Zwei Business-Personen beim Handschlag in einer modernen Büroumgebung mit Lounge-Bereich

Korruption in Unternehmen: Wie Korruption in der Privatwirtschaft entsteht und was Sie dagegen tun können

Korruption betrifft nicht nur die Politik, sondern ist auch in Unternehmen ein reales Risiko – mit potenziellen rechtlichen und finanziellen Folgen. Lesen Sie, welche Präventionsmaßnahmen wirken, wie Sie im Ernstfall richtig reagieren und wie Sie Haftungsrisiken als Führungskraft vermeiden.


Überblick

  • Korruption betrifft nicht nur die Politik, sondern ist auch in der Privatwirtschaft ein reales Risiko, insbesondere in Abteilungen mit Kontakt zu externen Ansprechpersonen, wie Vertrieb oder Einkauf.
  • Strafrechtliche Konsequenzen können nicht nur korrupte Mitarbeitende treffen, sondern auch die Unternehmen, die sie beschäftigen.
  • Zentrale Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung und Vorbeugung sind klare Richtlinien, eine gelebte Kultur der Transparenz und umfassende Sensibilisierung der gesamten Belegschaft.
  • Der US-amerikanische Foreign Corrupt Practices Act wurde durch US-Präsident Donald Trump für sechs Monate ausgesetzt.

Wie entstehen korrupte Muster in Unternehmen und welche Maßnahmen helfen präventiv, um die Firma sauber und integer zu führen? Welche Konsequenzen erwarten Sie als Führungskraft, wenn ein Korruptionsfall aufgetreten ist? Von der Prävention über den eingetretenen Ernstfall bis hin zu internationalen Aspekten werfen wir einen Rundumblick auf das Thema Korruption in der Privatwirtschaft.

Korruption – nicht nur ein drängendes Problem der Politik 

Wer von Korruption hört, denkt schnell an die Politik. Man liest von Nepotismus und Vetternwirtschaft, von ungerechten Vergabeverfahren und geschobenen Stellenbesetzungen. Doch auch in der Privatwirtschaft ist Korruption keine Seltenheit und kann enormen Schaden anrichten. So führt Korruption im privatwirtschaftlichen Kontext zu Marktverzerrungen und unlauterem Wettbewerb, was sowohl dem integren Unternehmen als auch dem:der Verbraucher:in schadet.

Korruption kann strafrechtliche Folgen haben, nicht nur für die korrupten Personen selbst, sondern nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz – das die strafrechtliche Verantwortung von Unternehmen regelt – auch für das Unternehmen. Wenn bisher integre Mitarbeitende von korrumpierten Vorgehensweisen in der Firma erfahren, hat das ebenfalls Auswirkungen auf sie. 

Denn wenn solche Vorgehensweisen nicht oder nicht ausreichend geahndet werden, sinkt die Moral. Führungskräften kommt hier eine entscheidende Rolle zu. Je korrekter ihre Arbeitsweise, je transparenter Stellenbesetzungen, desto höhere Ansprüche können sie auch an die eigenen Mitarbeitenden stellen. Korruption tritt vor allem dort auf, wo das Unternehmensklima bereits den Nährboden schafft, beispielsweise in einem Umfeld der Angst, in dem Mitarbeitende sich nicht trauen, ihre Meinung zu äußern oder Missstände zu melden. Korruption untergräbt das Vertrauen in Unternehmen und schädigt dadurch nicht nur den Zusammenhalt, sondern auch die Akzeptanz von Unternehmensentscheidungen.

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Was ist Korruption und wo kommt sie in der Privatwirtschaft vor?

Für Korruption gibt es keine einheitliche Definition. Je nach Kulturkreis, Land, ja sogar je nach Unternehmen gibt es unterschiedliche Vorstellungen, was noch in den Rahmen eines integren Verhaltens fällt und was nicht. Transparency International, eine NGO, die sich weltweit gegen Korruption und für Transparenz einsetzt, definiert Korruption als „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“. Jedes Unternehmen entscheidet selbst, wo die Grenzen des Erlaubten sind. Das Strafrecht setzt jedoch den absoluten Mindeststandard, beispielsweise durch die Tatbestände der Untreue, der Geschenkannahme und der Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten sowie durch Betrug.

Es gibt in der Privatwirtschaft Arbeitsplätze, die einem erhöhten Korruptionsrisiko ausgesetzt sind. Sowohl der Vertrieb als auch der Einkauf zählen zu diesen exponierteren Positionen, denn sie tauschen sich regelmäßig mit externen Parteien aus. Es liegt in der Natur der Sache, dass über die Jahre hinweg auch enge Beziehungen zu Kund:innen und Lieferant:innen aufgebaut werden. Jedoch birgt dieser enge und regelmäßige Kontakt auch Risiken für unethisches Verhalten. Denn neben dem regelmäßigen Austausch besitzen Personen im Vertrieb und Einkauf meist auch die Entscheidungsbefugnis, Lieferant:innen auszuwählen und Geschäftsbedingungen auszuhandeln. Auch können sie oftmals selbstständig finanzielle Transaktionen tätigen, was wiederum die Möglichkeit schafft, (verdeckte) Provisionen zu vereinbaren. Wenn Unternehmen nicht über angemessene Kontrollmechanismen verfügen, laufen sie Gefahr, korruptes Verhalten nicht ausreichend zu unterbinden oder im schlimmsten Fall sogar zu fördern.

Wie vermeiden Sie Beeinflussungen und welche Maßnahmen können Sie präventiv setzen? 

Es kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden: Entscheidend ist die Unternehmenskultur. Auch wenn Papier geduldig ist, sollten zumindest klare Richtlinien vorhanden sein, die Korruption in allen Formen untersagen und für alle Mitarbeitenden verbindlich sind. Damit das Niedergeschriebene auch gelebt wird, trifft Führungskräfte die besondere Verantwortung, ethisch korrekt zu handeln. Bei Verstößen muss es vorab klar definierte Sanktionen geben, die konsequent durchgesetzt werden. So schaffen Sie optimale Rahmenbedingungen, um eine integre Unternehmenskultur zu etablieren.

 

Um das Thema Korruption aber nicht nur in Anlassfällen zu thematisieren, empfiehlt es sich, regelmäßig Schulungen und Trainings in der Belegschaft durchzuführen. Nur wer versteht, kann sich wissentlich für das korrekte Handeln entscheiden und zur Kenntnis gelangte Fälle melden.

 

Womit der nächste entscheidende Punkt angesprochen ist: Ein anonymes Meldesystem unterstreicht Ihre Glaubwürdigkeit, korruptes Verhalten in der eigenen Firma nicht zu tolerieren. Es hat außerdem den Vorteil, dass Sie von Missständen erfahren, und zwar meist vor den Strafverfolgungsbehörden oder gar der Öffentlichkeit, was Ihnen die Chance verschafft, selbst für Ordnung und Aufklärung zu sorgen. Ein internes Kontrollsystem (IKS) bietet Ihnen zusätzlich einen umfassenden Überblick über potenzielle Risiken in Ihrem Unternehmen. Es stehen verschiedene mögliche Maßnahmen zur Verfügung, jedoch sind nicht alle für jede Situation geeignet. Wichtig ist es, die für Ihre Unternehmensgröße und Branche passenden Maßnahmen zu finden und zu etablieren. Nur auf die „richtige“ Unternehmenskultur zu bauen und zu hoffen, dass „schon nichts passieren wird“, ist definitiv zu wenig.

Ihre Checkliste bei Korruptionsvorfällen und -hinweisen im Unternehmen

  • Plausibilisierung: Überprüfen Sie zunächst, ob die erhaltenen Hinweise zu einem Korruptionsvorfall valide, lebensnah und vor allem vollständig sind. So können Falschinformationen und Fake-Hinweise schnell identifiziert werden.
  • Datensicherung: Sämtliche Daten zum Vorfall sollten schnellstmöglich gesichtet werden, um Verschleierungen zu verhindern.
  • Informationseinholung: Holen Sie ergänzende Informationen ein, um vorhandene Informationen auf Korrektheit zu überprüfen.
  • Dem Geld folgen: Bei der Aufklärungsarbeit ist es ratsam, immer dem Geld zu folgen. Es zeigt den Weg zu den Begünstigten.
  • Ermittlung: Analysieren Sie sämtliche Unterlagen wie beispielsweise E-Mails, Verträge, Finanzunterlagen, Dienstpläne, Logdaten auf PCs und Laptops.
  • Professionelle Aufarbeitung durch unabhängige Dritte: Nicht immer hat man die betrieblichen und technischen Ressourcen, um Vorfälle im eigenen Betrieb zeitnah aufzuarbeiten. Das „Forensics & Integrity Services“-Team von EY bietet für Korruptionsfälle, Unternehmensbetrug und Interessenkonflikte rasche, technikversierte und verschwiegene Aufklärungsarbeiten an.
  • Rechtliche Schritte: Ob Sie den Vorfall anzeigen oder nicht, zu einer professionellen Aufarbeitung und einer Wiedergutmachung des Schadens gelangen Sie durch EY Law – Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH und die Forensics & Integrity Services von EY, die sich darauf spezialisiert haben.
  • Aufarbeitung: Dabei wird eruiert, ob alle internen Vorschriften eingehalten wurden, ob diese lückenhaft sind und welche Maßnahmen nötig wären, um erneute Vorfälle zu verhindern.

Folgen von Korruptionsvorwürfen: Sind Sie als Entscheidungsträger:in für Ihre Mitarbeitenden verantwortlich?

Das Gesetz kennt keine exakten Vorgaben, wie korrektes Handeln eines Vorstands in einer AG bzw. der Geschäftsführung in einer GmbH aussieht. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang von der „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ (§ 84 AktG bzw. vgl. das Pendant in § 25 GmbHG) die Rede. Was eine solche Sorgfaltspflicht alles umfasst, wird im Gesetz nicht genauer ausgeführt, jedoch wird darunter allgemein eine implizite Aufsichts- und Kontrollpflicht zur Einhaltung von Gesetzen verstanden. Der Vorstand bzw. die Geschäftsführung dürfen sich bei ihren Entscheidungen nicht von sachfremden Interessen leiten lassen. Sie müssen basierend auf angemessenen Informationen und zum Wohle der Gesellschaft entscheiden. Bei Verletzung der Sorgfaltspflicht werden Vorstand und Geschäftsführung persönlich haftbar.

Was sagt uns das nun zur Haftbarkeit Ihrer Mitarbeitenden? Da nun der Vorstand bzw. die Geschäftsführung für die Einhaltung der Gesetze verantwortlich sind, haben sie ebenso dafür Sorge zu tragen, dass keine korrupten Handlungen im Unternehmen stattfinden. Wie sie dafür Sorge tragen, obliegt ihrer unternehmerischen Freiheit.

Möglich wäre die Implementierung eines Compliance-Management-Systems (CMS). Damit ist ein umfassendes System zur Sicherstellung der Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Vorschriften, Branchenstandards und intern gesetzter Ziele zu verstehen. Ein CMS hat den Zweck, Rechtsverstöße zu minimieren und die Integrität und Reputation des Unternehmens zu schützen. Es reduziert das Haftungsrisiko des Vorstands bzw. der Geschäftsführung.

Fehlt es beispielsweise in einem Unternehmen an Bewusstseinsbildung, Überwachungsmaßnahmen, Schulungen oder internen Richtlinien und kommt es zu einem Korruptionsvorfall, wird die Haftung des Vorstands bzw. der Geschäftsführung umso mehr zu bejahen sein. Sie als Entscheidungsträger:innen haften also nicht per se für alle Verstöße Ihrer Mitarbeitenden, sondern es kommt auch auf die konkreten Anstrengungen an, die Sie unternommen haben, um gesetzwidriges Handeln zu unterbinden. Daher ist es für Vorstände und Geschäftsführung auch aus subjektiver Perspektive sinnvoll, sich Compliance-Fragen präventiv zu widmen, um das eigene Haftungsrisiko zu reduzieren. Denn wenn es schon zu einem Vorfall gekommen ist, wird man die Verantwortlichen an ihren bisher präventiv gesetzten Maßnahmen messen.

Foreign Corrupt Practices Act durch Trump ausgesetzt

Die Trump-Administration hat beschlossen, die Anwendung des Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) ab dem 10.02.2025 für sechs Monate auszusetzen. Der FCPA, der 1977 von den USA erlassen wurde, ist ein zentrales Gesetz zur Bekämpfung von Auslandsbestechung und hat internationale Standards etabliert, die für Staaten und Unternehmen verbindlich sind. Der Anwendungsbereich des FCPA wurde dabei bewusst sehr weit gefasst, weshalb auch ausländische Unternehmen umfasst sein können, beispielsweise bei Zahlungen in US-Dollar oder Zahlungsflüssen, die über US-Banken abgewickelt werden. Die Aussetzung des FCPA wird mit dem Argument begründet, dass amerikanische Unternehmen im internationalen Wettbewerb benachteiligt seien.

Die Trump-Administration plant, die Verfolgung von Korruptionsfällen neu auszurichten. Während der Aussetzungsfrist von 180 Tagen wird Justizministerin Pam Bondi Richtlinien erarbeiten, um die außenpolitischen Ziele des Präsidenten zu berücksichtigen. Die Entscheidung könnte dazu führen, dass amerikanische Unternehmen weniger streng verfolgt werden, während ausländische Unternehmen möglicherweise stärker in den Fokus geraten. Die Aussetzung des FCPA könnte Auswirkungen auf die internationale Zusammenarbeit in der Antikorruptionspolitik haben. Die USA haben in der Vergangenheit eine führende Rolle in der Bekämpfung von Korruption gespielt, und die Entscheidung könnte die Dynamik in internationalen Organisationen wie der OECD beeinträchtigen. Insgesamt könnte die Aussetzung des FCPA die globalen Bemühungen zur Bekämpfung von Korruption destabilisieren und die rechtlichen Verpflichtungen der USA zur Verfolgung von Auslandsbestechungsfällen in Frage stellen.

Fazit

Korruption ist kein Randproblem der Politik, sondern betrifft auch die Privatwirtschaft. Und das mit teils gravierenden Folgen – rechtlich, finanziell und reputativ. Umso wichtiger ist es, durch eine klare Unternehmenskultur, transparente Prozesse und gelebte Integrität präventiv gegenzusteuern. Führungskräfte tragen hierbei eine zentrale Verantwortung: Sie müssen nicht nur gesetzeskonform handeln, sondern auch geeignete Strukturen schaffen, um Fehlverhalten vorzubeugen. Umfassende Schulungen der gesamten Belegschaft, ein anonymes Meldesystem und ein maßgeschneidertes Compliance-Management-System (CMS) sind dabei entscheidende Hebel. Denn wer heute proaktiv handelt, schützt nicht nur das Unternehmen, sondern minimiert auch persönliche Haftungsrisiken im Ernstfall – national wie international.

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