Spezialversicherung
Hat ein identifiziertes Risiko eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit, jedoch ein hohes Schadenspotenzial, ergibt sich ein potenzieller „Dealbreaker“, der gegebenenfalls durch eine Spezialversicherung beseitigt werden kann. Ein typisches Beispiel dafür sind Risiken, die sich aus einem unklaren Wortlaut des Ergebnisabführungsvertrags in einer ertragsteuerlichen Organschaft ergeben können. Auch Transfer-Pricing-Risiken werden heute nicht mehr kategorisch vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Infrage kommt zudem die Versicherung eines Risikos bei der rückwirkenden Anwendung von Rechtsnormen, etwa bei der andauernden Unsicherheit in Bezug auf eine rückwirkende Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes.
Beispiel Steuerrisiko
Eine belastbare W&I-Versicherung setzt insbesondere eine umfassende Due Diligence voraus. In der Steuer-Due-Diligence bedeutet dies zum Beispiel, dass alle zu versichernden Veranlagungszeiträume, Steuerarten, Zielgesellschaften und Jurisdiktionen von der Due Diligence erfasst sein müssen. Dabei sollten auch Prüfungsbereiche und -handlungen detailliert beschrieben werden, bei denen sich kein Risiko ergeben hat. Eine Spezialversicherung setzt demgegenüber eine detaillierte Aufbereitung des zu versichernden Risikos voraus. Die steuerliche Würdigung sollte die risikobestimmende Rechtsunsicherheit umfassend darlegen und sowohl eine begründete Risikoqualifikation als auch eine belastbare Risikoquantifizierung beinhalten. Ergänzend zu der Due Diligence beziehungsweise dem Steuergutachten wird üblicherweise zwischen dem Versicherer, dessen Beratern und dem Ersteller des Due-Diligence-Berichts beziehungsweise Steuergutachtens ein Underwriter Call vereinbart, in dem etwaige Fragen und der Umfang des Versicherungsschutzes abgestimmt werden. Auch wenn immer mehr W&I-Versicherungen abgeschlossen werden, lohnen sie sich nicht in allen Fällen.
Vorteile versus Nachteile einer W&I-Versicherung
Für den Käufer ist es wesentlich, einen zahlungskräftigen Anspruchsgegner im Falle des Auftretens von Gewährleistungsansprüchen zu haben. Dank einer Versicherung werden etwaige Liquiditäts- und Insolvenzrisiken des Verkäufers nach dem Closing vermieden, ohne dass ein Teil des Kaufpreises auf ein Treuhandkonto einzuzahlen oder anderweitig abzusichern wäre. Bei mehreren Verkäufern wird durch eine W&I-Versicherung die Abwicklung von Haftungsfragen deutlich vereinfacht, da es nur einen Ansprechpartner für den Käufer gibt. Schließlich ist eine solche Versicherung in einem Bieterverfahren insofern von Vorteil, als die Haftung des Verkäufers stark reduziert werden kann.
Dem stehen in erster Linie die zusätzlichen Kosten für die Versicherung und eine detailliertere Due Diligence gegenüber, die in der Regel der Käufer trägt. Die Versicherungskosten setzen sich meist aus erstens der Prämie für die Versicherung, zweitens einer Underwriting Fee, die auch anfällt, wenn es nicht zum Abschluss des Unternehmenskaufvertrags kommt, und drittens der Broker-Kommission für die Vermittlung der Versicherung zusammen. Nicht zu vernachlässigen sind auch die Melde- und Kooperationspflichten gegenüber der Versicherung und andere formale Erfordernisse. Die Versicherungspolice beschreibt grundsätzlich genaue Verfahrensschritte für einen Haftungsfall. Bei Nichteinhaltung, zu Beispiel bei einer zu späten oder unvollständigen Meldung des Schadens, kann es je nach Versicherungspolice zur Reduktion oder gar zu einem Ausfall der Versicherungsleistung kommen.