Hintergrund
Unternehmen, die dem Abschnitt C (Bergbau und Gewinnung von Steine und Erden), D (Verarbeitendes Gewerbe), E (Energie- und Wasserversorgung) oder F (Baugewerbe) der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2003) zuzuordnen sind (Unternehmen des Produzierenden Gewerbes), erhalten im Energiesteuer- und im Stromsteuergesetz bislang den sog. Spitzenausgleich (§ 55 Energiesteuergesetz, § 10 Stromsteuergesetz). Diese Steuerentlastungen ermöglichen es den betreffenden Unternehmen, für ihre betrieblichen Energie- und Stromverbräuche unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 90 % der nach Abzug einer allgemeinen Steuerentlastung (§ 54 EnergieStG, § 9b StromStG) verbleibenden Energie- bzw. Stromsteuer auf Heizstoffe und Strom erstattet zu bekommen. Voraussetzungen hierfür sind bislang der Betrieb eines bestimmten Energie- oder Umweltmanagementsystems und die Feststellung der Bundesregierung, dass die jährlichen Zielwerte zur Reduzierung der Energieintensität von allen Unternehmen in Deutschland (sog. Glockenlösung) erreicht wurden.
Diese Steuerbegünstigungen waren allerdings nur bis zum 31. Dezember 2022 gesetzlich verbindlich geregelt, so dass eine Nachfolgeregelung schon seit längerem erwartet wurde.
Wesentlicher Inhalt der Nachfolgeregelung
Der sog. Spitzenausgleich (§ 55 EnergieStG, § 10 StromStG) soll nun um ein weiteres Jahr - gemeint ist das Antragsjahr 2023 - verlängert werden. Dadurch sollen ausweislich der Gesetzesbegründung die aktuelle Energiepreissteigerung gedämpft, einer zunehmenden Inflation entgegengewirkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Unternehmen in Deutschland weiterhin gewährleistet werden.
Im Unterschied zu früheren Jahren soll die Gewährung des Spitzenausgleichs für das Antragsjahr 2023 nicht mehr davon abhängig gemacht werden, dass ein Zielwert für eine Reduzierung der Energieintensität erreicht wurde. Im Gegenzug sollen sich die antragstellenden Unternehmen aber verpflichten, alle in dem jeweiligen Energie- und Umweltmanagementsystem von dem Energieauditor als wirtschaftlich vorteilhaft identifizierten Endenergieeinsparmaßnahmen umzusetzen.
Auch Einschränkungen für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes geplant
Neben der o.g. Verlängerung des Spitzenausgleichs ist nach dem Gesetzentwurf auch eine Änderung einer Ermächtigung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes geplant. Nach § 11 S. 1 Nr. 4 StromStG-E soll das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung die Zuordnung von Unternehmen zu einem Abschnitt oder einer Klasse der Klassifikation der Wirtschaftszweige (§ 2 Nummer 3 und 5) auch abweichend von den Zuordnungsregelungen der Klassifikation der Wirtschaftszweige zu regeln. Abweichende Regelungen von der Klassifikation der Wirtschaftszweige durch eine Rechtsverordnung wurden von der Rechtsprechung bislang als unzulässig angesehen (vgl. Urteil des BFH vom 30.4.2019, VII R 14/18 zu § 15 Abs. 9 StromStV).
Mit der geplanten Änderung der Ermächtigungsgrundlage können auf Grund des § 11 S. 1 Nr. 4 StromStG in der Vergangenheit erlassene Vorschriften (z.B. § 15 Abs. 8 und Abs. 9 StromStV) möglicherweise nachträglich legitimiert werden. Ferner werden dem Verordnungsgeber durch die Gesetzesänderung weitere - derzeit noch nicht absehbare - Spielräume zur Einschränkung der Begünstigung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Verordnungswege eröffnet. In der Gesetzesbegründung heißt es: „Im Ergebnis können so bestimmte Unternehmen aus dem Begünstigtenkreis des Energie- und Stromsteuerrechts in Abweichung von der Zuordnungssystematik nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige von Begünstigungen ausgenommen werden.“
Autoren: Dipl.-Finw. Robert Böhm, RA Ralf Reuter