Schwimmbäder in der Umsatzsteuer - hier Mineral-Thermalbäder: Hinweise zu einem Schreiben des BMF vom 28.09.2022

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Gabriele Kirchhof

16 März 2023

Laut einer Studie aus dem Jahr 2021 des Bundesinstituts für Sportwissenschaft gibt es in ganz Deutschland insgesamt etwa 9.500 (Schwimm-)Bäder. Für in Schwimm- und Heilbädern erzielte Umsätze findet unter gewissen Voraussetzungen der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7% Anwendung. Sowohl für Kunden als auch für die Betreiber der Schwimmbäder stellt diese Ermäßigung eine große finanzielle Entlastung dar, auf die beiderseits nur ungern verzichtet wird. Der BFH sorgte zuletzt mit seinem Beschluss vom 17.08.2021 (Az.: XI B 29/21, NV) für Unsicherheiten hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes auf die Eintrittsgelder in Thermalbäder.  

Hintergrund: Definition des Begriffs „Schwimmbad“

Gemäß den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes in § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG unterliegen die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von derzeit 7%. Gleiches gilt für Umsätze aus der Verabreichung von Heilbädern.

Gemäß Urteil des EuGH vom 21.02.2013 (Az.:C-18/12) und einem Urteil des BFH vom 28.08.2014 (Az.: V R 24/13, BStBl II 2015, S. 194) ist für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes der Begriff „Schwimmbad“ im Sinne einer Sportanlage auszulegen. Entsprechend der o.g. Urteile muss das Schwimmbad zur Ausübung sportlicher Betätigungen geeignet und bestimmt sein. Indizien hierfür sind die Unterteilung in Schwimmbahnen, die Ausstattung mit Startblöcken sowie das Vorhandensein einer angemessenen Tiefe und/ oder das Ausmaß des Schwimmbeckens (vgl. EuGH-Urteil Město Žamberk vom 21.02.2013 - C-18/12, EU:C:2013:95, Rz 34 zu einem "Aquapark"). Kein Schwimmbad im Sinne einer Sportanlage sind demnach solche Einrichtungen, in denen lediglich ein Erholungsbad genommen werden kann.

Die Finanzverwaltung hat in Abschnitt 12.11 Abs. 1 S. 2 f. UStAE formuliert, dass ein Schwimmbad dazu bestimmt und geeignet sein muss, eine Gelegenheit zum Schwimmen zu bieten. Dies setze voraus, dass Wassertiefe und Größe des Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Tätigkeiten ermöglichen. Die Finanzverwaltung fordert somit nicht, dass es sich bei dem Schwimmbad um eine Sportanlage handeln muss, wie es die o.g. Rechtsprechung ausgelegt hat.

Beschluss des BFH vom 18.08.2021

Infolge dieser inhaltlichen Divergenz der Definition des Schwimmbadbegriffs durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung wurde der BFH angerufen, der hierzu 2021 einen Beschluss veröffentlicht hat (vom 18.08.2021; Az.: 6 K 1257/18). Im vorliegenden Sachverhalt betrieb die Klägerin eine Therme und bot dort verschiedene Bade- und Wellnesserlebnisse gegen Entgelt an. In der Vergangenheit ging sie davon aus, hiermit zwei getrennte Leistungen zu erbringen. Die Umsätze aus den Schwimmbadbesuchen unterwarf sie dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Höhe von 7% und für die Umsätze aus den Saunabesuchen führte sie Umsatzsteuer in Höhe des Regelsteuersatzes von 19% an das Finanzamt ab. Das Finanzamt nahm allerdings eine einheitliche, mit dem Regelsteuersatz zu besteuernden Wellnessleistung an und lehnte die Aufteilung der Klägerin ab. Nach erfolglosem Einspruch reichte die Klägerin beim Finanzgericht Hessen Klage ein. Das FG Hessen bestätigte die Sicht des Finanzamts und wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Klägerin erhob Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim BFH.

Der BFH hat die Beschwerde mit seinem Beschluss abgewiesen, da die vorgebrachten Gründe für eine Revision, also eine Verhandlung des Falles vor dem BFH, nicht gegeben seien. Der BFH vertritt in seinem Beschluss die Auffassung, dass es sich bei der „Badewelt“ der Klägerin nicht um ein Schwimmbad gemäß der Definition des BFH und EuGH handelt. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit zum sportlichen Schwimmen, was bei der Therme der Klägerin aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers jedoch im Hintergrund steht. Der BFH hat in seiner Begründung auf die bestehende Rechtsprechung verwiesen, aber keine eigenen Aussagen zur Beurteilung getroffen.

Dennoch führte der Beschluss zu großen Unsicherheiten bei Betreibern von Mineralthermalbädern, welcher Steuersatz nun anzuwenden sei. Zur Klärung dieser Frage erfolgte eine schriftliche Anfrage an das Bundesfinanzministerium. Die Antwort des BMF zu dieser Thematik lässt alle Thermen hoffen.

Schreiben des BMF zu den Sorgen und Nöten der Mineral-Thermalbäder vom 28.09.2022

Das BMF stellt in seinem Antwortschreiben die in den Vorschriften des Abschnitt 12.11 UStAE verfassten Grundsätze zum Schwimmbad nochmals dar. Mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundene Umsätze lägen insbesondere bei der Benutzung der Schwimmbäder durch Besucher vor. Nach Verwaltungsauffassung sollten die Wassertiefe und die Größe des Beckens das Schwimmen und andere sportliche Betätigungen ermöglichen. Die sportliche Betätigung in den Bädern müsse zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nicht auf eine bestimmte Art und Weise (z.B. regelmäßig) ausgeübt werden. Somit unterliegt nach Auffassung des BMF auch der Thermalbadeintritt grundsätzlich (weiterhin) dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, vorausgesetzt die Beckengröße ermögliche ein Schwimmen. Eine Verschärfung der Rechtslage träte durch den BFH-Beschluss nicht ein, da es sich nicht um (neue) materiell-rechtliche Aussagen zum Umsatzsteuersatz bei Umsätzen von Schwimmbädern handele, sondern um eine Feststellung, dass die vorgebrachten Gründe für die Vorlage der Frage beim BFH (Revisionszulassungsgründe) nicht gegeben seien.

Das BMF hat die Thematik darüber hinaus mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtert, die einhellig die Auffassung des BMF teilen.

Zusammenfassung und Ausblick

Das Schreiben des BMF ist mit seiner Klarstellung und der Abstimmung auf Länderebene aus Sicht der betroffenen Thermen sehr zu begrüßen. Aufgrund der unterschiedlichen Formulierungen der Voraussetzungen für die Annahme eines Schwimmbads zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes werden hier in Zukunft aber voraussichtlich weitere Rechtsfragen aufkommen. Die zukünftige Rechtsprechung des BFH und des EuGH sollte daher von den Betreibern entsprechender Einrichtung mit Spannung im Auge behalten werden.

Autor:innen: StB Tobias Kreiter, StB Bianca Sparacio