BFH verwirft Abschnitt 2.5 Abs. 17 UStAE
Öffentliche Körperschaften betreiben KWK-Anlagen auch außerhalb von BgA. Bislang nahm die Finanzverwaltung an, dass ein KWK-Zuschlag für selbstverbrauchten Strom zu einer fiktiven Lieferung an und vom vorgelagerten Netzbetreiber führe. Folglich wurde die Rücklieferung mit Umsatzsteuer belastet.
Die Entscheidung des BFH vom 29.11.2022 - XI R 18/21 bestätigt das Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 16.06.2021 sowie große Teile der umsatzsteuerlichen Fachliteratur. Damit widerspricht der BFH der Verwaltungsauffassung, dass die Zahlung eines sog. KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten, sondern dezentral (selbst) verbrauchten Strom gem. § 4 Abs. 3a KWKG 2009 zu einer fiktiven Stromlieferung vom Anlagenbetreiber zum vorgelagerten Netzbetreiber und von diesem zurück an den Anlagenbetreiber führe solle (sog. Hin- und Rücklieferung), vgl. Abschn. 2.5 Abs. 17 Sätze 2 bis 4 UStAE. Diese Verwaltungspraxis führte bei Nichtunternehmern und insbesondere bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit KWK-Anlagen außerhalb von BgA in der Praxis zu Belastungen durch Umsatzsteuer, da sie mangels Unternehmereigenschaft nicht zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Umsatzsteuer auf die fiktive Rücklieferung berechtigt waren. Der BFH stellt nunmehr klar, dass die Zahlung eines KWK-Zuschlags für dezentral verbrauchten Strom weder zu einer Lieferung noch zu einer sonstigen Leistung führt. Die Annahme einer Stromlieferung vom Anlagenbetreiber an den vorgelagerten Netzbetreiber scheidet bei selbst verbrauchtem Strom (sog. Direktverbrauch) aus, da dem Netzbetreiber an diesem Strom nicht die Verfügungsmacht verschafft wird. Damit fehlt es an dem entscheidenden Kriterium für eine Lieferung. Eine Lieferung kann in entsprechenden Fällen für Zwecke der Umsatzbesteuerung auch nicht fingiert werden. Es fehlt dazu an einer gesetzlichen Lieferfiktion. Ferner stellt der BFH klar, dass auch keine sonstige Leistung vorliegt, da es nicht ersichtlich ist, worin die sonstige Leistung bestehen sollte. Ein verbrauchsfähiger Vorteil wird weder bei der Hin- noch bei der Rücklieferung verschafft. Vielmehr handelt es sich der Gewährung des KWK-Zuschlags um einen reinen Zahlungsvorgang, der keine Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts begründet.
Es bleibt abzuwarten, wann und wie die Finanzverwaltung den UStAE an die Rechtsprechung anpasst. Eine Anpassung erscheint vor dem Rechtsstaatsprinzip als unausweichlich. Solange die bisherigen Richtlinien bestehen bleiben, ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Praxis der Netzbetreiber nicht beanstandet wird.
Fazit
Wir empfehlen Netzbetreibern, ihre umsatzsteuerliche Praxis bei der Ausstellung von Gutschriften im Rahmen der Zahlung von KWK-Zuschlägen gem. § 4 KWKG 2009 zeitnah an die BFH-Rechtsprechung anzupassen. Öffentliche Körperschaften sollten sich bei Bedarf auf die aktuelle BFH-Rechtsprechung berufen.
Autoren: RA StB Dr. Erik Ohde, RA StB Sven Thomas Fleschütz