Pflicht zur Rückforderung von verjährten "Altbeihilfen" durch nationale Behörden

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Oliver Wittig

Zur Reichweite der Zehnjahresfrist

Aktuelles EuGH-Urteil: Müssen nationale Gerichte Beihilfen auch noch nach Ablauf der europarechtlichen Verjährungsfrist (Art. 17 Abs. 1 VO 2015/1589) von 10 Jahren zurückfordern?  

Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik hatte dem EuGH (Rs- 700/22) diese Frage vorgelegt. Hintergrund der Frage ist, dass die EU-Kommission bei Beihilfen, die unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) gewährt werden, feststellen kann, dass diese mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind. In diesem Fall erlässt die EU-Kommission einen Rückforderungsbeschluss. Ist die fragliche - formell rechtswidrige - Beihilfe aber vor mehr als 10 Jahren gewährt worden, setzt eine Art Verjährung ein. Die EU-Kommission kann die Beihilfe dann nicht mehr zurückfordern. Die unzulässige Beihilfe wird vielmehr zukünftig als sog. "bestehende Beihilfe" (Art. 17 Abs. 1 VO 2015/1589) angesehen.

Der EuGH hat nun in seiner Entscheidung auf die Vorlagefrage des tschechischen Gerichts klargestellt, dass diese "Verjährung" nur auf europäischer Ebene - also für die EU-Kommission - gilt. Art. 17 Abs. 1 VO 2015/1589 gilt aber nicht auch in den Mitgliedstaaten. Dort bestimmt sich die Verjährung von formell beihilferechtswidrigen Beihilfen vielmehr nach den jeweiligen nationalen Vorgaben. 

Das heißt im Ergebnis: auch sog. bestehende Beihilfen sind weiterhin (formell) rechtswidrig und müssen von nationalen Gerichten im Rahmen der nationalen Fristen zurückgefordert werden. Über diese Rückforderungspflicht haben nationale Behörden selbst nach den nationalen Vorgaben zu entscheiden.   

Fazit

Der EuGH bestätigt, dass die Verjährung einer Rückforderung durch nationale Gerichte nach den nationalen Vorschriften erfolgt. Die 10-Jahresfrist der VO 2015/1589 gilt im nationalen Bereich nicht.

Autor:innen: RA Dr. Oliver Wittig, RA Susanne Müller-Kabisch