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Green Lease – ein nachhaltigkeitsbezogenes Instrument mit bisher unausgeschöpftem Potenzial


Green Leases verankern Nachhaltigkeit im Mietvertrag – für mehr Effizienz, soziale Verantwortung und zukunftsfähige Immobilien.

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Im Überblick

  • Green Leases verankern Nachhaltigkeit im Mietvertrag und fördern ökologische, soziale und wirtschaftliche Verantwortung beider Parteien.
  • In der Schweiz noch selten, können Green Leases durch klare Ziele, Daten­transparenz und Kosten­aufteilung zur Win-win-Lösung für Mieter & Vermieter werden.
  • Der Trend geht zum «Responsible Lease», der zusätzlich soziale und Governance-Aspekte berücksichtigt – ein potenzieller Gamechanger im Markt.

Der «Green Lease» verankert nachhaltige Praktiken in Mietverträgen und fördert so ökologische, soziale und wirtschaftliche Faktoren für die Mieter- und Vermieterschaft. Diese Verträge sind ein entscheidendes Instrument, um den steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen über Energieeffizienz hinaus gerecht zu werden.

Nachhaltigkeit ist bereits seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Immobilienbranche. Ein Grund dafür kann die Ambition der Mieter- und/oder Vermieterschaft sein: Sie legen aus altruistischen Gründen Wert auf Nachhaltigkeit. Die rechtliche Lage ist ein weiterer Anreiz. Während der Bund mit dem Energiegesetz und dem Stromversorgungsgesetz den Karotten-Ansatz durch die gezielte Förderung von energetischen Gebäudesanierungen bzw. Photovoltaik gewählt hat, greift er mit CO2-Abgaben zur Peitsche. Mehrere Kantone verbieten zwischenzeitlich teilweise fossile Energieträger. Ein weiterer Faktor für Nachhaltigkeit ist die positive Nutzen-Kosten-Bilanz der Parteien des Mietverhältnisses: Energieeffiziente Gebäude erfordern im Allgemeinen höhere Kapitalinvestitionen von den Eigentümern, können jedoch zu einem höheren Mietpreis angeboten werden. Die tieferen operativen Kosten kommen der Mieterschaft zugute.

Wie eine Studie des internationalen Immobilienberatungsunternehmens JLL1 aus dem Jahr 2023 zeigt, übersteigt die globale Nachfrage nach Gebäuden, welche im Betrieb Netto-Null-Emissionen aufweisen, das Angebot bei weitem. Am Beispiel Europas stehen in London, Paris und Berlin mit insgesamt 2.05 Mio. Quadratmeter hierfür geeignete Gebäude nicht einmal die Hälfte der nachgefragten Fläche zur Verfügung. In den USA übersteigt die Nachfrage das Angebot um gar das 13-Fache.

Ein Instrument zur Verankerung nachhaltigkeitsbezogener Aspekte in Mietverhältnissen sind Vertragsbestimmungen unter der neudeutschen Bezeichnung «Green Lease» (also grüner Mietvertrag). In Ländern wie Grossbritannien, den USA und Australien sind solche Mietklauseln seit knapp 20 Jahren in Geschäftsmietverträgen üblich. In der Schweiz sind entsprechende Bestimmungen deutlich jünger und finden nur vereinzelt Eingang in den kommerziellen Mietverträgen.

Wie die Bezeichnung verrät, befasst sich ein «Green Lease» typischerweise mit Umweltaspekten (also mit dem «E» in «ESG»). In der Schweiz lassen sich den Mietverträgen GEAK- oder Minergie-zertifizierter Gebäude insbesondere Bestimmungen in Bezug auf die operative Nutzung hinsichtlich der Erhebung und des Austausches von Verbrauchsdaten für Wasser, Strom und Heizung sowie des Bezugs erneuerbaren Energien, des Konzepts für Abfalltrennung und -reduktion, der Nutzung umweltschonender Reinigungsmittel sowie grüner Mobilität entnehmen. Für die Instandhaltung und Sanierung sind Vorgaben hinsichtlich der Verwendung emissionsarmer oder umweltfreundlicher Baustoffe üblich.

Solche Klauseln werden in der Regel bei der Erstvermietung eines Gebäudes oder nach umfangreichen energetischen Renovierungen eingeführt. Das Bauen nach hohen Energiestandards ermöglicht es den Eigentümern oft, Steuerbefreiungen zu erhalten bzw. den Marktwert ihrer Immobilie zu erhöhen (siehe nächster Abschnitt). Nun beziehen sich einige dieser Umweltzertifizierungen nicht nur auf den Bau-/Renovierungsprozess, sondern auch auf den operativen Lebenszyklus des Gebäudes, für den strenge Regeln festgelegt werden, z. B. in Bezug auf den Energieverbrauch (Minergie A oder BREEAM). In diesem Fall ist es wichtig, dass der Mieter die vom Label gestellten Anforderungen einhält, damit das Gebäude seine Zertifizierung nicht verliert (was sich auf den Marktwert des Gebäudes auswirken würde, siehe wiederum den nächsten Absatz).

Im progressiveren Ausland gehören solche Bestimmungen zum Minimalstandard des «Green Lease». Gängiger sind Klauseln, welche eine angemessene Reaktion auf die aktuellen nachhaltigkeitsbezogene Markterwartungen für die nächsten Jahre gewährleisten. Marktführer verstehen die Langfristigkeit von Mietverhältnissen und wenden Klauseln an, welche Ziele über 2030 hinaus unterstützen. Der wirtschaftliche Aspekt dieser Klauseln darf ebenfalls nicht vernachlässigt werden, und Investoren werden sich zunehmend des langfristigen wirtschaftlichen Werts dieser Klauseln bewusst: Ein Gebäude mit einer besseren Energieeffizienz und einer genauen Überwachung der verschiedenen Verbrauchsparameter ist heute sehr begehrt, was seinen Marktwert erhöht.

Massnahmen zur Minderung der mit dem Liegenschaftsbetrieb verbundenen Umweltauswirkungen erscheinen als naheliegend – laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) sind Gebäude in der Schweiz für etwa ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich2. In einem «Green Lease» können jedoch auch andere nachhaltigkeitsbezogene Aspekte berücksichtigt werden. Auf der internationalen Bühne ist eine Transition Richtung «Green Lease 2.0» spürbar. Der veraltete Fokus auf ein statisches, während der Vertragsverhandlungen festgelegtes Pflichtenheft, welches vor allem grundlegende grüne Ambitionen (Energie, Wasser, Abfall) abdeckt und im Sinne einer Compliance-Übung zwangsmässig abgehäkelt werden muss, wird abgelöst durch Kosteneinsparungen dank Kooperation, Kollaboration und Co-Investitionen vor dem und während der ganzen Dauer des Mietverhältnisses. Messbare Leistungsindikatoren, welche mittels technischer Datenerhebung transparent offengelegt werden, stehen im Vordergrund. Fokus wird auf erweiterte Umweltbelange, wie Kreislaufwirtschaft und Klimaresilienz, sowie auf Sozial- und Governance-Aspekte (also das «S» und «G» in «ESG»), gelegt. Bei kommerziellen Liegenschaften stehen beispielsweise Gesundheit und Wohlbefinden (namentlich Massnahmen zur Verbesserung der Innenraumqualität, wie gute Luftqualität, angemessene Temperaturregelung und Lärmminderung) oder Gemeinschaftsengagement (beispielsweise Zusammenarbeit mit NGOs, um lokale Gemeinschaften zu unterstützen). So werden die grünen Mietverträge zu Verantwortungsbewussten («responsible»).

Fazit

Die Entwicklungen im Ausland können in der Schweiz als Inspiration dienen, um das volle Potential von Mietklausen mit Nachhaltigkeitsbezug auszuschöpfen. Der Anreiz übersteigt die Ambition, denn «Green Leases» können und sollen für beide Parteien eines Mietverhältnisses von Vorteil sein. Durch eine gerechte Kostenaufteilung profitieren sowohl Mieter- als auch Vermieterschaft von Kapitalinvestitionen, welche die operative Effizienz verbessern und/oder negative Emissionen reduzieren. Ferner tragen nachhaltige Gebäude zur Minimierung der klima- und umweltbedingten Transitionsrisiken bei (Stichwort: CO2-Steuer). Der «Responsible Lease» geht sogar über den «Green Lease» hinaus, indem nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte und Governance-Aspekte berücksichtigt werden. Davon profitieren in der Regel auch weitere Anspruchsgruppen, wie die Arbeitnehmenden der Mieterschaft. So kann der «Green Lease» bzw. der «Responsible Lease» bei der Vermietung eines Gebäudes oder beim Verkauf eines Mietobjekts zum ausschlaggebenden Differenzierungsmerkmal werden.

Real Estate Spotlight 2025

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Zusammenfassung

Der Artikel beleuchtet die wachsende Bedeutung von «Green Leases» als Instrument zur Förderung nachhaltiger Praktiken in Mietverhältnissen. Während sie international bereits etabliert sind, steckt ihre Anwendung in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. Green Leases ermöglichen es, ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele vertraglich zu verankern und bieten Vorteile für Mieter- und Vermieterschaft. Die Entwicklung geht hin zum «Responsible Lease», der auch soziale und Governance-Aspekte einbezieht. Erfolgsentscheidend sind klare, messbare Ziele, transparente Datenerhebung und eine faire Kostenaufteilung – so wird Nachhaltigkeit zu einem echten Mehrwert in der Immobilienbewirtschaftung.


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