Die Klägerin ist umsatzsteuerliche Organträgerin eines produzierenden Unternehmens im Zwei-Schicht-Betrieb mit festen, eng begrenzten Pausenzeiten, während derer die Produktion stillsteht. Das Unternehmen befindet sich am Ortsrand außerhalb eines Ballungsgebietes. Es unterhält eine Betriebskantine, welche durch einen externen Dienstleister betrieben wird. Das Unternehmen zahlt entsprechend der in Anspruch genommenen Leistungen hierfür ein monatliches Entgelt und begehrte den Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen des Caterers, welcher vom Finanzamt versagt wurde.
Das FG Baden-Württemberg entschied zunächst, dass im gegebenen Fall ein Leistungsaustausch zwischen Kantinenbetreiber und Arbeitgeber besteht. Der Zuschuss sei das Entgelt für eine an den Arbeitgeber erbrachte Bewirtschaftungsleistung. Das Gericht greift damit die Grundsätze des BFH-Urteils v. 29.01.2014 – Az.: XI R 4/12 auf und weicht von Abschnitt 1.8 Abs. 12 Nr. 3 UStAE ab, nach welchem ein Leistungsaustausch grundsätzlich nur zwischen Caterer und Arbeitnehmer besteht. Die Leistungen umfassen vorliegend die Bewirtschaftung der Kantine zu bestimmten Zeiten mit einem bestimmten Angebot und das Befüllen der Verpflegungsautomaten. Der Arbeitgeber erlange zudem einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifizierten Beschäftigten.
Auch steht dem Arbeitgeber entsprechend dem Urteil der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen des Kantinenbetreibers zu. Die Bewirtschaftungsleistungen erfolgen im eigenen unternehmerischen Interesse des Arbeitgebers und sind durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt, so dass das Interesse des Arbeitgebers an der innerbetrieblichen Verköstigung den Vorteil, der sich für die dort Beschäftigten aus der verbilligten Abgabe der Speisen ergibt, deutlich überwiegt. Dem Organträger stehe deswegen der Vorsteuerabzug zu. Bei der Entscheidungsfindung wurden u.a. folgende Umstände berücksichtigt:
- Lage des Unternehmens (Ortsrand außerhalb eines Ballungsgebietes, Entfernung zu anderen außerbetrieblichen Verpflegungsstätten, erschwerte Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln)
- Betriebsart und Betriebsführung
- Pausenregelungen mit Stillstand der Produktion,
- Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifiziertem Personal.
Fazit
Die vom Finanzgericht aufgestellten Kriterien können die im Einzelfall schwierige Aufgabe, die im überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegende Leistung zu begründen, erleichtern. Der Vorsteuerabzug ist damit nicht mehr per se ausgeschlossen.
Autor/innen: RA StB Dr. Erik Ohde, StB Jana Fengler