Erleichterung für den Ausbau von Wohnbebauung gekippt - § 13b BauGB verstößt gegen EU-Recht

Hintergrund

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Juli 2023 entschieden, dass § 13b BauGB gegen EU-Recht verstößt und den in Streit stehenden Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Die Gründe liegen jetzt vollständig vor. Bei der Bauleitplanung in den Kommunen ist diese Entscheidung zwingend zu berücksichtigen.

Die Entscheidung des BVerwG

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18.06.2023 – Az.: 4 CN 3.22 – entschieden, dass das in § 13b BauGB vorgesehene beschleunigte Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen gegen EU-Recht verstößt.

Kontext der Entscheidung

Nach § 13b BauGB konnte in bestimmten Fällen (Planung dient der Wohnnutzung, Planfläche kleiner 10.000 m², Planfläche liegt im Außenbereich, schließt aber an Innenbereich an) auf die Umweltprüfung verzichtet werden. Von diesem „beschleunigten Verfahren“ wurde in den letzten Jahren vermehrt Gebrauch gemacht, u.a. um dem Wohnungsmangel zu begegnen. Einen der so aufgestellten Pläne hatte eine Umweltvereinigung im Wege eines Normenkontrollverfahrens angegriffen. Konkret ging der Streit um einen Bebauungsplan für ein rund drei Hektar großes Gebiet am Ortsrand einer Gemeinde.

Das Bundesverwaltungsgericht ist im Ergebnis zur Europarechtswidrigkeit des § 13b BauGB gekommen und begründet dies im Wesentlichen damit, dass ein Verzicht auf die Umweltprüfung nur möglich ist, wenn erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Dies könne nicht pauschal in einem Gesetz festgelegt werden. Festgestellt hat das Gericht dann, dass § 13b BauGB nicht mehr angewendet werden darf.

Auswirkungen der Entscheidung

Die Auswirkungen dieser Entscheidung für Kommunen, die das „beschleunigte Verfahren“ nach § 13b BauGB zur Anwendung gebracht haben, hängen entscheidend davon ab, in welchem Stadium sich das konkrete Verfahren befindet. Laufende beschleunigte Verfahren im Außenbereich sind in ein Regelverfahren zu überführen. Die Umweltprüfung ist nachzuholen. Ob weitere Verfahrensschritte nachzuholen sind, hängt im Einzelnen vom bisherigen Verlauf des Aufstellungsverfahrens ab.

Bereits in Kraft getretene, im Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellte Bebauungspläne leiden nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unter einem „beachtlichen Verfahrensmangel“. Ein solcher Mangel wird unbeachtlich, wenn er nicht innerhalb einer Jahresfrist ab Bekanntmachung des Plans schriftlich gerügt wird (§ 215 BauGB). Dies bedeutet: Ist die Jahresfrist noch nicht verstrichen, kann der Verfahrensmangel noch erfolgreich gerügt werden, was zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen wird. Welche Handlungsoptionen Kommunen in dieser Situation ergreifen sollten, ist in jedem Einzelfall zu beurteilen. Denkbar ist etwa die Durchführung eines „ergänzenden Verfahrens“.

Ist die Jahresfrist demgegenüber bereits abgelaufen, ohne dass Verfahrensfehler gerügt wurden, greift grundsätzlich die Folge des § 215 BauGB. Auch wenn die Europarechtskonformität dieser Bestimmung nicht unumstritten ist, ist die Regelung geltendes Recht und der Mangel wird unbeachtlich. Die Wirksamkeit von Bebauungsplänen lässt sich in diesen Fällen nur noch inzident im Rahmen von Verfahren gegen konkreten Baugenehmigungen überprüfen, die auf Grundlage des Plans erteilt wurden. Es ist dabei allerdings keinesfalls sicher, dass der aufgrund von § 13b BauGB erfolgte Verzicht auf die Umweltprüfung in einem solchen Verfahren relevant ist. Dies muss jeweils anhand der Einzelfallumstände beurteilt werden.

Handlungsempfehlung

Kommunen sollten ihre Handlungsoptionen prüfen. Klar ist, dass laufende Planverfahren im Außenbereich in ein Regelverfahren zu überführen sind. Ein Verzicht auf die Umweltprüfung ist nicht mehr möglich. In allen weiteren Fällen ist eine genaue Bewertung der Einzelfallumstände notwendig.

Autoren: RA Dr. Oliver Wittig, RA Dr. Rene Schmelting