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„New normal“ – die Arbeitswelt nach der Corona-Pandemie

Die Dauer der Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass sich viele – zunächst kurzfristig gedachte – Arbeitsweisen in der Arbeitswelt etabliert haben. Bis Anfang 2020 war die Anfrage, die Arbeitsleistung aus persönlichen Gründen von zu Hause aus zu erbringen, in manchen Unternehmen ein Tabu. Bedenken bzgl. der Qualität einer solchen Arbeitsleistung sowie der tatsächlichen Erbringung standen dabei oft im Vordergrund. Zudem spielte die gewohnheitsbedingt fest eingeprägte Tatsache, dass eine Arbeitsleistung grundsätzlich am Arbeitsort zu erbringen war, eine starke Rolle. 

My people are at the core of everything I do, and I recognize the importance of giving them the flexibility to balance work around their personal lives.

Durch die Corona-Pandemie sahen sich die Unternehmen gezwungen, ihre Sichtweise bezüglich der Erbringung der Arbeitsleistung aufzugeben und nach neuen, flexibleren Arbeitsmodellen zu suchen. Hierdurch wurde das Homeoffice bzw. das mobile Arbeiten zum gängigsten Arbeitsmodell in Deutschland.

Nun stehen Unternehmen vor der Frage: Wie kehren wir zur Normalität zurück bzw. was ist überhaupt die neue Normalität nach der Corona-Pandemie?

Gefährdungsbeurteilung i. S. d. §§ 5, 6 ArbSchG

Arbeitgeber sind anhand einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet, Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz im betrieblichen Hygienekonzept festzulegen und umzusetzen. Sie müssen nicht nur die Durchführung und Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung sicherstellen, sondern auch die Dokumentationspflicht nach § 6 ArbSchG beachten. Zwar sieht das ArbSchG keine konkrete Sanktion für einen Verstoß gegen die Dokumentationspflicht vor, jedoch können Aufsichtsbehörden diese Dokumentation zur Überprüfung anfordern.

Weiterhin ist die dokumentierte Gefährdungsbeurteilung ein entscheidendes Instrument für die Erfüllung von Grundpflichten aus § 3 ArbSchG. Im Falle der Nichterfüllung der bereits erwähnten Grundpflichten besteht für den Arbeitnehmer ein privatrechtlicher Erfüllungsanspruch nach § 618 Abs. 1 BGB auf Herstellung eines arbeitsschutzkonformen Zustandes oder sogar ein Unterlassungsanspruch, sodass der Arbeitgeber die Zuweisung von Arbeitsaufgaben ruhen lassen muss, bis die erforderlichen Maßnahmen des Gefahrenschutzes durch eine genaue Gefährdungsbeurteilung ermittelt und umgesetzt werden. Darüber hinaus können Schadensersatzansprüche aus Deliktsrecht geltend gemacht werden, da § 3 Abs. 2 ArbSchG ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB ist.

Sollte eine positive Gefährdungsbeurteilung dazu führen, dass der Arbeitgeber die Entscheidung über das Homeoffice frei treffen kann, muss er sich die weiteren Schritte einer solchen Entscheidung vor Augen führen. Insbesondere ist bei dieser Entscheidungsfindung auch die Erwartungshaltung der Beschäftigten zu berücksichtigen. In der Praxis sieht man, dass in vielen Fällen Mitarbeitende – unabhängig von einer etwaigen Gefährdungslage – auch zukünftig zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten wollen. Arbeitgeber stehen daher vor der Herausforderung, einerseits die Interessen ihrer Beschäftigten zu berücksichtigen und andererseits ein eventuell neues Beschäftigungskonzept auch rechtskonform umzusetzen.

Hybridlösung – neues und zukunftsträchtiges Arbeitsmodell

Während der Pandemie haben viele Beschäftigte die Erfahrung gemacht, dass das mobile Arbeiten bzw. das Arbeiten im Homeoffice viele Vorteile mit sich gebracht hat. Insgesamt hat es zu weniger zeitaufwendigen Fahrten und dadurch zu geringeren Fahrtkosten geführt, zudem wurde für viele die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich leichter. Auch für Arbeitgeber ergaben sich zahlreiche Vorteile: Neben einer hohen Motivation der Mitarbeitenden lassen sich durch das Einsparen von Büroflächen auch zukünftig die Kosten verringern.

Durch verschiedene Software-Lösungen ist es zudem mittlerweile in vielen Berufsbereichen möglich, die gesamte Tätigkeit im Homeoffice bzw. mobil zu erbringen. Da wir eine Pandemie und nicht etwa eine Epidemie erlebt haben, sind nicht nur einzelne Unternehmen, sondern Lieferanten, Mandaten und Kunden weltweit in allen möglichen Sektoren in die digitale Welt umgestiegen.

Aus diesem Grund bietet sich eine Hybrid-Lösung in den aktuellen Zeiten sehr gut an. Auch wenn viele Tätigkeiten grundsätzlich mobil erledigt werden können, besteht dennoch in vielen Fällen das Bedürfnis, einen Teil der Arbeitsleistung in Präsenz zu erbringen. Die sozialen Kontakte zu den Kolleginnen und Kollegen spielen dabei eine große Rolle. Daher scheint eine „Teils, teils“-Lösung alle Vorteile in sich zu vereinen. Eine solche Hybrid-Lösung bietet die Kombination des aktuellen Homeoffice-Models mit der Möglichkeit der Anwesenheit in Betriebsstätten, wie sie vor der Corona-Pandemie üblich war. 

Working from abroad

Viele Beschäftigte sehen im mobilen Arbeiten nicht nur die Möglichkeit, zu Hause arbeiten zu können, sondern darüber hinaus auch generell an einem von ihnen gewünschten Ort. Das kann auch das Ferienhaus in den Bergen oder die Finca auf einer Baleareninsel sein.

Einige Unternehmen haben diese Möglichkeit bereits berücksichtigt und bieten beispielsweise eine begrenzte Anzahl von Tagen an, an denen die Beschäftigten im Ausland arbeiten dürfen. Doch auch wenn die Flexibilität in der Arbeitswelt rasant zunimmt und sich die Unternehmen in der Pflicht sehen, daran mitzuwirken, darf nicht vergessen werden, dass Tätigkeiten im Ausland auch risikobehaftet sind. 

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Eine Vorabprüfung in dem jeweiligen Land ist essenziell, um Risiken wie die unerwünschte Gründung einer Betriebsstätte oder die Zahlung von Steuern und Sozialversicherung im Ausland zu vermeiden.

Entscheidet sich der Arbeitgeber für die Zukunft für ein Modell mit flexibler Gestaltung des jeweiligen Arbeitsortes, sind die geplanten Maßnahmen außerdem zunächst mit dem vorhandenen Betriebsrat abzustimmen, denn nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG ist die Ausgestaltung von mobiler Arbeit seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes mitbestimmungspflichtig. 

  • In der Gesetzesbegründung[1] wird der Begriff „mobile Arbeit“ wie folgt definiert:

    „Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin arbeitet mobil, wenn er oder sie die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von Orten seiner oder ihrer Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt.“

     

    [1] Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz), Art. 1 Nr. 16. 

Praxishinweis

Für den Fall, dass Arbeitgeber zukünftig die Erbringung der Arbeitsleistung flexibel regeln möchten oder Beschäftigte in bestimmter Art und Weise angewiesen werden sollen, müsste gegebenenfalls eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geschlossen werden. Darin sollten Regelungen über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und die Arbeitsmittel getroffen werden. Auch wäre eine entsprechende Betriebsvereinbarung denkbar. Der Arbeitgeber sollte anhand einer genauen Überprüfung die Vor- und Nachteile beider Schritte abwägen.

Des Weiteren liegt seit dem 14.01.2021 der Referentenentwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit vor. Dieser regelt zwar keinen Anspruch auf Homeoffice, definiert allerdings den Begriff „mobile Arbeit“ und regelt die Pflicht zur Erörterung, wenn der Arbeitnehmer mitteilt, mobil arbeiten zu wollen.

Aufgrund dessen ist eine zukünftige Tendenz zur mobilen Arbeit bzw. zum Homeoffice deutlich zu erkennen. Eine komplette Rückkehr zu den alten Gewohnheiten scheint sehr unwahrscheinlich zu sein. Arbeitgeber, die sich jetzt beraten lassen und eine rechtliche Anpassung vornehmen, können sich durch die momentan niedrigen Anforderungen einen Vorsprung im Hybrid-System verschaffen und dadurch interessanter und wettbewerbsfähiger am Arbeitsmarkt sein.

Autorinnen: Bärbel Kuhlmann, Priscila Luz Barreiros