Kleine Gasse mit bunten Häusern in der Schweiz

Wegzug in die Schweiz: Keine Stundungs- und Nachzahlungszinsen

Wenn die Wegzugsteuer zinslos zu stunden ist, können darauf auch keine Stundungs- oder Nachzahlungszinsen festgesetzt werden. Denn dies widerspricht § 6 Abs. 5 Außensteuergesetz (AStG). So das Finanzgericht (FG) Köln in seinem Beschluss vom 11.05.2021 (Aktenzeichen 2 V 1929/20).

Sachverhalt

Die Antragsteller halten Anteile an einer schweizerischen Aktiengesellschaft und verlegten ihren Wohnsitz im Laufe des Jahres 2013 in die Schweiz. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die Finanzbehörde fest, dass aufgrund des Wegzugs die Wertsteigerung der Anteile zu versteuern war (Wegzugsbesteuerung, § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AStG). Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid und setzte Nachzahlungszinsen in Höhe von rund 35.400 Euro fest. Die Anträge auf Erlass der Zinsen und auf Aussetzung der Vollziehung lehnte es ab.

Beschluss

Dem ist das Finanzgericht Köln entgegengetreten. Seines Erachtens bestehen ernstliche Zweifel, ob die Festsetzung von Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) auf die Wegzugsteuer rechtmäßig ist.

Die geschuldete Steuer ist zinslos und ohne Sicherheitsleistungen zu stunden, wenn der Steuerpflichtige Staatsangehöriger eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates ist und im Zuzugsstaat einer Steuerpflicht unterliegt, die mit der deutschen Einkommensteuerpflicht vergleichbar ist, § 6 Abs. 5 AStG. Aufgrund des Freizügigkeitsabkommens mit der Schweiz ist die Regelung auch im vorliegenden Fall anwendbar.

  • Anmerkung

    § 6 AStG wurde zwischenzeitlich geändert. Die Neuregelung in § 6 Abs. 4 Satz 1–4 AStG ermöglicht nur noch auf Antrag des Steuerpflichtigen die unverzinsliche Zahlung in sieben gleichen Jahresraten. Die grundsätzliche Problematik bleibt allerdings bestehen.

Laut FG steht § 6 Abs. 5 AStG nach seinem Sinn und Zweck nicht nur der Festsetzung von Stundungszinsen entgegen, sondern auch der Festsetzung von Zinsen auf eine verspätet festgesetzte Steuer. Denn sie verletzt auch die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV. Außerdem widerspreche die Festsetzung von Nachzahlungszinsen in diesem Fall dem Sinn und Zweck von § 233a AO. Die Regelung soll Zinsvorteile und ­-nachteile ausgleichen. Die Wegzugsteuer werde erst erhoben, wenn der Steuerpflichtige die Wertzuwächse tatsächlich (etwa durch Verkauf der Anteile) realisiert, sodass kein Zinsvorteil oder ­-nachteil entstehen könne.

Der Lösungsansatz der Verwaltung (BMF-Schreiben vom 13.11.2019), wonach die Steuer auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten gestundet werden soll, reiche nicht aus.

Handlungsempfehlung

Wurden Nachzahlungszinsen auf eine zinslos zu stundende bzw. in Raten zu zahlende Wegzugsteuer festgesetzt, empfiehlt es sich, die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu prüfen.