Nachträgliche Pauschalbesteuerung

LSG: keine Sozialversicherungspflicht

Auch Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsveranstaltung, der erst nachträglich pauschal versteuert wird, ist von der Sozialversicherung befreit. Dies gilt – entgegen der Auffassung der Sozialversicherungsträger – auch dann, wenn die Lohnsteueranmeldung nach dem 28.02. des Folgejahres berichtigt wird, so das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.03.2022 (L 12 BA 3/20). Gegen die Entscheidung ist die Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) anhängig.

Jubiläumsfeier

Die Klägerin führte im September 2015 eine Betriebsveranstaltung durch, um ihr Firmenjubiläum zu feiern. Die Kosten der Veranstaltung, an der auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnahmen, beliefen sich auf rund 215.000 Euro brutto. Bei der Lohnsteueranmeldung September 2015 wurden diese Kosten zunächst nicht berücksichtigt. Ende März 2016 übermittelte die Klägerin eine korrigierte Lohnsteueranmeldung an das Finanzamt. Darin meldete sie die Lohnsteuer auf den Arbeitslohn aus der Veranstaltung, der den Freibetrag von 110 Euro je Teilnehmer überstieg, mit einem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent an. Sozialversicherungsbeiträge führte sie darauf keine ab.

Betriebsprüfung

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde der Träger der Rentenversicherung auf die korrigierte Lohnsteueranmeldung aufmerksam. Im Dezember 2017 forderte die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 60.000 Euro nach. Eine unzutreffende steuer- und beitragsfreie Behandlung könne längstens bis Ende Februar des Folgejahres durch eine nachträgliche Pauschalbesteuerung geändert werden. Die endgültige Abrechnung der Betriebsveranstaltung wäre spätestens am 04.11.2015 (Zahlung des letzten Rechnungsbetrags) möglich gewesen.

LSG: Nachforderung war rechtswidrig

Der Arbeitslohn aus Anlass der Betriebsveranstaltung war laut LSG sozialversicherungsfrei und die angefochtenen Bescheide rechtswidrig. Das Gericht begründet seine Entscheidung wie folgt:

Steuerrecht maßgeblich

Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung richtet sich hier demnach nach dem Steuerrecht. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung kommt es auf die tatsächliche Erhebung der Lohnsteuer an.

Nach Auffassung des Gerichts ist auch eine nachträglich vorgenommene Pauschalbesteuerung sozialversicherungsrechtlich relevant, wenn die steuerpflichtige Erhebung noch geändert werden kann. Akzeptiert das Finanzamt die Pauschalversteuerung, sind die Rentenversicherungsträger insoweit an diese Entscheidung gebunden.

Korrektur der Lohnsteueranmeldung

Die Auffassung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung (Ergebnis der Besprechung vom 20.04.2016), eine Pauschalbesteuerung könne nur bis Ende Februar des Folgejahres geltend gemacht werden, findet keine hinreichende Stütze im Gesetz. Die Lohnsteueranmeldung kann nach der BFH-Rechtsprechung nach den allgemeinen Korrekturvorschriften der Abgabenordnung auch nach der Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung geändert werden.

Zweck der pauschalen Versteuerung

Die pauschale Besteuerung hat den Zweck, eine einfache und ökonomische Handhabung zu ermöglichen. Diesem Zweck widerspräche es, wenn trotz pauschaler Besteuerung das auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Entgelt bestimmt werden müsste, um die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge bestimmen zu können.

Ausblick und Handlungsempfehlung

Der Sozialversicherungsträger hat gegen die Entscheidung Revision vor dem BSG eingelegt (B 12 BA 3/22 R). Dieses wird nun zu entscheiden haben, ob anlässlich einer Jubiläumsveranstaltung erzielte Einnahmen dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, wenn sie erst nach dem Februar des Folgejahres pauschal besteuert werden. In vergleichbaren Fällen sollte Rechtsbehelf eingelegt werden.

Kontaktpersonen: Thorsten Koch und Nancy Adam