Gemeinnützige Rechtsträger können neue Kooperationsmöglichkeiten nutzen

Die Kooperationsmöglichkeiten für gemeinnützige Rechtsträger wurden durch den Gesetzgeber erheblich erweitert. Zwischenzeitlich hat sich die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 06.08.2021 bzgl. der Änderung des AEAO zur Anwendung der Neuregelungen geäußert. Deren – teils einschränkende – Auslegung der Vorschriften begegnet auch in der steuerrechtlichen Literatur berechtigter Kritik. Dennoch bieten die Neuregelungen gemeinnützigen Körperschaften bereits jetzt erhebliche Chancen.

Grundsätzlich müssen die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke von der steuerbegünstigten Körperschaft unmittelbar, d.h. selbst, verwirklicht werden. Durch den neu eingefügten § 57 Abs. 3 AO ist die erforderliche Unmittelbarkeit auch dann gegeben, wenn eine Körperschaft ihren steuerbegünstigten Zweck durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Körperschaft verwirklicht. Dies ermöglicht ein bisher in diesem Umfang nicht mögliches arbeitsteiliges Kooperieren.  

Die Körperschaften, die sich auf § 57 Abs. 3 AO berufen, müssen das Zusammenwirken mit anderen Körperschaften zur Verwirklichung des eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecks in ihren Satzungen als Art der Zweckverwirklichung aufnehmen. Dabei fordert die Finanzverwaltung, dass die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation in den Satzungen der Beteiligten bezeichnet werden müssen. Dies ist auf große Kritik gestoßen. Bemängelt werden die fehlende Verankerung im Gesetz sowie Praktikabilitätshindernisse. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung zeitnah reagiert, um unnötige formelle Kooperationshürden zu beseitigen.  

Da die vorgeschriebenen Satzungserfordernisse für Zwecke der Steuerbegünstigung während des ganzen Veranlagungs- bzw. Bemessungszeitraums vorliegen müssen, wirken die erforderlichen Satzungsanpassungen erst im Folgezeitraum. Daher finden viele Kooperationen i.S.d. neuen § 57 Abs. 3 AO nun erstmals Berücksichtigung.    

Die Vorschrift erfordert ein satzungsgemäßes planmäßiges Zusammenwirken. Planmäßiges Zusammenwirken in diesem Sinn ist das gemeinsame, inhaltlich aufeinander abgestimmte und koordinierte Wirken von zwei oder mehreren steuerbegünstigten Körperschaften, um einen ihrer steuerbegünstigten Satzungszwecke zu verwirklichen. Hierfür kommen alle Tätigkeiten in Betracht, die geeignet sind, die Verwirklichung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke in Kooperation mit einer anderen Körperschaft zu erfüllen. Das können Dienstleistungen sein, es können aber auch reine Nutzungsüberlassungen zwischen den Körperschaften genügen. Erforderlich bleibt aber, dass jede der beteiligten Körperschaften selbst einen Beitrag zur Zweckverwirklichung leisten muss.  

Im Gesetzgebungsverfahren wurde mehrfach als Anwendungsbeispiel das Zusammenwirken zwischen einer gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft, die Wäschereileistungen erbringt, genannt. Für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung kommt es insoweit auf den Charakter der Tätigkeiten aller beteiligten Körperschaften an. Tätigkeiten werden zur Verwirklichung des gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks erbracht, wenn sie - unter der Hypothese, sie wären einheitlich von einer Körperschaft ausgeübt worden - dem steuerbegünstigten Bereich (Zweckbetrieb oder ideelle Tätigkeit) zugeordnet werden könnten. So können beispielsweise auch Serviceleistungen wie Buchhaltung oder Beschaffungsstellen sowie Nutzungsüberlassungen und Vermietungen im Rahmen einer Kooperation begünstigt sein.  

Für die „Planmäßigkeit“ des Zusammenwirkens wird keine Wiederholungsabsicht gefordert. Auf Projektebene betrachtet können also auch einzelne Vorhaben die Voraussetzungen von § 57 Abs. 3 AO erfüllen. Praktisch dürfte die Kooperation bei nur einzelnen Projekten durch die strengen Satzungserfordernisse, die die Finanzverwaltung derzeit für notwendig erachtet, gehemmt sein.  

Das Zusammenwirken ist nicht nur auf das Verhältnis zwischen den steuerbegünstigten Körperschaften beschränkt. Möglich ist auch, dass mehrere Körperschaften unterschiedliche Leistungselemente an einen selbst nicht steuerbegünstigten Dritten erbringen, wenn diese Leistungselemente durch ihr Zusammenwirken in die Förderung eines gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks münden.  

Die strengen Anforderungen der Finanzverwaltung sollten gemeinnützige Körperschaften nicht davon abhalten, sinnvolle Kooperationsmöglichkeiten – wie vom Gesetzgeber beabsichtigt – umzusetzen.   

Autor:innen: RA StB Michael Pfundt, RA Frauke Lange