Beschäftigungslage bleibt angespannt
Laut der aktuellen Erhebung planen 23 Prozent der Unternehmen in Österreich in den kommenden Monaten neue Mitarbeitende einzustellen. Dieser Anteil liegt etwas höher als in den Befragungen der letzten zwei Jahre, in denen jeweils 21 Prozent Neueinstellungen anstrebten. Gleichzeitig bleibt der Anteil der Betriebe, die Stellen abbauen wollen, mit 18 Prozent aber auf dem hohen Niveau vom Jahresbeginn 2024. Noch höher lag dieser Anteil nur zu Jahresbeginn 2009, auf dem Höhepunkt der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.
Unterm Strich zeigt die Studie eine verhaltene Beschäftigungsdynamik im Mittelstand: Im Durchschnitt planen die befragten Unternehmen, ihre Belegschaft in den kommenden sechs Monaten um 3,5 Prozent zu reduzieren. Das bedeutet eine der schwächsten Entwicklungen der letzten Jahre. Besonders hervorzuheben ist der regionale Vergleich: Während die Beschäftigungsprognose in Wien mit 32 Prozent an der Spitze liegt, sind es im Burgenland lediglich 14 Prozent der Unternehmen, die Neueinstellungen planen.
Die hohe Zahl an unbesetzten Stellen bleibt ein zentrales Symptom des Fachkräftemangels. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (54 %) gibt an, derzeit offene Positionen nicht besetzen zu können. Besonders betroffen ist der Gesundheits- und Life-Science-Sektor, in dem 79 Prozent der Betriebe unbesetzte Stellen melden. Im Tourismusbereich liegt dieser Anteil bei 67 Prozent, was die Herausforderungen in einer Branche unterstreicht, die bereits seit Jahren mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat.
Regional betrachtet zeigt sich Wien mit 62 Prozent an der Spitze der offenen Stellen, während die Zahlen im Burgenland (40 %) und in der Steiermark (41 %) deutlich niedriger ausfallen. Insbesondere Produktionsbereiche sind betroffen: 27 Prozent der Unternehmen geben an, hier offene Stellen zu haben. Ebenfalls stark betroffen sind Marketing, Vertrieb und Kundendienst mit 20 Prozent. Im Gegensatz dazu gibt es in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Finanzen sowie Geschäftsleitung mit je fünf Prozent deutlich weniger unbesetzte Positionen. „Die langfristigen Folgen der Vakanzen sind spürbar: Viele Unternehmen können geplante Projekte nicht umsetzen, die Effizienz leidet, und das Wachstum bleibt hinter den Erwartungen zurück“, fasst Lehner zusammen.
Umsatzeinbußen und Kostenbelastungen durch fehlendes Personal
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Fachkräftemangels sind bereits jetzt spürbar. 35 Prozent der mittelständischen Unternehmen berichten von Umsatzeinbußen oder nicht realisierten Potenzialen infolge unbesetzter Stellen.
Zwei Drittel (65 %) der Unternehmen geben an, keine Einbußen zu verzeichnen oder vom Fachkräftemangel nicht betroffen zu sein, ein Grund für diese scheinbar positive Entwicklung könnte aber sein, dass sich auf dem Arbeitsmarkt zurzeit wenig bewegt – es entstehen also kaum neue Jobs oder Veränderungen. Dazu kommt, dass die wirtschaftliche Lage aktuell schwierig ist und viele Unternehmen vorsichtig handeln. Besonders stark betroffen ist der Gesundheitssektor, wo 15 Prozent der Unternehmen erhebliche Umsatzeinbußen verzeichnen, gefolgt vom Tourismus mit 13 Prozent.
Ein weiterer Kostentreiber ist der Anstieg der Rekrutierungskosten. Jedes zweite Unternehmen verzeichnet gestiegene Ausgaben für die Suche nach Fachkräften in den letzten fünf Jahren, nur acht Prozent berichten von gesunkenen Rekrutierungskosten. Im Durchschnitt liegt der Kostenanstieg bei knapp 13 Prozent. Am stärksten betroffen ist erneut der Bereich Gesundheit und Life Science (plus 24 %), die geringsten Kostensteigerungen weist der Bereich Soziales, Wissenschaft und Bildung (plus 5 %) auf. Regional betrachtet führen Unternehmen in Oberösterreich mit einem durchschnittlichen Anstieg von 23 Prozent die Liste an, während Wiener Unternehmen mit nur acht Prozent am besten abschneiden.
Bildungsinitiativen und politische Unterstützung als Stellschrauben im Talentekampf
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen mittelständische Unternehmen auf gezielte Maßnahmen. Die Intensivierung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen (54 %), die Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung (52 %) und das Angebot von Zusatzleistungen und Benefits (50 %) sind die am häufigsten genannten Strategien, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden.
Dennoch bleibt der Ruf nach politischer Unterstützung laut. Denn der Fachkräftemangel ist nicht nur ein Problem der Unternehmen, sondern auch ein gesellschaftliches und politisches Thema. Rund 36 Prozent der befragten Unternehmen bewerten die aktuellen staatlichen Maßnahmen als unzureichend, während nur zehn Prozent eine positive Einschätzung abgeben. Die Forderungen sind klar: 54 Prozent der Unternehmen erwarten eine stärkere Förderung von Bildungseinrichtungen und gezielte Kooperationen mit Unternehmen (44 %), sowie eine Erhöhung der Attraktivität spezifischer Arbeitsplätze (42 %) und der gezielten Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften (39 %).