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Wachstumschancengesetz

Abschaffung der Fünftelregelung beim Lohnsteuerabzug geplant

Das geplante Wachstumschancengesetz enthält umfangreiche Änderungen, die unter anderem das Einkommensteuergesetz betreffen. Für Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten international einsetzen, sind insbesondere die Neuerungen zur Anwendung der sogenannten Fünftelregelung und die Änderung des Umfangs der beschränkten Steuerpflicht von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit interessant.

Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem.

Fünftelregelung

Derzeit geltendes Recht

Wenn außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG in einem Veranlagungszeitraum zufließen, hat dies in der Regel einen erhöhten Steuersatz für alle Einkünfte zur Folge (Progressionswirkung). Hierzu gehören im Bereich der Arbeitnehmereinkünfte Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG (z. B. Abfindungen) oder Vergütungen, die einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten betreffen (sog. Arbeitslohn für mehrere Jahre). Die Fünftelregelung soll diesen unerwünschten Effekt verhindern bzw. reduzieren, indem der Zufluss der betreffenden Einnahmen über einen Zeitraum von fünf Jahren fingiert wird.

Derzeit hat der Arbeitgeber die Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren anzuwenden, wenn die betreffenden Einnahmen die Voraussetzungen dafür erfüllen. Ein Wahlrecht sieht das Gesetz nicht vor.

In diesen Fällen besteht zudem eine Verpflichtung zur Veranlagung zur Einkommensteuer (§ 46 Abs. 2 Nr. 5 EStG). Dies gilt seit 2020 auch bei beschränkter Steuerpflicht und damit verbunden auch die Anwendung des Progressionsvorbehalts (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. c EStG i. V. m. § 46 Abs. 2 Nr. 5 EStG und § 32b EStG). Das heißt, die ausländischen Einkünfte werden bei der Bestimmung des Steuersatzes, der auf die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte anzuwenden ist, einbezogen. 

Dies hat in zahlreichen Fällen zur Folge, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beispielsweise Einkünfte aus Long-Term-Incentive-Plänen (LTIs) bezogen haben, aufgrund der Anwendung der Fünftelregelung eine höhere Einkommensteuer entrichten müssen als bei einer regulären Besteuerung (mit Abgeltungswirkung durch den Lohnsteuereinbehalt und ohne Progressionsvorbehalt) – ein Ergebnis, das der Intention der Fünftelregelung zuwiderläuft.

Regierungsentwurf

Der Regierungsentwurf thematisiert diese Problematik nicht. Der Gesetzgeber führt jedoch aus, dass Arbeitgeber oftmals nicht rechtssicher feststellen könnten, ob die Voraussetzungen für die Tarifermäßigung, darunter insbesondere die Zusammenballung von Einnahmen, überhaupt vorliegen. 

Laut Gesetzesbegründung macht schon heute der Arbeitgeber in vielen Fällen ohnehin keinen Gebrauch von der Möglichkeit der tarifermäßigten Lohnbesteuerung

Die Fünftelregelung soll daher laut Regierungsentwurf ab 2024 nicht mehr im Lohnsteuerabzugsverfahren anzuwenden sein. Betroffene Beschäftigte werden künftig jedoch die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragen können. Sie können also selbst entscheiden, ob die Einkünfte nach der Fünftelregelung besteuert werden oder mit dem Regelsteuersatz (es sei denn, eine Veranlagung ist bereits aus anderen Gründen durchzuführen).

Wird die Veranlagung beantragt, gilt die Einkommensteuerschuld nicht mehr mit dem Lohnsteuerabzug als abgegolten und es ist wie bisher im Fall der Antragsveranlagung der Progressionsvorbehalt anzuwenden.

Umfang der beschränkten Einkommensteuerpflicht von Arbeitnehmern

Bei beschränkter Steuerpflicht sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unter anderem dann als inländische Einkünfte steuerbar, wenn die betreffende Tätigkeit in Deutschland ausgeübt oder verwertet wird oder wurde. Die Ausübung setzt hierbei ein persönliches Tätigwerden im Inland voraus. Der Tatbestand der Verwertung wird von der ständigen Rechtsprechung eng ausgelegt, sodass er in der Regel nicht erfüllt ist.

Übt ein Grenzpendler seine Tätigkeit in seinem ausländischen Homeoffice aus, unterliegt die anteilige Vergütung demnach grundsätzlich nicht der deutschen Besteuerung. Deutschland hat allerdings mit Luxemburg eine Vereinbarung getroffen, wonach bei einer Tätigkeit im luxemburgischen Homeoffice von höchstens 19 Tagen (künftig 34 Tage) das Besteuerungsrecht auch insoweit Deutschland zusteht.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es wegen der zunehmenden Mobilisierung der Arbeit weitere Bagatellregelungen dieser Art auch mit anderen Staaten geben wird. Mit der folgenden Ergänzung möchte er sicherstellen, dass den abkommensrechtlichen Besteuerungsmöglichkeiten nationales Recht nicht entgegensteht (§ 49 Nr. 4 Buchst. a Satz 2 EStG neu):

„Die nichtselbstständige Arbeit gilt dabei auch als im Inland ausgeübt oder verwertet, soweit die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübt wird und ein mit dem Ansässigkeitsstaat abgeschlossenes Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung für diese im Ansässigkeitsstaat oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübte Tätigkeit Deutschland ein Besteuerungsrecht zuweist.“

Diese Ausweitung des Besteuerungsrechts soll ab 2024 greifen.

Weitere für Arbeitgeber und Arbeitnehmer relevante Punkte

Besonders erwähnenswert sind außerdem

  • die Anhebung der Grenze für den Sofortabzug der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von geringwertigen Wirtschaftsgütern von 800 auf 1.000 Euro,
  • die Erhöhung der abzugsfähigen Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, auf 50 Euro je Empfänger im Wirtschaftsjahr,
  • die Anpassung der Verpflegungspauschbeträge von 28 auf 30 Euro (Abwesenheit von 24 Stunden) bzw. von 14 auf 15 Euro (Abwesenheit von mehr als 8 Stunden ohne Übernachtung bzw. An- und Abreisetag bei Abwesenheit mit auswärtiger Übernachtung),
  • die Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen von bisher 110 auf 150 Euro und
  • die Abschaffung der Grenze von durchschnittlich 100 Euro pro Kopf und Kalenderjahr für die pauschale Versteuerung der Beiträge für eine Gruppenunfallversicherung.

Zudem will die Regierung die Vergünstigung bei der Versteuerung der privaten Nutzung von Firmenwagen für Kraftfahrzeuge ohne CO2-Emissionen ausweiten. Die Verringerung der Bemessungsgrundlage auf ein Viertel des Bruttolistenpreises soll daher künftig bei einem Bruttolistenpreis von bis zu 80.000 Euro (bisher 60.000 Euro) gelten. Diese Neuerung war im Referentenentwurf noch nicht enthalten. Sie wurde erst im Regierungsentwurf hinzugefügt.

Handlungsempfehlung

Für die Lohn-/Gehaltsabrechnung wäre es eine große Erleichterung, wenn Arbeitgeber nicht mehr abklären müssten, ob bei bestimmten Vergütungsbestandteilen die Fünftelregelung greift. Arbeitgeber sollten die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und vorsorglich schon jetzt untersuchen, inwieweit interne Prozesse anzupassen sind, wenn das Gesetz in der vorliegenden Fassung verabschiedet wird.

Außerdem könnte es ratsam sein zu prüfen, ob die Beschäftigten darauf hingewiesen werden sollen, wenn möglicherweise eine begünstigte Besteuerung nach der Fünftelregelung (im Wege einer Antragsveranlagung) in Betracht kommt. Weder Gesetz noch Gesetzesbegründung gehen auf diese Frage ein.

Eine vertragliche Nebenpflicht besteht hierzu unseres Erachtens ebenfalls nicht (BAG, Urteil vom 13.11.2014, 8 AZR 817/13). Die Entscheidung ist allerdings zu einem Fall ergangen, in dem der Arbeitgeber statt einer möglichen pauschalen Besteuerung die Regelbesteuerung gewählt hat.

Anders als bei der Fünftelregelung hätte jedoch der Arbeitnehmer im Urteilsfall nicht die Möglichkeit gehabt, im Rahmen der Veranlagung eine günstigere Besteuerung zu erreichen, wenn er entsprechend informiert worden wäre. Die pauschale Versteuerung ist nur im Rahmen des Lohnsteuerabzugs (und unter bestimmten Voraussetzungen) gestattet. Zudem betont das BAG in seiner Urteilsbegründung, dass Hinweis- und Aufklärungspflichten auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruhen und stets Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung sind. Insofern kann die Entscheidung nur eine gewisse Tendenz aufzeigen.