Wenn man von Schwergewichten gegründet wird, wie bleibt man dann leichtgängig?
Joint Venture IONITY muss hohe Standards erfüllen. Eigene, interne Strukturen kann und will CFO Bernd Edelmann aber nicht aufbauen. Geht das?
Vergangenen Sommer fuhr Bernd Edelmann mit seiner Familie von München nach Barcelona. Im Elektroauto. Dass dies klimaschonend und ohne Stranden im Nirgendwo gelungen ist, liegt auch an der Arbeit von IONITY – jenem Unternehmen, bei dem Edelmann als Chief Financial Officer (CFO) über die Geschäftszahlen wacht.
IONITY wurde im November 2017 als Joint Venture der Automobilhersteller BMW Group, Ford Motor Company, Mercedes Benz AG und dem Volkswagen Konzern mit Audi und Porsche an den Start gebracht. Das Ziel: der Elektromobilität auf der Langstrecke in Europa zum Durchbruch zu verhelfen – durch ein Netzwerk an leistungsfähigen Schnellladestationen. Für das Joint Venture eine ehrgeizige Ambition, für die Unternehmen dahinter ein Generationenprojekt, an dem enorme Investitionen hängen. „Wir waren von Tag eins an kein normales Start-up“, sagt CFO Edelmann, der vor zwei Jahren zu IONITY geholt wurde. „Das fängt bei den Zahlen an, mit denen wir es zu tun haben, und mündet in hohen Ansprüchen an Geschwindigkeit, Rechenschaft, Transparenz, Qualität, Effizienz und Effektivität. Das haben die meisten jungen Unternehmen nicht in diesem Maße.“
Kein normales Start-up
Edelmann spürt die besondere Konstruktion des Unternehmens IONITY, spürt den Bedarf an Geschwindigkeit, auch in seinem Verantwortungsbereich. Normalerweise, erzählt er, würde die Registrierung von über 20 europäischen Niederlassungen und die Eröffnung von Geschäftskonten in verschiedenen Ländern schrittweise vonstattengehen. Bei IONITY geschah dies mehr oder weniger über Nacht. Spielraum für Fehler oder Nachlässigkeit gab es trotzdem nicht, denn IONITY unterliegt denselben steuerlichen und bilanziellen Verkehrsregeln wie jedes andere Unternehmen. In der regulatorischen Realität haben es IONITY und CFO Edelmann mit ca. 400 verschiedenen Berichts- und Compliance-Pflichten zu tun, die im Regelbetrieb erfüllt werden müssen. Jahresabschlüsse, Steuererklärungen, Transfer-Pricing-Dokumentationen, Meldungen nach der Außenwirtschaftsverordnung – normalerweise erledigen das gut besetze Finanz- und Controllingabteilungen.
Zwischen Leistung und Leichtigkeit
Diese kann und will Edelmann aber nicht aufbauen: „Wir müssten personell stark wachsen, um eine klassische Finanzfunktion aufzubauen, die das alles selbst macht. Hinzu kommt, dass wir in einem Umfeld arbeiten, das sich permanent verändert. Wir würden viel Zeit damit verbringen, überhaupt alle Veränderungen im Blick und uns auf dem aktuellen Stand zu halten. Klassische Organisationsstrukturen sind für uns schlicht zu langsam und zu unflexibel.“
Es ist ein Dilemma, das Edelmann mit vielen CFO-Kollegen teilt: Märkte und Regulierungen verändern sich rasant, neue Technologien erfordern Investments. Gleichzeitig wächst der Kostendruck auf Backoffice-Prozesse enorm. Fachpersonal ist heiß begehrt, teuer und zunehmend schwer zu binden. Ein Konflikt zwischen Leistung und Leichtigkeit, den IONITY mit Unterstützung von EY lösen wollte.