Der Weg vom Bett ins Homeoffice dient der erstmaligen Arbeitsaufnahme und findet im Interesse des Arbeitgebers statt. Ein Unfall auf diesem (Betriebs-)Weg ist daher als Arbeitsunfall einzustufen (BSG, Urteil vom 08. Dezember 2021, Az: B 2 U 4/21 R).
Sachverhalt:
Der klagende Beschäftigte befand sich auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro, als auf der dazwischenliegenden Wendeltreppe ausrutschte und sich einen Brustwirbel brach. Da der Kläger üblicherweise nicht frühstückt, handele es sich um seinen direkten Weg zur Arbeitsstätte und somit auch um einen versicherten Betriebsweg, so jedenfalls entschied das Sozialgericht Aachen. Das Landessozialgericht hingegen war anderer Meinung und führte insbesondere aus, dass es sich dabei lediglich um eine Vorbereitungshandlung handele, woran ein Versicherungsschutz und damit dessen Anerkennung als Arbeitsunfall gemäß § 8 SGB VII scheitere.
Die Entscheidung
Die Revision des Klägers war erfolgreich. Das BSG bestätigte die Entscheidung des Sozialgerichts.
In seinem Urteil vom 14. Juni 2019 führte das SG Aachen (Az: S 6 U 5/19) aus, dass das Hinabsteigen der Treppe in dem Wohnhaus in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit gestanden habe. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Sturzes einen versicherten Betriebsweg im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zurückgelegt. Es sei darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt des Unfallereignisses die Handlungstendenz vorgelegen habe, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben zu wollen. Die Handlungstendenz des Klägers sei darauf gerichtet gewesen, eine seiner Arbeitgeberin dienende Tätigkeit auszuüben. Demnach habe sich der Kläger zum Zeitpunkt des Sturzes auf der Treppe auf einem versicherten Betriebsweg befunden.
Bisher liegen noch keine Urteilsgründe des BSG vor. Aus der Pressemitteilung des BSG ist zu entnehmen, dass ausnahmsweise ein Betriebsweg im häuslichen Bereich denkbar sei, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befinden. Das Beschreiten der Treppe ins Homeoffice diene vorliegend allein der erstmaligen Arbeitsaufnahme und sei deshalb als Betriebsweg im Interesse des Arbeitgebers versichert.
Praxishinweis
Das BSG korrigiert mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, auf die sich das Landessozialgericht noch berief. Obwohl das BSG den Fall anhand einer früher geltenden Rechtslage entschieden hat, wird diese Entscheidung auch der Neuregelung des Unfallversicherungsschutzes im Homeoffice gerecht. Seit Juni 2021 besteht der Versicherungsschutz bei einer Tätigkeit im Homeoffice im gleichen Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers. Nichtsdestotrotz bezieht sich der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht automatisch auf den gesamten Arbeitstag im Homeoffice. Entscheidend ist immer, ob ein innerer Zusammenhang zwischen dem zum Unfall führenden Geschehen und der betrieblichen Tätigkeit besteht.
Co-Autorin: RA Joana Krapikaite