Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat kürzlich mit Schreiben vom 15. Dezember 2021 auf zwei Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Dezember 2019 (Az. I R 58/17 und I R 9/17) zu Verpachtungen durch die öffentliche Hand reagiert und das BMF-Schreiben vom 12. November 2009 grundlegend angepasst. Der BFH hatte insbesondere zur Frage der Entgeltlichkeit der Verpachtungen bei Verpachtungs-BgA und zur Beurteilung der Verpachtungstätigkeit als begünstigtes Dauerverlustgeschäft i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG Stellung genommen.
Entscheidungen des BFH
Gemäß § 4 Abs. 4 KStG gilt als Betrieb gewerblicher Art (BgA) auch die Verpachtung eines solchen Betriebes. Die BFH-Rechtsprechung definiert die „Verpachtung“ als eine entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten, die auch beim Verpächter zur Begründung eines BgA führen würde. Entgeltlichkeit in diesem Sinne liegt demnach nicht vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Pächter, sondern der Verpächter die wirtschaftliche Last der vereinbarten Pacht zu tragen hat. Bei einer Verneinung der Entgeltlichkeit liegt im Ergebnis auch kein BgA vor.
Der BFH hat sich in seinen Entscheidungen außerdem dazu geäußert, dass eine dauerdefizitäre Verpachtung nicht die Voraussetzungen eines begünstigten Dauerverlustgeschäfts im Sinne des § 8 Abs. 7 KStG erfüllen kann, da der Verpachtungs-BgA das Geschäft nicht selbst tätigt.
Auswirkung auf „klassische“ Verpachtungs-BgA
In der Praxis wird dem Pächter neben seiner Verpflichtung zur Zahlung der Pacht auch ein Betriebskostenzuschuss gewährt wird (z.B. Verpachtung von Schwimmbädern, Kantinen oder Veranstaltungshäusern). Bisher hatte die Finanzverwaltung zur Beurteilung der Entgeltlichkeit der Verpachtung auf eine rechtliche und tatsächliche Verknüpfung zwischen Pacht und Zuschuss abgestellt, bspw. ob beides im gleichen Vertrag vereinbart wurde. Das BMF schließt sich nun der Ansicht des BFH zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise an. Eine Entgeltlichkeit ist nicht gegeben, wenn die Pacht wirtschaftlich vom Verpächter getragen wird, also beispielweise der Betriebskostenzuschuss der Höhe der Pacht entspricht (Rz. 15a). Und auch hinsichtlich des Nicht-Vorliegens eines begünstigten Dauerverlustgeschäfts bei Verpachtung folgt das BMF dem BFH an und ergänzt, dass in Fällen der Organschaft der Organträger und in Fällen der Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 KStG der zusammengefasste BgA die begünstigte Tätigkeit selbst ausüben muss, um in den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 7 KStG zu kommen (Rz. 22, 47).
Auswirkung auf Fälle der Betriebsaufspaltung
Werden nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an den Pächter verpachtet, liegt grundsätzlich kein Verpachtungs-BgA, sondern Vermögensverwaltung vor (Rz. 17). Sofern bei einer Verpachtung von wesentlichen Betriebsgrundlagen die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen einer sog. Betriebsaufspaltung (H 15.7 Abs. 4 EStH) vorliegen, findet die Verpachtung jedoch im Rahmen eines sog. Besitz-BgA statt. Zur Frage, ob im Falle einer Betriebsaufspaltung die Entgeltlichkeit vorliegt, sind in einer Gesamtbetrachtung neben der Pacht auch erwartbare Dividenden aus der Beteiligung am Betrieb des Pächters und die Wertzuwächse in der Pachtsache zu berücksichtigen (Rz. 17).
Im Betriebsaufspaltungsfall besteht noch ein weiterer Unterschied im Vergleich zu einem Verpachtungs-BgA: Eine dauerdefizitäre Verpachtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung kann beim Besitz-BgA zu einem begünstigten Dauerverlustgeschäft führen, sofern die Betriebsgesellschaft begünstigte Tätigkeiten i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG ausübt (Rz. 47). Dies wäre zum Beispiel im Bereich des ÖPNV der Fall (Rz. 48).
Auswirkungen für die Praxis
Entscheidend für die (zukünftige) steuerliche Beurteilung ist, ob eine Entgeltlichkeit der Verpachtung im Einzelfall vorliegt. Nur im Falle einer entgeltlichen Verpachtung ist von einem BgA auszugehen. Liegt keine Entgeltlichkeit der Verpachtung (mehr) vor, fällt der BgA weg und die stillen Reserven im Betriebsvermögen des BgA sind zu versteuern. Liegt (weiterhin) ein BgA vor, ist im nächsten Schritt zu beurteilen, ob eine dauerdefizitäre Verpachtung vorliegt.
Bei einem "klassischen" Verpachtungs-BgA kommt unabhängig von der Tätigkeit des Pächters spätestens ab dem Jahr 2023 die Sonderregelung für begünstigte Dauerverlusttätigkeiten nicht mehr zur Anwendung. Der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) ist die Folge. Nur bei Verpachtungen, die die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllen, besteht die Chance, dass die Finanzverwaltung beim Vorliegen eines Dauerverlustgeschäfts noch ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft akzeptiert. Kommt die Sonderregelung für begünstigte Dauerverlustgeschäfte zur Anwendung, erfolgt kein Ansatz einer vGA. Der Abgrenzung von „klassischen“ Verpachtungs-BgA und Betriebsaufspaltungs-BgA kommt somit eine bedeutende Rolle zu.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Die Anwendung der bisher geltenden Grundsätze bis zum 31. Dezember 2022 ist zulässig. Es ist daher empfehlenswert die verbleibende Zeit zu nutzen und die bestehenden Verpachtungsverträge zu sichten und ggfs. anzupassen.
Autor:innen: RA StB Tobias Kreiter, RA StB Bianca Sparacio