Grundeigentümer Verband Schweiz, ein Fachportal für institutionelle Immobilieninvestoren, im Dezember 2024. Die Kombination aus gesunkenen Zinsen, begrenztem Angebot und wachsendem Kapitaldruck hat den Schweizer Transaktionsmarkt – nach einer Phase der Zurückhaltung – wieder in Bewegung gebracht.

1.1. Wie bewerten Sie die derzeitige Marktlage? Teilen Sie die Einschätzung, dass sinkende Zinsen, begrenztes Angebot und Kapitaldruck zu steigenden Preisen führen?

Der Schweizer Immobilienmarkt steht aktuell unter dem Einfluss einer Reihe von Faktoren wie gesunkenen Zinsen, begrenztem Angebot und hohem Kapitaldruck, die zu steigenden Preisen führen. Diese Entwicklung wird durch geopolitische Ereignisse, wie den Handelskrieg, der durch die von den USA eingeführten Zölle zu befürchten ist, sowie lokale politische Herausforderungen, etwa im Bereich des Mieterschutzes und dessen Initiativen, weiter verschärft.

Im Gegensatz zur volatilen Welt des Tradings, die von schnellen Preisbewegungen geprägt ist, zeichnet sich der Immobilienmarkt jedoch durch eine langfristige und stabile Entwicklung aus. Besonders der Schweizer Immobilienmarkt profitiert in diesem Kontext von seiner Rolle als sicherer Hafen. Diese Position verdankt er der stabilen Schweizer Volkswirtschaft, dem robusten Vorsorgesystem sowie dem starken Schweizer Franken – also insgesamt soliden Fundamentaldaten, die eine nachhaltige Marktentwicklung unterstützen. Ein weiteres besonderes Merkmal der Schweiz ist ihr weitgehend geschlossener Markt, der durch ein begrenztes Angebot und spezifische lokale Gegebenheiten geprägt ist. Daher haben die Schwankungen, wie sie etwa am Anleihenmarkt häufig zu beobachten sind, nur begrenzten direkten Einfluss auf den Immobilienmarkt. All diese Faktoren lassen vermuten, dass mögliche kommende Herausforderungen den Markt lediglich peripher treffen und es längerfristig zu keinen substanziellen Verwerfungen kommen dürfte. Auf der Ebene von Einzelobjekten kann es aber, wie bei anderen Anlageklassen, „Gewinner“ und „Verlierer“ geben.

1.2. Welche Rolle spielen regulatorische Faktoren aktuell für den Markt?

Die regulatorischen Anforderungen erleben derzeit in gewissen Bereichen einen Paradigmenwechsel, insbesondere durch die Einführung von ESG1 -Kennzahlen (z.B. umweltrelevante Kennzahlen für Immobilienfonds nach AMAS). Ein Beispiel sind Anlagerichtlinien bei Gefässen, die von der FINMA reguliert werden. Die FINMA kann neu die Definition von ESG-Kennzahlen und je nach Scope auch die Definition von CO2-Zwischenzielen verlangen, um ein Produkt als „Nachhaltig“ zu vermarkten. Dies stellt eine erhebliche Herausforderung dar, da sich dann auch die Frage stellt, was passiert, wenn diese Zwischenziele nicht eingehalten werden würden, z. B. weil das Fernwärmenetz in der Region XY doch nicht im Jahr 2027 sondern erst im Jahr 2030 kommt und damit das Ergebnis von exogenen Faktoren beeinflusst wird.

Dieser Wandel in der Regulierung ist für viele nicht leicht nachvollziehbar, da es beispielsweise kaum denkbar ist, im Fondsprospekt unter anderem spezifische Mindestrenditeziele zu nennen, die sich bei Nichterfüllung negativ auswirken könnten. ESG-Kennzahlen, wie z.B. der CO2-Ausstoss pro Energiebezugsfläche, gewinnen allerdings an Relevanz und müssen bei Investitionen zunehmend berücksichtigt werden. Während ESG-Aspekte früher von einzelnen Marktteilnehmern oft als blosses Marketing-Tool wahrgenommen wurden, erkennen viele inzwischen deren Bedeutung für das Risikomanagement. Viele Marktteilnehmer sind sich dieser zunehmenden Komplexität der verschiedenen Kennzahlen, meines Erachtens noch nicht vollständig bewusst, was in der Zukunft unvermeidlich Veränderungen in der Kapitalbeschaffung und damit auch bei Einkaufs- und Verkaufsstrategien nach sich ziehen wird.

a. Wie beeinflussen ESG-Kriterien und klimabedingte Risiken heute das Underwriting und die strategische Positionierung von Immobilieninvestitionen bei AXA IM?

„Die Welt wird nicht mehr versicherbar“ – in diesem Sinne hat die AXA IM bereits vor vielen Jahren eine ESG-Policy implementiert, da früh erkannt wurde, dass Umwelt- und Klimarisiken auch die Versicherbarkeit von Immobilien beeinflussen. In Risikogebieten wie beispielsweise Florida verdeutlichen Ereignisse wie Überschwemmungen, dass Versicherungen zurückhaltender wurden. Vor diesem Hintergrund sind wir bestrebt, Immobilien bestmöglich für zukünftige Herausforderungen zu wappnen, um die langfristige Wertentwicklung und Vermietbarkeit zu sichern. Die strategische Ausrichtung von Immobilienobjekten spielt dabei eine zentrale Rolle, wobei viele zusätzliche Faktoren wie Denkmalschutz und bestehende Infrastrukturpläne berücksichtigt werden müssen. So weist beispielsweise eine Immobilie, die sich in einer Strasse befindet, die erst in 25 Jahren an das Fernwärmenetz angeschlossen wird, ein völlig anderes ESG-Risikoprofil auf, als ein Objekt, das bereits angeschlossen ist. Diese strategische Ausrichtung im Underwriting ist essenziell für ein nachhaltiges Risikomanagement im Immobilienbereich.

b. Wie gehen Eigentümer und Investoren mit den dynamischen regulatorischen Anforderungen und technischen Herausforderungen bei der Dekarbonisierung von Bestandsimmobilien um – insbesondere im Hinblick auf realistische Capex-Planung und Risikomanagement?

Die aktuellen Herausforderungen im Immobiliensektor, insbesondere im Bürobereich, sind stark von den zunehmenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Energiestandards geprägt. Grossunternehmen erwarten zunehmend Gebäude, die ihren Umweltstandards entsprechen, während kleinere Unternehmen (KMUs) in der Regel noch weniger strikte Vorgaben haben. Viele Eigentümer glauben, dass mit einem einmal definierten Absenkpfad alle Anforderungen erfüllt sind. In der Praxis zeigt sich jedoch bei vielen Objekten, dass z.B. ein Umstieg auf eine umweltfreundlichere Technologie wie eine Luftwärmepumpen mit einigen Herausforderungen verbunden sein kann. Die sehen wir in der Immobilien-Akquisition oft. Der Absenkpfad erfordert zudem mindestens ein Jahr, um den optimierten Verbrauch nachzuweisen, wodurch seine Senkung im Absenkpfad häufig erst später als geplant ersichtlich ist. In einigen Ländern sind die Vorschriften sogar strenger, und es darf nicht mehr vermietet werden, wenn zum Beispiel noch eine Ölheizung im Gebäude ist. Deshalb ist ein Umdenken notwendig: Das Thema ist nicht Marketingbezogen, sondern eine essenzielle Risikomanagement-Aufgabe.

Ein weiteres Problem besteht in der Fehleinschätzung von Kapitalkosten (Capex) und Zeitplänen für solche Umstellungen. Diese Anpassungen dauern oft länger als erwartet, um vollständig implementiert und nachgewiesen zu werden. Viele Marktteilnehmer, erkennen nun, dass die laufenden regulatorischen und technischen Anpassungen "moving targets" sind. Diese dynamische Situation wird meines Erachtens derzeit häufig unterschätzt und wird wahrscheinlich in Zukunft bei einigen Marktteilnehmern zu Herausforderungen führen. Wie eine Prämie für einen Versicherungsschutz seinen Preis hat, haben auch ESG-Massnahmen einen Preis.

1.3. Welche Entwicklungen und Dynamiken nehmen Sie derzeit wahr? Gibt es Segmente (z. B. Wohnen, Büro, Retail, Logistik), die besonders betroffen sind?

Wohnen / Residential

Es ist zu beobachten, dass globale Marktteilnehmer zunehmend das Potenzial der Assetklasse „Residential“ erkennen. Denn innerhalb eines Wohnobjekts wird zusätzliche Diversifikation erlangt, da zehn Wohnungen gleichbedeutend sind mit zehn unterschiedlichen Mietern. Dies bietet sowohl Stabilität als auch Diversifikation innerhalb dieser Asset-Klasse selbst. In der Schweiz ist dieser Trend nicht neu, da der Markt traditionell stark von Wohnimmobilien dominiert wird. Auch die von uns verwalteten Vermögen in der Schweiz setzen sich je nach Anlagegefäss zu etwa 60% aus Wohnimmobilien zusammen, während der Rest aus kommerziellen Liegenschaften besteht.

Bürosektor

Der Bürosektor hat zwar in der Gunst der Investoren gelitten, doch sind keine signifikanten Leerstände zu beobachten. Stattdessen rückt zunehmend die Lage der Immobilien weiter in den Fokus. Büros an A-Standorten, besonders in unmittelbarer Nähe zu Bahnhöfen, bleiben stark gefragt. Diese Konnektivität führt zum Teil zu erheblichen Unterschieden in den Mietpreisen. So weist beispielsweise das Gebiet rund um den Bahnhof Zürich-Hardbrücke ein anderes Mietniveau auf als das Zürcher Areal um den Technopark oder um den Hardturm, obgleich diese z.T. nur 10-15 Gehminuten voneinander entfernt liegen. In der Schweiz sind die Gehdistanz und die Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln entscheidend, während solche Entfernungen in grösseren Metropolen wie z. B. Paris oder London eine geringere Rolle spielen und sich im direkten Vergleich weniger stark auf die Mietpreise auswirken.

Logistik, Life Sciences und Data Center

Der Logistikbereich stellt in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Märkten eine relativ kleine Nische dar und ist stark von Single-Tenant-Gebäuden und Eigennutzern geprägt. Diese Abhängigkeit birgt ein hohes Risiko bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Mieter, wodurch der Hype um Logistikimmobilien relativiert wird. Ein anschauliches Beispiel war die Corona-Krise, in der Automobilzulieferer ihre Geschäftsaktivitäten quasi einstellten, was erhebliche Mietausfälle bei Logistikzulieferer der Automobilbranche zur Folge hatte. Wir prüfen auch in der Schweiz Logistikliegenschaften und haben ein eigenes global agierendes Team unter der Leitung von Thomas Karmann. Die Immobiliensegmente Life Sciences und Data Center werden international als attraktive Investitionsmöglichkeiten wahrgenommen, jedoch zeichnen sich diese durch ein differenziertes Risikoprofil aus, bedingt durch ihre klare Spezialisierung. Unsere Data Center Plattform „Data4“ haben wir im Jahr 2023 erfolgreich veräussert, während wir den Life Sciences-Bereich durch die Spezialisten von unserer Beteiligungsgesellschaft „Kadans Science Partner“ abdecken. In der Schweiz spielen diese Segmente noch eher eine untergeordnete Rolle, wobei hier tendenziell ein Marketing-Push zu beobachten ist.

Insgesamt lässt sich über alle Segmente hinweg festhalten, dass in der Schweiz keine klaren „Verlierer“ zu erkennen sind.

Businesswoman looking out window in meeting room
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Kapitel 2

Ausblick auf die kommenden 12 – 24 Monate

Hohe Angebotspreise, wenige Abschlüsse: Diskrepanz durch Bid-Ask-Spreads. Kapitalverfügbarkeit und ESG-Regeln beeinflussen Markt.

2.1. Wie erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen hohem Angebotsvolumen und der geringen Anzahl abgeschlossener Transaktionen im aktuellen Marktumfeld?

Beim Blick auf das Transaktionsvolumen muss ich immer schmunzeln, denn oft wird die Lage missverstanden. Nicht das Volumen der Angebote war in der Schweiz beispielsweise im letzten Jahr kleiner, sondern die Anzahl der abgeschlossenen Deals. Ein wesentlicher Grund dafür ist der gestiegene „Bid-Ask-Spread“ – also der Unterschied zwischen Zahlungsbereitschaft und Verkaufspreisvorstellung. Viele Immobilieneigentümer hielten an ihren hohen Preisvorstellungen fest, die der Markt nicht mehr bot. Diese Form der Illiquidität wird meiner Meinung nach oft unterschätzt.

Das gilt auch für den börsennotierten Markt: Grössere Grundstücksverkäufe, wie ein Areal im Wert von 100 Millionen, erfolgen nicht über Nacht und benötigen Zeit. Wir selbst waren sehr aktiv im Markt, jedoch haben wir weniger Transaktionen zum Abschluss gebracht, da die Preisvorstellungen oft nicht mit unserer Zahlungsbereitschaft übereinstimmten.

Ein häufiger Irrtum ist der Vergleich mit früheren Höchstpreisen, insbesondere in der Niedrigzinsphase vor 3-4 Jahren. Beispielsweise erwartet eine Erbengemeinschaft oft den Preis, der ihnen damals von einem Entwickler angeboten wurde, obwohl die Marktlage inzwischen anders ist.

Viele Schweizer Immobilieneigentümer sind nicht gezwungen zu verkaufen und ziehen es vor, zu warten. Durch die zunehmend schwieriger werdende Finanzierung, bedingt durch Regelwerke wie Basel III, zeigt sich zudem, dass einige Marktteilnehmer sehr optimistische Bewertungsansätze verfolgen, oft auch nur um bestehende Finanzierungen zu verlängern.

So erhielten wir in den vergangenen Monaten über 400 Investitionsmöglichkeiten im Wert von mehr als 11 Milliarden Franken, ein Volumen, das im Durchschnitt der letzten fünf bis sechs Jahre liegt. Auch wenn die Anzahl der abgeschlossenen Transaktionen geringer war, ist das Transaktionsvolumen an sich nicht unbedingt geschrumpft. Angebot und Nachfrage haben sich schlichtweg noch nicht getroffen.

2.2. Was würde Ihrer Meinung nach ein erfolgreiches Transaktionsjahr 2025 ausmachen, und wie schätzen Sie das aktuelle Volumen im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie ein?

Ein gutes Transaktionsjahr 2025 würde vor allem durch mehr Sicherheit geprägt sein, denn Unsicherheit ist oft hinderlich. Ich denke, dass das Volumen vergleichbar mit der Zeit vor der Pandemie sein wird. Wir tracken kontinuierlich die bei uns eingehenden Opportunitäten und haben, volumenmässig, jährlich zwischen 20 und 24 Milliarden in der Schweiz gesehen. Auch während der Pandemie haben wir Transaktionen durchgeführt, obwohl Besichtigungen schwieriger waren. Unser globales Setup erwies sich dabei als äusserst vorteilhaft. In Italien konnten wir beispielsweise ein grosses Logistikportfolio kaufen, weil unsere italienischen Kollegen es besichtigen konnten, während andere Marktteilnehmer pandemiebedingt, nicht nach Italien einreisen konnten. Das war ein cooler Erfolg.

a. Haben virtuelle Besichtigungen während der Pandemie eine Rolle gespielt, und wie stehen Sie dazu im Immobilienbereich?

Ja, virtuelle Besichtigungen sind durchaus ein Thema geworden. Wir nutzen in anderen Bereichen Technologien wie Drohnen, um etwa in den nordischen Ländern grosse Waldflächen zu inspizieren. Das ist sehr spannend – von Drohnenaufnahmen bis zur genauen Qualitätsbegutachtung des Holzes vor Ort. Im Bereich Real Estate allerdings ist es dennoch unerlässlich, physisch vor Ort zu sein, um eine Immobilie final zu prüfen und zu kaufen.

2.3. Welche Faktoren (z. B. Zinsentwicklung, wirtschaftliche Unsicherheit, ESG-Regulierungen) könnten die Marktaktivität beschleunigen oder bremsen?

Die derzeitige Marktlage im Immobilienbereich ist von mehreren Faktoren geprägt, die sowohl beschleunigend als auch bremsend wirken können. Ein entscheidender Aspekt ist die Verfügbarkeit von Kapital: Derzeit besteht eine ungewöhnliche Situation, in der Eigenkapital deutlich leichter zu erhalten und „günstiger“ ist als Fremdkapital, was theoretisch wenig Sinn ergibt. Zahlreiche Investitionsgefässe sammeln erhebliche Mengen an Eigenkapital ein, manchmal sogar weit über den ursprünglich definierten Bedarf hinaus.

Ein weiterer Einflussfaktor ist der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB), der zwar oft als Preisschild für Geld fungiert, jedoch ist ebenso wichtig, wie viel Kapital tatsächlich verfügbar ist und wohin es fliesst. Dies verstehen viele Marktakteure noch nicht vollständig. Die rasanten Zinsreduktionen wirken alles in allem aber natürlich sehr beschleunigend.

Zusätzlich wirken eher hohe politische Unsicherheiten in der Schweiz hemmend – etwa mögliche Eingriffe ins bestehende Mietrecht aber auch die oft zitierten bürokratischen Bewilligungsverfahren und Auflagen. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten sind, vielleicht mit Ausnahme des starken Schweizer Franken, noch gut.

ESG-Regulierungen tragen viel zur Marktaktivität bei. Einerseits werden seit gut zwei Jahren viele „Nicht-ESG-konforme“ Objekte unter dem Motto der Portfoliobereinigungen am Markt angeboten – also beschleunigend. Andererseits kann es hier auch zu der bereits besprochenen Illiquidität oder zu grösseren Preisabschlägen für die Verkäufer kommen und damit dann wieder zu einem „bremsenden“ Faktor werden.

Ein wichtiger Faktor, der im Schweizer Immobilienmarkt für Aktivität, aber auch für die von Vielen geschätzte Stabilität führt, ist das eigenkapitalstarke Vorsorgesystem, das noch langfristig einen kontinuierlichen Anlagebedarf im Immobiliensektor haben dürfte. Diese Kontiunität führt zu einer tiefen Volatilität, so dass wir seit den 90er-Jahren keine „Immobilien-Schocks“ erleben mussten.

2.4. Gibt es bestimmte Käufergruppen oder Investorengruppen (z. B. institutionelle Investoren, Family Offices, ausländische Investoren), die besonders aktiv sind oder aktiver werden könnten?

Wir beobachten, dass in den letzten 24 Monaten vermehr institutionelle Investoren aktiv auf der Sell-Side waren. Einige mussten die Quoten anpassen, Fremdkapital zurückführen, oder hatten Kapitalabrufe. Jetzt hat der Wind wieder etwas gedreht. Viele haben, wie bereits erwähnt, im 2025 viel Kapital eingesammelt, das jetzt investiert werden soll. Unsere Organisation mit einem stetigen Anlagebedarf ist primär auf der Buy-Side aktiv. Auf der Sell-Side verkaufen wir hauptsächlich kleinere Immobilien-Objekte im Rahmen von Effizienzoptimierungen von bis zu 10 Millionen CHF. Solche Liegenschaften, die nicht mehr zu unserer Strategie passen, sind oft bei privaten Investoren (Einzelpersonen oder kleinere Unternehmen), die in der Regel einen hohen Bezug zum Standort der Liegenschaft haben, beliebt. Wir erzielen dort auch sehr gute Verkaufserfolge.

Beim Einkauf schauen wir Immobilien ab etwa 15 Millionen Investitionsvolumen pro Einzelobjekt in der ganzen Schweiz an (Einzugsgebiet: Gemeinden mit mind. 10‘000 Einwohnern). Am liebsten machen wir aber deutlich grössere Akquisitionen oder Projekte, da wir dort Effizienzgewinne sehen.

country road passing through mountains
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Kapitel 3

Rückblick: Charakterisierung des Schweizer Immobilientransaktionsmarktes der letzten Jahre

Der Schweizer Immobilienmarkt blieb stabil, beeinflusst von ESG-Vorgaben, Zinssätzen und pandemiebedingten Arbeitsmodelländerungen.

3.1. Wie lässt sich die Entwicklung des Schweizer Immobilientransaktionsmarktes in den letzten fünf Jahren charakterisieren, welche Faktoren haben ihn besonders beeinflusst, und welche markanten Wendepunkte und Entwicklungen bestimmen die aktuelle Marktlage sowie wirken fort?

In den vergangenen fünf Jahren zeigte sich der Schweizer Immobilientransaktionsmarkt als relativ stabil, insbesondere im Vergleich zu internationalen Märkten, die deutlich grössere Schwankungen erlebten. Während beispielsweise in den USA Objekte zu wesentlich niedrigeren Preisen gehandelt wurden, blieben die Transaktionen in der Schweiz von extremen Preisausschlägen weitgehend verschont. Dennoch waren einige Segmente mehr betroffen als andere, insbesondere der Bürosektor, der leichte Einbussen verzeichnete und dessen Renditen infolge der Marktbewegungen attraktiver geworden sind.

Beeinflussende Faktoren waren unter anderem ESG-Vorgaben sowie geopolitische und lokale Unsicherheiten, wie bereits eingangs erläutert. Auch die Inflation spielte eine Rolle, wurde jedoch zunächst weniger stark wahrgenommen als die Zinswende – ein zentraler Wendepunkt, der den Schweizer Immobilienmarkt in dieser Zeit entscheidend geprägt hat. Die steigenden Zinssätze wurden von der breiten Öffentlichkeit intensiv wahrgenommen und leiteten eine Phase der Veränderung ein, die sich durch alle Bereiche des Marktes zog. Parallel dazu wirkte die Corona-Pandemie als Katalysator für strukturelle Neuausrichtungen – insbesondere im Büromarkt mit den Home-Office-Regelungen. Die zunehmende Etablierung hybrider Arbeitsmodelle hat die Nachfragestruktur verändert: Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Büroflächen so attraktiv zu gestalten, dass Mitarbeitende motiviert werden, ins Büro zurückzukehren. Dabei gewinnt die Lage nochmals an Bedeutung – während Zürich und Genf als führende Bürostandorte gelten, gestaltet sich der Markt in Städten wie Basel deutlich schwieriger, mit teils grossen Unterschieden in der Nachfrage in einzelnen Lagen.

Insgesamt verändert die anhaltende Anpassung an neue Arbeitsmodelle die Rahmenbedingungen am Markt nachhaltig. Die langfristige Verlagerung hin zu mehr Flexibilität und weniger physischer Präsenz am Arbeitsplatz gilt als bleibender Trend. Unternehmen stehen dabei vor dem Spannungsfeld, eine Balance zwischen Remote-Arbeit und physischer Büroanwesenheit zu finden – insbesondere um Teamkultur zu fördern und informelles Lernen zu ermöglichen, das bei Berufseinsteigern im rein virtuellen Umfeld oft verloren geht. Die Förderung dynamischer und kohäsiver Teams bleibt somit eine zentrale Herausforderung, die den Markt auch in den kommenden Jahren begleiten wird.

Davos, Aerial view of Lake Davos in summer, Switzerland
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Kapitel 4

Herausforderungen im Transaktionsprozess

Transparente Kommunikation und eine gründliche Vorbereitung sind entscheidend für den Transaktionserfolg trotz volatiler Rahmenbedingungen.

4.1. Welche Faktoren stellen derzeit die grössten Herausforderungen für Immobilientransaktionen sowohl markt- als auch prozessseitig dar?

Marktseitig sind insbesondere die Finanzierungsbedingungen ein bedeutender Faktor, auch wenn sie für einige Akteure, die mit wenig Fremdkapital arbeiten, weniger relevant sind. Eine weit grössere Herausforderung stellt die Bewertung von Immobilien dar, da oft alte oder unzutreffende Bewertungen zur Orientierung herangezogen werden, was die Preisfindung unter den Parteien erschwert. Dies wird problematisch, wenn Verkäufer Preisvorstellungen auf Basis veralteter Zahlen haben, die nicht mehr mit der aktuellen Marktdynamik übereinstimmen. Prozessseitig sind die unzureichende Vorbereitung und Durchführung von Due-Diligence-Prüfungen ein zentrales Thema. Fehlerhafte Unterlagen, wie zum Beispiel inkorrekte Mieterspiegel, führen zu Unsicherheiten und potenziellen Preisnachverhandlungen. Die Wichtigkeit einer gründlichen Vorbereitung und der Einfluss auf das Transaktionsergebnis wird häufig unterschätzt.

4.2. Wie gelingt es Ihnen, Preisabschläge aufgrund von Due-Diligence-Erkenntnissen oder Marktentwicklungen – wie etwa Zinsanpassungen – in Verhandlungen durchzusetzen, und wo zeigen sich dabei Unterschiede zwischen Asset-Klassen oder Regionen?

Der Schweizer Markt ist klein, und man trifft sich hier eher dreimal als zweimal. Bei Due-Diligence-Erkenntnissen und entsprechenden Preisabschlägen oder Anpassungen suchen wir den transparenten Dialog mit der Gegenpartei oder deren Beratern. Beispielsweise, wenn der Mieterspiegel der Verkäuferschaft fälschlicherweise mit der Formel für Quartalsmieten multipliziert wurde, kommunizieren wir dies offen und unmittelbar, anstatt bis kurz vor dem Notariatstermin abzuwarten und den Betrag dann vom Kaufpreis abzuziehen. Wenn dieser offene Dialog professionell im Voraus geführt wird, erkennen die meisten Parteien die Notwendigkeit von allfälligen Preisanpassungen an.

Ein weiteres Beispiel: Wir befanden uns in einer Transaktion mit sehr professionellen Privatinvestoren, als die SNB die Zinsen stark erhöhte. In diesem Fall suchten wir das Gespräch, überprüften den Einfluss der Zinsanpassung, nahmen eine Preiskorrektur im Angebot vor und erklärten transparent das Ergebnis. Der korrigierte Preis war nachvollziehbar, und der Deal konnte erfolgreich abgeschlossen werden.

a. Wie wichtig sind klare Kommunikationsprozesse und Transparenz in der aktuellen Marktphase, um Transaktionen trotz volatiler Rahmenbedingungen erfolgreich zum Abschluss zu bringen?

In der aktuellen Marktphase haben sich Verhandlungen zwar etwas verlängert, jedoch nicht zwangsläufig zu mehr gescheiterten Transaktionen geführt. Ein Beispiel dafür ist eine Transaktion mit einem Family Office Ende letzten Jahres. Das Family Office plante eine Neustrukturierung und wollte die Transaktion bis Jahresende abschliessen. Durch klare und transparente Kommunikation über die Preisvorstellungen und den Ablauf konnten die Rendite-Preis Erwartungen beider Parteien frühzeitig abgeklärt werden, was den erfolgreichen Abschluss der Transaktion unterstütze. Diese Vorgehensweise unterstreicht die Bedeutung von Klarheit und Offenheit im Verhandlungsprozess, was beiden Parteien ermöglichte, ihre Ressourcen effektiv zu nutzen.

b. Gab es vermehrt Rücktritte von Kauf- oder Verkaufsinteressenten oder Anpassungen in den Vertragsbedingungen?

Es gab kaum Transaktionsabbrüche in der Phase der Vertragsverhandlungen. In dem Stadium sollten die Bedingungen und Anforderungen grundsätzlich klar sein. Je besser eine Transaktion vorbereitet wurde, desto weniger sollte es in den Verträgen zu „diskutieren“ geben. Neben dann etablierten Klauseln sind es oft Due-Diligence-Erkenntnisse, die es dann noch zu Regeln gilt. Ein fairer Preis geht in der Regel einher mit einer symmetrischen Risikoverteilung. Wenn ein Verkäufer den „Fünfer und das Weggli“ will, dann findet man halt eher weniger einen gemeinsamen Nenner.

Trees Installation On A Skyscraper Of New York City, USA
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Kapitel 5

Marktumfeld & Wettbewerbslandschaft

Der Wettbewerb unter Investoren bleibt dynamisch: Internationale Akteure stärken Liquidität und bieten Renditechancen in weniger gefragten Segmenten.

Wettbewerb unter institutionellen Investoren

5.1. Wie erleben Sie derzeit den Wettbewerb unter institutionellen Investoren – insbesondere im Hinblick auf Verkaufsstrategien und Preisrealismus im Markt?

Der Wettbewerb unter institutionellen Investoren ist vielfältig. Selbstverständlich gibt es die eine oder andere etablierte Beziehung zwischen gewissen Marktteilnehmern aus den verschiedensten Segmenten. Allgemein ist der Markt jedoch sehr divers und unterliegt sogenannten Wellenbewegungen. Beispielsweise haben in den letzten Jahren viele Versicherungen Assets verkauft, um Kapitalmarktanforderungen zu erfüllen oder die Kapitalkosten zu optimieren. Diese Phase war geprägt von Verkäufen unter konkreten und realistischen Preisvorstellungen, oft mit Assets von hoher Qualität. Andererseits traten auch viele Fonds mit hohen Beleihungswerten und Bewertungen auf, mit dem Ziel weniger attraktive Vermögenswerte zu verkaufen – eine Kombination, die selten Erfolg verspricht.

a. Gibt es noch echte Bieterwettbewerbe oder dominieren bilaterale Verhandlungen?

Bilaterale Verhandlungen kommen durchaus vor, da wir beispielweise als sehr zuverlässiger und professioneller Partner angesehen werden, der einen Kauf schnell und kompetent durchziehen kann. Auf der Verkaufsseite müssen wir als Vermögensverwalter einen gewissen Wettbewerb generieren, ähnlich einem Procurement im Einkaufsprozess. Aktuell hat der direkte Austausch unter Marktteilnehmern wieder etwas angezogen, da gewisse Bestandeshalter ihre Portfolios mit Swaps optimieren möchten (z.B. nach Nutzung oder Regionen). Solche Swaps klappen jedoch sehr selten, da die Interessenlagen der Parteien oft schwer in Einklang zu bringen sind.

b. Hat sich das Investorenverhalten hinsichtlich Risikobereitschaft oder Renditeerwartungen spürbar verändert?

Das Verhalten von Investoren hat sich im gegenwärtigen Marktumfeld insofern geändert, als dass viele nun ihre strategischen und taktischen Allokationen anpassen oder angepasst haben. Institutionelle Investoren sind dabei immer wieder bemüht, ihre Portfolio-Kennzahlen zu optimieren, etwa in Bezug auf Wohn- oder Büroanteile, wobei sie gleichzeitig die Risiken aus fossilen Energieträgern minimieren. Als Multi-Asset-Manager haben wir in den globalen Marktverwerfungen der letzten Jahre auch das Momentum in anderen Anlageklassen wie z.B. Real Estate Private Debt genutzt und mit unserer Plattform für die Anleger attraktive Renditen erzielt. Es gab wieder „Alternativen“ zur Direktimmobilie und damit ist unsere Zahlungsbereitschaft „risikoadjustiert“ gesunken. Wie aber bereits gesagt, der Schweizer Immobilienmarkt ist da in der Preisfindung eher etwas träge und orientiert sich meines Erachtens etwas zu wenig an den Kapitalmärkten.

Rolle internationaler Investoren

5.2. Wie verändert sich die Rolle ausländischer Investoren im Schweizer Immobilienmarkt, insbesondere in Bezug auf Risikoprofil, Standortfokus und ihre Bedeutung für die Marktliquidität?

Ausländische Investoren spielen weiterhin eine wichtige Rolle im Schweizer Immobilienmarkt, insbesondere in Bereichen, die für lokale Investoren weniger attraktiv bzw. weniger nachgefragt sind, wie etwa Gewerbeimmobilien in B- und C-Standorten. Solche Investitionen bieten häufig attraktive Renditen und langfristiges Wertschöpfungspotenzial ("Value-Add"). Diese internationalen Akteure tragen zur Liquidität bei und unterstützen somit die Marktstabilität, was eine Verschärfung der Lex Koller aus dieser Perspektive nicht sinnvoll erscheinen lässt. Eine Abwertung in diesen Segmenten wäre vorprogrammiert und wenn man bedenkt, dass viele KMU-Betriebe in der Schweiz ihre Immobilien quasi für «Betriebskredite» belehnen, könnte dies gravierende Auswirkungen auf die KMU-Landschaft in der Schweiz haben. Für die ausländischen Akteure ist die wirtschaftliche Stabilität interessant, aber die Währungsabsicherung ist bei den verhältnismässig tiefen Renditen in der Schweiz für viele eine Herausforderung.

5.3. Wie beeinflussen internationale Kapitalflüsse und geopolitische Entwicklungen den Schweizer Markt?

Internationale Kapitalflüsse und geopolitische Entwicklungen haben einen kontinuierlichen Einfluss auf den Schweizer Markt. Viele ausländische Investoren müssen den Wechselkurs und damit verbundene Risiken berücksichtigen, was ihre Investitionsentscheidungen massgeblich beeinflusst. Das finanzielle Umfeld, insbesondere hinsichtlich Inflation und Refinanzierungskosten, spielt eine entscheidende Rolle bei ihren Risikoanpassungen. Da die Schweiz eine kleine (aber effiziente) Volkswirtschaft ist, können solche internationalen Bewegungen die Art und Weise, wie Investitionen getätigt werden, erheblich beeinflussen. Für global agierende Investoren ist ein grosser «Nachteil» der Schweiz, dass der Markt so klein und kompetitiv ist. Wir haben bei AXA IM den Luxus, dass wir hier ein kompetentes lokales Team vor Ort haben, aber andere Grossinvestoren können sich mit ihren Anlagevolumen nicht auf die Schweiz fokussieren. Die möglichen Deals hier sind oft zu klein für die grossen Investitionssummen auf dem internationalen Parkett.

Looking directly up at the skyline of the financial district in central London
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Kapitel 6

Prozessseitige Perspektive: Buy Side vs. Sell Side

Gründliche Vorbereitung und realistische Preisvorstellungen sind essenziell in Transaktionen – ESG-Kriterien gewinnen an Bedeutung.

6.1. Welche «Stolpersteine» treten aus Ihrer Sicht am häufigsten im Transaktionsprozess auf der (i) Buy-Side bzw. der (ii) Sell-Side auf?

Auf der Sell-Side können unrealistische Preisvorstellungen den gesamten Prozess erschweren und zu ineffizienten Abläufen oder Verzögerungen führen. Daher ist es entscheidend, bereits zu Beginn realistische Einschätzungen zu haben und eine präzise strategische Planung vorzunehmen. Sowohl auf der Buy-Side als auch auf der Sell-Side ist die Transaktionsvorbereitung die grösste Herausforderung, um spätere Überraschungen und Verzögerungen im Prozess zu vermeiden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der ebenfalls beide Seiten betrifft, ist die Wahl der richtigen Berater. So kann beispielsweise ein spezialisierter Anwalt, der sich auf Immobiliengeschäfte konzentriert, den Prozess erheblich vereinfachen – im Gegensatz zu einem Familienanwalt, der bei der Gegenpartei viele unterschiedliche Belange abdeckt, aber die spezifische Transaktionserfahrung fehlt.

Ein zusätzlicher Aspekt der Transaktionsvorbereitung ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien. Die Investoren auf der Käuferseite benötigen diesbezüglich immer mehr Informationen, um auch ihre steigenden Anforderungen zu erfüllen. ESG-Daten oder auch Zertifikate können die Marktposition eines Assets verbessern und zu einer erhöhten Zahlungsbereitschaft und damit zur Preismaximierung führen. Bei AXA IM arbeiten wir sowohl mit internen Fachpersonen als auch mit externen Beratern an ESG-Strategien, -Einschätzungen und deren Umsetzung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Sowohl auf der Buy-Side als auch auf der Sell-Side ist eine gründliche Vorbereitung von entscheidender Bedeutung. Es ist besser, zu Beginn ausreichend Zeit für die Vorbereitung zu investieren, als später Fristen verschieben zu müssen oder ungemütliche DD-Findings zu haben, was den gesamten Prozess negativ beeinflussen kann.

Zurich old town by the Limmat river on a sunny summer day in Switzerland largest cit
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Kapitel 7

Transaktionsstrategie, Deal-Sourcing & Fokus von AXA IM

Effiziente Transaktionen basieren auf strategischer Planung: Chancen durch Umzonierungen werden aufgrund des lokalen politischen Umfelds als eher begrenzt angesehen.

7.1. Wie viele Transaktionen haben Sie in den letzten Jahren abgeschlossen, und welche Herausforderungen haben Sie dabei erlebt?

In den letzten sechs Jahren haben wir bei AXA IM Schweiz über 200 Transaktionen im Wert von über 6.8 Milliarden Franken abgeschlossen. Jede Transaktion hatte ihre eigenen Eigenheiten und Herausforderungen. Häufig waren wir mit komplexen Deal-Strukturen konfrontiert, insbesondere in kompetitiven Märkten. Kurzum, je kompetitiver das Umfeld ist, desto komplexer wird die Deal-Struktur. Eine der Herausforderungen war, dass gewisse Deals an Tax-Rulings scheiterten, die verkäuferseitig nicht durchgesetzt werden konnten. Daher, je besser die Vorbereitung, desto reibungsloser verläuft der Prozess für Käufer und Verkäufer. Die Erfahrung zeigt auch, dass am Schluss die «einfachen» Asset Deals oft zum besten «Preis-Leistungs-Verhältnis» führen.

7.2. Gibt es bestimmte Deal-Strukturen, die Sie nicht berücksichtigen, und wie handhaben Sie Sale & Lease Back Transaktionen?

Wir schliessen grundsätzlich Minderheitsanteile aus, sonst sind wir für alles offen. Sale & Lease Back Transaktionen sind in letzter Zeit rarer geworden, könnten aber wieder an Bedeutung gewinnen als alternatives Finanzierungsmittel. Wir finden sie interessant, aber wichtig ist natürlich die Qualität vom Mieter und die Charakteristiken der Liegenschaft (zonen- und gebäudespezifisch) – Mehrmieterfähigkeit und alternative Nutzungsmöglichkeiten. Oft sind Berater, wie Steuerexperten, an solchen Transaktionen beteiligt, besonders bei KMUs. Bei Nachfolgeregelungen kommt es z.B. vor, dass die Mitarbeiter für den Management-Buy-Out vom alten Patron nicht die Mittel haben, den ganzen Betrieb inkl. Liegenschaft zu übernehmen. Wir könnten dabei die Liegenschaft übernehmen und so eine Nachfolgeregelung überhaupt erst ermöglichen.

7.3. Wie ist Ihr Prozess für Transaktionen aufgebaut und wie schnell können Entscheidungen getroffen werden?

Unser Prozess ist effizient gestaltet. Jede Transaktion wird von einem Team aus Experten im Bereich Transactions, Asset Management und Development & Construction bearbeitet. Es finden wöchentlich sowohl lokale als auch globale Investment Committees (IC) statt, was uns erlaubt, schnelle Entscheidungen zu treffen. Wenn alles reibungslos verläuft und die Datenlage gut vorbereitet ist, können wir im Fast-Track-Prozess binnen drei Wochen eine Transaktion grundsätzlich abschliessen. Wir machen fast alles In-House (inkl. eigener Rechts- und Steuerabteilung), was uns zusätzliches Tempo verleiht. Alle ziehen dabei an einem Strick und wir haben einen gemeinsam definierten Businessplan für jedes Asset.

Identifikation attraktiver Opportunitäten

7.4. Wie identifizieren Sie derzeit vielversprechende Investitionsmöglichkeiten, und welche Rolle spielen Netzwerke, Makler oder strukturierte Ausschreibungen im Vergleich zu früheren Jahren?

Wir bekommen viele Opportunitäten zugestellt, auch durch aktives Netzwerkmanagement. Unsere Mitarbeiter sind instrumental in der Pflege von branchenübergreifenden Kontakten, und das zahlt sich aus. Obwohl die Mehrheit der Deals von Maklern, Beratern und Anwälten kommt, kann strategisches Engagement unserer eigenen Mitarbeitenden (persönliche Netzwerke) bei bestimmten Objekten auch der Schlüssel zu besseren Ergebnissen sein. Wir haben auch schon Experimente bei Sourcing-Kanälen gemacht. Bei Immobilienverkäufern handelt es sich aber oft noch nicht um eine Social-Media-Affine Zielgruppe. Das über die Jahre aufgebaute persönliche Netzwerk und unsere Reputation als verlässlicher und professioneller Partner sind aber Schlüsselfaktoren.

Strategische Kriterien und Herausforderungen bei Umnutzungsprojekten und Investitionen

7.5. Welche spezifischen Kriterien bewerten Sie bei der Auswahl von Immobilien für Umnutzungsprojekte, und wie berücksichtigen Sie Faktoren wie bauliches Potenzial, Zonenrecht und Nachhaltigkeitsaspekte in Ihrer Entscheidungsfindung?

Unsere Herangehensweise konzentriert sich weniger auf spezifische Arten von Immobilien, sondern darauf, ob ein Deal insgesamt sinnvoll bzw. attraktiv ist. Wir schauen hauptsächlich darauf, was wir aus einem Objekt machen können, und prüfen die baulichen und zonenrechtlichen Möglichkeiten. Die Umnutzung in Wohnraum war in den letzten Jahren besonders erfolgreich, und wir haben mehrere laufende Projekte in Städten wie Basel, Bern und Genf. Zentrale Kriterien sind die Lage und das Potenzial eines Gebäudes – sei es ein Büro, Hotel oder Gewerbeobjekt – es muss vielseitig einsetzbar sein. Wichtig ist das Gebäude- und Zonenrecht vor Ort. Bei der Entscheidung spielen auch die in der Immobilie verbaute Substanz eine Rolle, da wir im Sinne der Kreislaufwirtschaft möglichst viel davon erhalten wollen. Wenn ein Gebäude unvorteilhaft konstruiert ist, etwa als schwer umwandelbare Logistikimmobilie in Massivbeton über mehrere Geschosse, zögern wir eher.

7.6. Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, stark abgeschriebene Immobilien zu erwerben, zu sanieren und aufzuwerten, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeitsziele und strategische Ausrichtung?

Ja, das kommt durchaus in Betracht, sofern gewisse Rahmenbedingungen erfüllt sind. Solche Objekte müssen mittel- bis langfristig positiv zu unseren strategischen Zielen beitragen, insbesondere was die Emissionsreduzierung und die Kapitalverzinsung betrifft. Wenn man sich z.B. Zwischenziele definiert, dass die Portfolio-Emissionen um einen bestimmten Prozentsatz reduziert werden sollen, dann muss auch bei jeder Akquisition der Einfluss darauf analysiert werden. Wenn ein Objekt aufgrund von einer fehlenden Infrastruktur in der Region (z.B. keine geplante Anbindung an Fernwärme) oder aus technischer Sicht keine ökonomische CO2-neutrale Wärmeerzeugung zulässt, ist dies in der Regel ein Ausschlusskriterium. Die finanziellen Anforderungen und die Nachhaltigkeitsaspekte müssen durchdacht in die Anlagestrategie integriert werden. Solche Massnahmen sind in der Preisfindung zu berücksichtigen und erfordern eine sorgfältige Planung und Umsetzung, damit sie langfristig den übergeordneten Zielen dienen. Leider habe ich noch nicht so viele stark abgeschriebene Immobilien auf dem Markt gesehen.

7.7. Wie schätzen Sie die Chancen und Herausforderungen bei zukünftigen Umzonierungen ein, insbesondere im Hinblick auf lokale politische Gegebenheiten und mögliche zusätzliche Anforderungen wie gemeinnützigen Wohnraum?

Die Chancen für Umzonierungen in der Zukunft werden eher als begrenzt angesehen, obwohl sie an vielen Standorten extrem sinnvoll wären. Eine Flexibilisierung der Zonenregelungen könnte helfen, mehr Wohnraum zu schaffen, dies trifft jedoch bekanntlich häufig auf Widerstand. Das grösste Risiko liegt im lokalen politischen Umfeld, wo Gemeinden oder Interessensgemeinschaften mit zusätzlichen politischen Forderungen aufwarten, die nicht vorgeschrieben sind. Ich habe z.B. nichts gegen die Schaffung von gemeinnützigem Wohnraum oder Ähnlichem, solange die Rahmenbedingungen klar und für alle gleich sind. Im Moment herrscht meines Erachtens aber oft eine gewisse Willkür und vieles ist für Eigentümer unberechenbar. Themen wie die Höhe der Mehrwertabgabe bei Auf- oder Umzonierungen, der allfällige Anteil von gemeinnützigem Wohnraum bei Grundstücken mit einer Gestaltungsplanpflicht, die Höhe der Mieten beim gemeinnützigen Wohnraum und vieles mehr sind Faktoren, die in einen Investitionsentscheid einfliessen. Wir müssen die uns anvertrauten Vorsorgegelder verantwortungsbewusst investieren und unseren Anlegern bei der Pensionierung monatlich eine adäquate Rente auszahlen können. Wenn die Auflagen zu hoch und der Ausgang eines Bauvorhabens im Vorfeld nicht abschätzbar sind, dann wird auch kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen.

Ich hoffe, dass wir bald wieder einen konstruktiven Dialog über die Schaffung von Wohnraum führen können. Es wäre für uns als Gesellschaft wünschenswert, dass wir uns auf die altbewährte Rechtssicherheit in der Schweiz zurückbesinnen und somit wieder mehr Planbarkeit gewährleisten.

Vielen Dank für das Gespräch.


Real Estate Spotlight 2025

Der Schweizer Immobilienmarkt ist derzeit von fallenden Zinssätzen und einer wachsenden Betonung von ESG-Kriterien geprägt. Im Jahr 2025 sind die Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung insbesondere im Hotelsektor besonders stark. Dennoch bestehen kritische Herausforderungen bei der genauen Bewertung von gelisteten Gebäuden sowie bei der Bewältigung komplexer rechtlicher und steuerlicher Fragen.

Modern glass building with impressive reflection of the blue sky in the city

Zusammenfassung

Der Schweizer Immobilienmarkt bleibt stabil aufgrund solider Fundamentaldaten und lokaler Einflüsse, trotz globaler Unsicherheiten. Wohnimmobilien gewinnen an Attraktivität, während der Bürosektor von strategischen Standortvorteilen profitiert. ESG-Anforderungen verändern die Investitionsstrategien, wobei Nachhaltigkeit und Risikomanagement zentral werden. Regulatorische Vorgaben und politische Unsicherheiten beeinflussen den Markt, insbesondere die Dekarbonisierung bestehender Gebäude. Internationale und institutionelle Investoren spielen weiterhin eine wichtige Rolle, während Logistikimmobilien eine kleinere Nische bleiben. Der Markt zeigt wenig Volatilität, unterstützt durch ein eigenkapitalstarkes Vorsorgesystem. Herausforderungen bestehen in der Preisfindung und bei Transaktionsprozessen, doch klare Kommunikation und Strategie bleiben entscheidend.

Danksagung

Wir danken Annabell Nachbaur MRICS und Marc Fischer für ihre wertvollen Beiträge zu diesem Artikel.


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