BMF-Schreiben zum Vorsteuerabzug unter § 2b UStG bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts

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Gabriele Kirchhof

4 Juli 2024
Bereich Umsatzsteuer

Mit dem BMF-Schreiben vom 12.6.2024 nimmt die Finanzverwaltung zum Vorsteuerabzug unter § 2b UStG Stellung. Damit finalisiert die Finanzverwaltung knapp zwei Jahre nach Veröffentlichung eines ersten Entwurfs zum Vorsteuerabzug das Anwendungsschreiben. Erstaunlicherweise enthält das finale Schreiben nur wenige Änderungen im Vergleich zur Entwurfsfassung.

Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne einen Überblick zu den wesentlichen Kernaussagen des Bundesfinanzministeriums (BMF) zum Vorsteuerabzug unter § 2b UStG geben und auf die (systemseitigen) Erfordernisse bei der Ermittlung des Vorsteuerabzugs unter § 2b UStG hinweisen.

Grundlagen zum Vorsteuerabzug bei jPöR

Das BMF stellt zunächst klar, dass für den Vorsteuerabzug von jPöR prinzipiell die allgemeinen Regelungen gleichermaßen gelten (insb. Direktzuordnung und sachgerechte Vorsteueraufteilung nach Abschnitt 15.17 UStAE). Bei jPöR ist hierfür zwischen der unternehmerischen für umsatzsteuerliche Zwecke relevanten wirtschaftlichen Betätigung und der nichtunternehmerischen Betätigung (nichtwirtschaftliche Tätigkeit i.e.S. bzw. hoheitliche Tätigkeit) zu unterscheiden.

  • Der Vorsteuerabzug ist grundsätzlich nur eröffnet, soweit die Eingangsleistungen für den unternehmerischen Bereich bezogen werden und zwischen der Eingangs- und der Ausgangsleistung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht.
  • Bei Erwerb von Gegenständen ist darüber hinaus noch zu beachten, dass diese als nicht für das Unternehmen bezogen gelten, wenn diese voraussichtlich zu weniger als 10% für den unternehmerischen Bereich genutzt werden (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG).
  • Der Vorsteuerabzug für Leistungen, die ausschließlich für den hoheitlichen Bereich (nichtwirtschaftlicher Bereich i.e.S.) bezogen werden, ist jedoch immer ausgeschlossen.

In der Praxis werden Eingangsleistungen von jPöR in einer Vielzahl der Fälle „teilunternehmerisch“ verwendet (z.B. Bezug von Heizmaterial für den hoheitlichen Bereich und den wirtschaftlichen Bereich). In diesen Fällen ist folglich entsprechend den allgemeinen Regelungen nur ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich.

Vorsteuerabzugsquote für teilunternehmerisch verwendete Eingangsleistungen anhand eines Einnahmeschlüssels

Abgeleitet aus den allgemeinen Regelungen zum Vorsteuerabzug schafft das BMF im Schreiben vom 12.6.2024 eine vereinfachte Berechnung des Vorsteuerabzugspotentials für jPöR bei teilunternehmerisch genutzten Eingangsleistungen. Zur sachgerechten Ermittlung des Vorsteuerabzugs kann der Vorsteuerabzug nach Auffassung des BMF zukünftig mittels eines zweistufigen Einnahmeschlüssels (alternativ Haushaltsschlüssels) prozentual berechnet werden.

Hierbei sind in einem ersten Schritt die Nettoeinnahmen aus dem unternehmerischen Bereich ins Verhältnis zu den Gesamteinnahmen zu setzen. Soweit die für den unternehmerischen Bereich erzielten Einnahmen weniger als 10% der Gesamteinnahmen betragen, gilt die Eingangsleitung als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Ein Vorsteuerabzug scheidet korrespondierend aus. Die 10% Grenze ist auf Hilfs- und Betriebsstoffe, Verbrauchsmaterialien und sonstige Leistungen nicht anzuwenden.

In einem zweiten Schritt muss geprüft werden, ob die jPöR auch Einnahmen erzielt, die den Vorsteuerabzug ausschließen (z.B. steuerfreie Ausgangsumsätze).

Der Einnahmeschlüssel kann bei teilunternehmerisch genutzten Eingangsleistungen nicht angewendet werden, wenn die genaue Ermittlung der Verhältnisse im Einzelfall nach den o.g. allgemeinen Grundsätzen ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist. Nach Auffassung des BMF liegen besondere Schwierigkeiten bei abgrenzbaren Teilbereichen mit kaufmännischem Rechnungswesen (z.B. entsprechend geführte BgA oder Eigenbetriebe) regelmäßig nicht vor.

Für teilunternehmerisch genutzte Grundstücke führt das BMF aus, dass hier der Einnahmeschlüssel nur dann angewendet werden kann, wenn kein sachgerechter Schlüssel nach den üblichen Voraussetzungen (vgl. Abschnitt 15,17. Abs. 5ff. UStAE) ermittelt werden kann.

Bei der Ermittlung des Einnahmeschlüssels eröffnet das BMF die Möglichkeit, einen einrichtungsbezogenen Einnahmeschlüssel zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass die jPöR die Möglichkeit hat, je abgrenzbarem Teilbereich (Einrichtung) einen eigenen Einnahmeschlüssel zu verwenden.

Die Verwendung des Einnahmeschlüssels befreit prinzipiell nicht von den Dokumentation- und Überwachungsverpflichtungen nach § 15a UStG. Auf die Verpflichtungen kann jedoch verzichtet werden, soweit der Gegenstand bei einem zukünftigen Verkauf oder einer Entnahme in voller Höhe der Umsatzbesteuerung unterworfen wird.

Besonderheit für jPöR mit geringem unternehmerischen Bereich

Kleine jPöR, deren steuerpflichtige Ausgangsumsätze im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von EUR 45.000 nicht übersteigen, können einen „pauschalen Vorsteuersatz“ ermitteln. Die Möglichkeit der pauschalen Ermittlung der Vorsteuer ist für einen Zeitraum mindestens von fünf Jahren bindend.

Besonderheiten für Organisationseinheiten von Bund und Ländern

Zudem nimmt das BMF in dem Schreiben zum Vorsteuerabzug bei Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder Stellung. Hervorzuheben ist hier die Möglichkeit, anstelle eines Einnahmeschlüssel einen Haushaltsschlüssel verwenden zu können, der auf den Haushaltsansätzen beruht. Im Übrigen gelten auch für Organisationseinheiten die allgemeinen Regelungen des BMF-Schreibens vom 12.06.2024.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Vereinfachungen können nur für Besteuerungszeiträume angewendet werden, für die die jPöR § 2b UStG anwendet. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) wird an entsprechender Stelle um einen Verweis auf das BMF-Schreiben ergänzt.

Fazit und Handlungsempfehlung

Das BMF-Schreiben bietet durch die vereinfachte Ermittlung des Vorsteuerabzugs bei teilunternehmerischen Leistungsbezügen die Chance eines zusätzlichen Vorsteuerabzugs, die nicht ungenutzt bleiben sollte. Jede jPöR ist daher gut beraten, sich mit den Details des BMF-Schreibens vom 12.06.2024 auseinanderzusetzen und die Höhe des möglichen (vereinfachten) Vorsteuerabzugs auszuloten.

So sollte in einem ersten Schritt untersucht werden, wann die Ermittlung des Vorsteuerabzugs bei teilunternehmerisch genutzten Eingangsleistungen nach den allgemeinen Grundsätzen noch möglich bzw. zumutbar ist. Insbesondere bei Leistungen, die einem BgA zuzuordnen sind, und grundstücksbezogenen Eingangsleistungen (Vermögensverwaltung) wird dies regelmäßig möglich bzw. zumutbar sein. In diesen Fällen scheidet die vereinfachte Ermittlung des Vorsteuerabzugs aus. Für alle übrigen Bereiche sollte die Berechnung des prozentualen Einnahmeschlüssels aus den Haushaltsdaten der jeweiligen jPöR mit überschaubarem Aufwand möglich sein.

Neben der formellen Prüfung der Eingangsrechnungen im Hinblick auf die umsatzsteuerlichen Vorschriften für ordnungsgemäße Rechnungen ist die getrennte Verbuchung der Vorsteuerbeträge auch bei Leistungsbezügen außerhalb des BgA-Bereichs der jPöR eine der wesentlichen Voraussetzungen für die (automatisierte) Ermittlung des Vorsteuerabzugspotentials. Es ist damit zu rechnen, dass die Ermittlung des konkreten Vorsteuerabzugs aus teilunternehmerisch genutzten Eingangsleistungen die öffentliche Hand vor größere (technische) Herausforderungen stellt, da die IT-Systeme der Verwaltung oft (noch) nicht auf die steuerlichen Erfordernisse unter § 2b UStG eingestellt sind. Einem systemseitig korrekt hinterlegten Vorsteuerschlüssel kommt für einen vereinfachten Vorsteuerabzug eine entscheidende Rolle zu.

Unabhängig vom konkreten Umstellungszeitpunkt auf § 2b UStG empfehlen wir daher, sich frühzeitig mit den oft sehr heterogen IT-Systemen in der eigenen Verwaltung zu beschäftigen, sowie mit den handelnden Personen in den einzelnen Abteilungen die notwendigen Anpassungen der Prozesse und der Systeme an § 2b UStG festzulegen. 

Autor:innen: StB Martin Burger, StB Sabrina Ohnstedt