Handlungsspielraum für bayerische Gemeinden erhöht
Zur Optimierung der Verkehrsfinanzierung über den steuerlichen Querverbund oder zur Stärkung des ÖPNV kann es sinnvoll sein, die Vergabekompetenz für den ÖPNV zu übernehmen. Nun gibt es hierfür in Bayern einen neuen Weg.
Wollen kreisangehörige Städte Verkehrsleistungen selbst vergeben, benötigen sie hierfür die Vergabekompetenz. Dies kann beispielsweise zur Nutzung von Steuervorteilen zur Verkehrsfinanzierung im Rahmen eines steuerlichen Querverbundes oder auch zur Stärkung ihres Einflusses auf den ÖPNV in ihrem Gebiet gewünscht und sinnvoll sein.
Die Interventionsbefugnis im ÖPNV und damit die Zuständigkeit, Verkehrsleistungen zu vergeben, richtet sich nach den Zuständigkeitsregeln des jeweiligen Mitgliedstaates. Das Personenbeförderungsgesetz verweist wiederum auf das Landesrecht. Die jeweiligen Normen der Bundesländer übertragen die Aufgabe der Planung, Organisation und Sicherstellung des ÖPNV auf die Landkreise und kreisfreien Gemeinden (in nahezu identischem Wortlaut).
Kreisangehörige Gemeinden haben nach den meisten ÖPNV-Gesetzen der Länder, als direkten Ausfluss der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie, die Befugnis, auf ihren eigenen Gemarkungen Verkehrsleistungen zu bestellen. Eine entsprechende Norm, die der kreisangehörigen Gemeinde eine einseitige „Heranziehung“ der Aufgabe erlaubt, sieht das bayerische ÖPNVG, anders als andere Landes - ÖPNVG, allerdings nicht vor. Kreisangehörige Städte sind daher für die Bestellung von Verkehrsleistungen auf ausschließlich eigener Gemarkung auf einen Übertragungsakt des Landkreises angewiesen.
In Bayern wurde bislang seitens des zuständigen Ministeriums und der Regierungen, anders als in vielen anderen Bundesländern, lediglich die vollständige Übertragung der Aufgabenträgerkompetenz von z.B. einem Landkreis auf eine kreisangehörige Gemeinde zugelassen. Dies führte dazu, dass – obwohl regelmäßig seitens der kreisangehörigen Gemeinde nur die Vergabekompetenz gewünscht und benötigt wurde – die Zahl der Aufgabenträger in Bayern erheblich zunahm. Durch die Zersplitterung der Aufgabenträger wurde die Komplexität der Verkehrsorganisation erhöht und eine einheitliche Verkehrsplanung zum Wohle der Fahrgäste erschwert.
Ende des letzten Jahres wurde nunmehr auch und erstmals in Bayern die Übertragung von Teilkompetenzen, wie der Vergabekompetenz, von einem Aufgabenträger auf eine kreisangehörige Gemeinde akzeptiert. Kreisangehörige Gemeinden, die zur Ermöglichung eines steuerlichen Querverbundes oder zur Erhöhung von Quantität und Qualität des ÖPNV die Vergabekompetenz übernehmen wollen, müssen nun nicht mehr die vollständige Aufgabenträgerkompetenzübertragung beantragen.
Diese neue Entwicklung in Bayern eröffnet für viele kreisangehörigen Städte neue Handlungsmöglichkeiten. Haben kreisangehörigen Gemeinden durch ein Stadtwerk Gewinne aus der Energieversorgung, kann einfacher ein steuerlicher Querverbund eingerichtet und die ÖPNV-Finanzierung optimiert werden.
Autor:innen: RA Dr. Oliver Wittig, RA Nima Khanzadeh