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Renteninformation erst nach Einkommensteuerveranlagung übermittelt


Nachträgliche Bescheidänderung möglich

Seit dem Veranlagungszeitraum 2017 gilt eine neue Änderungsvorschrift, § 175b der Abgabenordnung (AO). Sie betrifft den Fall, dass meldepflichtige Informationen in einem Steuerbescheid nicht bzw. falsch berücksichtigt wurden. In der Literatur ist bzw. war strittig, ob die Norm auch greift, wenn die betreffenden Informationen im Zeitpunkt der Veranlagung noch nicht vorlagen. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hat mit Urteil vom 13.10.2022 diese Frage bejaht (2 K 123/22). Allerdings wurde gegen die Entscheidung Revision eingelegt.

Einnahmen angegeben, aber im Bescheid nicht berücksichtigt

Der Kläger bezog im Streitjahr (2017) unter anderem eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Diese Rente gab er zutreffend in seiner Einkommensteuererklärung an. Im Zeitpunkt der Veranlagung im März 2019 lag noch keine elektronische Rentenbezugsmitteilung der DRV vor; deshalb setzte das Veranlagungsfinanzamt diese Einkünfte im Einkommensteuerbescheid vom 02.04.2019 nicht an.

Finanzamt setzt Rente nachträglich an

Am 06.05.2019 übermittelte die DRV die Informationen über die Rentenbezüge 2015 bis 2017 des Klägers. Das Finanzamt erließ am 16.12.2020 einen nach § 175b AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2017, in dem diese Renteneinkünfte erstmals berücksichtigt wurden.

Änderungsvorschrift

Das FG wies die hiergegen eingereichte Klage ab. Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit Daten im Sinne des § 93c (Höhe der Rentenbezüge), die von der mitteilungspflichtigen Stelle (DRV) an die Finanzbehörden übermittelt wurden, bei der Steuerfestsetzung nicht (oder nicht zutreffend) berücksichtigt wurden, § 175b AO.

Voraussetzungen strittig

In der Literatur werde teilweise bezweifelt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Änderungsvorschrift erfüllt seien, wenn die betreffenden Daten im Zeitpunkt der ursprünglichen Veranlagung noch nicht vorgelegen hätten. Das FG teilt diese Auffassung nicht.

Änderung war möglich

Von der mitteilungspflichtigen Stelle übermittelte Daten seien auch dann „nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt worden“, wenn die entsprechenden Daten erst nach der Veranlagung übermittelt worden seien. Diese Auslegung von § 175b Abs. 1 AO entspreche dem Zweck der Vorschrift und der Gesetzeshistorie. Der Gesetzgeber habe bewusst den Anwendungsbereich der Regelung nicht wie in anderen Änderungsvorschriften zusätzlich eingeschränkt.

Darüber hinaus lege § 175b Abs. 4 AO fest, dass eine Änderung nur vorgenommen werden könne, wenn nachträglich übermittelte Daten rechtserheblich seien. Diese Regelung sei nur sinnvoll, wenn solche nachträglich übermittelte Daten grundsätzlich eine Änderung auslösen könnten. Schließlich sei es – anders als im Falle von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO – nicht erforderlich, dass die Tatsachen dem Finanzamt erst nachträglich bekannt werden. Somit spiele es keine Rolle, dass die Einnahmen in der Steuererklärung bereits zutreffend angegeben waren.

Ausblick

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (BFH, X R 25/22). Der BFH wird darüber zu befinden haben, ob ein bestandskräftiger Steuerbescheid nach § 174b AO geändert werden kann, wenn im Zeitpunkt der Veranlagung die erforderlichen Angaben für die betreffenden Einkünfte korrekt erklärt wurden, das Finanzamt diese aber wegen der damals noch nicht übermittelten elektronischen Daten nicht berücksichtigte.

Fazit und Handlungsempfehlung

Die Entscheidung ist für alle Arten der Datenübermittlung nach § 93c AO relevant und somit auch für die Übermittlung lohnsteuerlicher Daten durch den Arbeitgeber. Das bedeutet, dass nach Auffassung des FG Einkommensteuerbescheide der Beschäftigten auch geändert werden können, wenn die Angaben in der Einkommensteuererklärung korrekt waren, aber erst später in einem Änderungsbescheid bei der Veranlagung zugrunde gelegt werden, etwa weil die lohnsteuerlichen Daten erst später übermittelt wurden.

Anders verhält es sich unseres Erachtens, wenn in der Einkommensteuererklärung (richtigerweise) von der Lohnsteueranmeldung abgewichen wurde und die Finanzbehörde diese Abweichung ignoriert hat. In diesem Fall kann die Finanzbehörde den Bescheid nicht nachträglich (zuungunsten des Steuerpflichtigen) ändern.

Die Argumentation des FG erscheint überzeugend. In vergleichbaren Fällen kann unter Berufung auf die anhängige Revision Rechtsbehelf eingelegt werden. Angesichts der voraussichtlich geringen Erfolgsaussichten dürfte es unseres Erachtens insoweit regelmäßig nicht ratsam sein, die Aussetzung der Vollziehung zu beantragen.