In seinem Urteil vom 18.08.2022 - Az. V R 49/19 - hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Konkurrentenstreitverfahren näher präzisiert, unter welchen Voraussetzungen Dienstleistungen einer gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb begründen.
Das Urteil macht deutlich, dass die Konkurrentenklage im gemeinnützigen Sektor durchaus praktische Relevanz hat, da gemeinnützige Organisationen, sofern sie am Markt Leistungen gegen Entgelt erbringen, oftmals im Wettbewerb mit gewerblichen, steuerlich nicht begünstigten Unternehmen stehen. Diesen Unternehmen steht der Weg eines Konkurrentenstreitverfahrens gegen das für die gemeinnützige Organisation zuständige Finanzamt offen, wenn sie der Auffassung sind, dass der gemeinnützigen Organisation aufgrund des Gemeinnützigkeitsstatus rechtswidrig ein steuerlicher Vorteil gewährt wird. Die gemeinnützige Organisation wird dann zu diesem Verfahren beigeladen. Meist wehren sich die gewerblichen Konkurrenten gegen die Zuordnung der erbrachten Leistungen zu einem steuerbegünstigten Zweckbetrieb und damit auch gegen die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Höhe von 7 %. So ist es auch in dem vom BFH entschiedenen Fall.
Der klagende, gewerbliche Konkurrent betreibt ein auf die textile Vollversorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen. In seinem örtlichen Einzugsbereich unterhielt die wegen Förderung des Wohlfahrtswesens als gemeinnützig anerkannte Beigeladene, eine gemeinnützige GmbH, eine Großwäscherei, in der sie vorwiegend langzeitarbeitslose Menschen und Menschen mit Behinderung beschäftigte. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die aus dem Betrieb der Wäscherei erzielten Gewinne von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit seien, weil insoweit die Voraussetzungen des allgemeinen Zweckbetriebs gemäß § 65 AO vorlägen. Die klagende Konkurrentin hielt die Wäscherei dagegen für einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und beantragte die Änderung die Steuerfestsetzungen zulasten der beigeladenen, gemeinnützigen GmbH.
Während das Finanzgericht Düsseldorf der Klage des gewerblichen Konkurrenten stattgab, hob der BFH das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache an dieses zurück. Das Finanzgericht hatte rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Zweckbetriebseigenschaft gem. § 65 AO - in entsprechender Anwendung der Restriktionen der Finanzverwaltung zum Zweckbetrieb gem. § 66 AO (Einrichtung der Wohlfahrtspflege) - bereits dann ausgeschlossen sei, wenn der Zweckbetrieb in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen erhebliche Gewinne erzielt habe.
Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht erneut über die Zweckbetriebseigenschaft der Wäscherei gem. § 65 AO zu entscheiden haben. Nach Auffassung des BFH ist für die Annahme eines Zweckbetriebs vor allem maßgebend, dass die Dienstleistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind. Dabei ist es für die Steuerbegünstigung unschädlich, wenn die Beschäftigungsgesellschaft auch nicht förderungsbedürftige Mitarbeiter einsetzt, wenn und soweit dies zum Erreichen des steuerbegünstigten Zwecks unbedingt notwendig ist, etwa weil dieser Einsatz vor allem der Ausbildung, Anleitung oder Beaufsichtigung der förderungsbedürftigen Mitarbeiter dient. Darüber hinaus kommt es darauf an, ob der Wettbewerb mit anderen steuerpflichtigen Betrieben, die vergleichbare Dienstleistungen erbringen, für die Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar ist. Die Feststellung der Unvermeidbarkeit erfordert eine Abwägung im Einzelfall zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten, steuerlich nicht beeinflussten Wettbewerb einerseits und der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten andererseits.
Fazit
Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaften sollten auf Basis des BFH-Urteils überprüfen, ob die dort formulierten Anforderungen an einen Zweckbetrieb gem. § 65 AO auch weiterhin erfüllt sind, und ihre Tätigkeiten ggf. entsprechend anpassen.
Autor: RA Thilo Scharfenecker, WP StB Markus Ender