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Wohnung im Gastland


Voller Abzug der Werbungskosten unter bestimmten engen Voraussetzungen 

Die notwendigen Kosten für eine Wohnung im Ausland aufgrund einer Entsendung können im Rahmen einer sogenannten doppelten Haushaltsführung abzugsfähig sein. Die Finanzbehörden gehen allerdings davon aus, dass die Kosten nur insoweit notwendig sind, als sie für eine durchschnittliche Wohnung mit einer Wohnfläche von 60 Quadratmetern angefallen wären. Häufig hat diese Einschränkung keine großen steuerlichen Auswirkungen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die entsendete Person aufgrund ihrer Position im Unternehmen zwangsläufig eine wesentlich größere Wohnung beziehen muss. Ein neu vor dem Bundesfinanzhof anhängiges Urteil macht nun Hoffnung, dass in diesem besonderen Fall die Beschränkung nicht immer automatisch greift.

„Dienstwohnung“ im Ausland

Der Kläger war bis zum 14.09.2017 in Usbekistan und seit dem 15.09.2017 in Tadschikistan als deutscher Botschafter tätig. Er bezog einen Bruttoarbeitslohn von rund 98.000 Euro und nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfreie Bezüge. Seine Wohnung in Usbekistan hatte eine Fläche von 249 Quadratmetern, die Wohnung in Tadschikistan eine solche von 186 Quadratmetern. Die Wohnungen wurden dem Kläger jeweils vom Auswärtigen Amt zugewiesen. Für die Wohnungen wurde von den Bezügen des Klägers eine „Dienstwohnungsvergütung“ einbehalten. Seine Frau wohnte während des ganzen Jahres in der gemeinsamen Wohnung in Deutschland.

Finanzamt erkennt Aufwendungen nur teilweise an

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 (Streitjahr) machten die Kläger Kosten für die doppelte Haushaltsführung im Ausland in Höhe von insgesamt rund 25.000 Euro geltend. Das beklagte Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Miete nur so weit an, wie sie bei einer ortsüblichen Miete für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 Quadratmetern angefallen wären.

Das Merkmal „notwendig“ (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) orientiere sich daran, welche Wohnungsgröße für eine Einzelperson erforderlich sei, die von dort ihrer Arbeit nachgehe, deren Lebensmittelpunkt sich aber an einem anderen Ort befinde und die dort ihren Haupthausstand beibehalten habe.

Außerdem kürzte das Finanzamt den Teil der Aufwendungen, der in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einkünften stand (§ 3c EStG).

Wohnung war aus Sicherheitsgründen notwendig

Im Ergebnis setzte das Finanzamt Aufwendungen für Miete und Verpflegung in Höhe von insgesamt rund 7.400 Euro an. Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht beantragte das Ehepaar, die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers um 8.220 Euro zu erhöhen. Sie machten insbesondere geltend, dass es allein schon aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt gewesen sei, eine andere Wohnung zu wählen. Der Kläger hätte die Stelle nicht annehmen können, wenn er nicht in die ihm zugeteilte Wohnung eingezogen wäre. 



Kürzung der Kosten zu Unrecht erfolgt

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 22.06.2021, 3 K 1255/20). Nach Auffassung des Gerichts hat das beklagte Finanzamt die geltend gemachten Kosten für die Wohnungen im Ausland zu Unrecht auf den Anteil gekürzt, der für eine Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern angefallen wäre.

Wohnungskosten waren notwendig

Der zusätzliche Wohnbedarf am Beschäftigungsort war im zu entscheidenden Fall nicht ausschließlich durch die „Beherbergung“ des Klägers bestimmt. Maßgeblich war für das Gericht, dass

  • sich der Kläger dem Wohnen in der Dienstwohnung nicht entziehen konnte,
  • er daher auch die daraus folgenden Kosten nicht vermeiden konnte,
  • er keine Möglichkeit hatte, die Anrechnung der Kosten auf seine Vergütung zu verhindern,
  • er die Tätigkeit als Botschafter nicht hätte ausüben können, ohne die Wohnung zu beziehen, und
  • bei Botschafterwohnungen die Wohnungsgröße regelmäßig 60 Quadratmeter übersteigt.

Ausblick

Gegen die Entscheidung ist die Revision vor dem BFH anhängig (VI R 20/21). Dieser wird zu entscheiden haben, ob Aufwendungen für eine Dienstwohnung unter den besonderen Gegebenheiten des Streitfalls (verpflichtendes Beziehen einer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Dienstwohnung im Ausland nebst der damit einhergehenden Anrechnung der Dienstwohnungsvergütung auf die Dienstbezüge) unabhängig von deren Größe notwendige Mehraufwendungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind.

Fazit und Handlungsempfehlung

Die Entscheidung betrifft einen relativ speziellen Fall. Zum einen waren die Einkünfte im Inland steuerpflichtig (Kassenstaatsprinzip, da hier der Bund der Arbeitgeber war) und damit hatte die Höhe der Werbungskosten eine wesentliche Auswirkung auf die Höhe der deutschen Einkommensteuer. Zum anderen musste der Steuerpflichtige insbesondere aufgrund von Sicherheitsüberlegungen zwingend diese spezielle Wohnung beziehen.

Dennoch kann das Urteil auch für private Arbeitgeber relevant sein. So sind etwa die Einkünfte aus einer Entsendung ins Ausland in Deutschland steuerpflichtig, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem anderen Staat vorliegt, aufgrund besonderer Umstände dessen Anwendung ausscheidet oder die Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode vermieden wird und der Wohnsitz in Deutschland beibehalten wurde.

Zudem gibt es auch in der Privatwirtschaft Positionen, die eine bestimmte Wohnungsgröße notwendig machen, aus Repräsentationsgründen, aber auch aus Sicherheitsgründen wie im Streitfall. Gibt dann noch der Arbeitgeber vor, welche Wohnung zu beziehen ist, ist unseres Erachtens der betreffende Fall mit dem entschiedenen Sachverhalt vergleichbar.

Es empfiehlt sich daher, in solchen Fällen gegen die Begrenzung des Abzugs der Mietaufwendungen als Werbungskosten auf eine Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern, wie sie regelmäßig von der Finanzverwaltung praktiziert wird, Rechtsbehelf einzulegen und auf das vor dem Bundesfinanzhof anhängige Verfahren Bezug zu nehmen.