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Kindergeld: Beschränkung der rückwirkenden Auszahlung rechtmäßig


Steuerpflichtige erhalten Kindergeld nur sechs Monate rückwirkend ab Antragstellung (§ 70 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Regelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2019 und hat § 66 Abs. 3 EStG a. F. ersetzt. Das aufgrund von § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht ausgezahlte Kindergeld wird bei der Prüfung, ob der Kinderfreibetrag günstiger ist, nicht berücksichtigt. Das heißt, es erhöht die Einkommensteuer nicht. Der Bundesfinanzhof hat in seinem am 17.11.2022 veröffentlichten Beschluss vom 22.09.2022 entschieden, dass die Regelung verfassungskonform ist.

Verspäteter Antrag auf Kindergeld

Im Streitfall stellte die Klägerin am 29.07.2019 für ihren Sohn einen Antrag auf Kindergeld ab Februar. Die Familienkasse zahlte dagegen nur für die Monate ab Januar 2019 Kindergeld, da eine Auszahlung rückwirkend maximal sechs Monate ab Antragstellung möglich sei (§ 70 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage wurde unter anderem damit begründet, dass die Vorschrift verfassungswidrig sei.

Existenzminimum ist gesichert

Doch laut BFH ist sie verfassungsmäßig – ebenso wie die Vorgängerregelung. Die Steuerfreistellung des Existenzminimums ist sichergestellt, da den Steuerpflichtigen der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf verbleibt.

Der Europäische Gerichtshof hat jedenfalls für eine zwölfmonatige Verjährungsfrist entschieden, dass sie mit Unionsrecht vereinbar ist (Urteil vom 29.09.2022, C-3/21). Die Entscheidung betraf ein Vorabentscheidungsersuchen des Hohen Gerichtshofs in Irland.

Handlungsempfehlung

Kindergeld sollte immer möglichst zeitnah nach Entstehen des Anspruchs beantragt werden. Ob ein Anspruch besteht, kann insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten für einen Laien nicht unmittelbar erkennbar sein. Hier geschieht es immer wieder, dass die Sechsmonatsfrist nicht eingehalten wird. 

Allerdings ist ein Kindergeldantrag, der im EU-Ausland gestellt wurde, so zu behandeln, als wäre er im Inland gestellt worden. Daher muss hier erst sichergestellt werden, dass weder der Arbeitnehmer selbst noch eine andere anspruchsberechtigte Person im Heimatland einen fristwahrenden Antrag auf Gewährung von Familienleistungen gestellt haben (BFH, Urteil vom 14.07.2022, III R 28/21). Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann der Auszahlungsanspruch insoweit abgelehnt werden, als die betreffenden Zeiträume mehr als sechs Monate zurückliegen.