Bestimmte (außerordentliche) Veräußerungsgewinne, wie etwa aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs, unterliegen unter gewissen Voraussetzungen (u.a. Altersgrenze) einer ermäßigten Einkommensbesteuerung. Der BFH äußert sich zu der Frage, bis wann ein solcher Antrag für die nur einmal im Leben zu gewährende Begünstigung verfahrensrechtlich zurückgenommen werden kann. Im konkreten Fall verneinte er die Rücknahme, womit sich der Antrag für andere Veräußerungsgewinne verbraucht hat.
Nach § 34 Abs. 3 EStG können auf Antrag u.a. Gewinne aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe einer ermäßigten Besteuerung unterworfen werden. Dieses Wahlrecht kann jedoch nur einmal im Leben ausgeübt werden. Die Ausübung des Wahlrechts unterliegt dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung. Die Ausübung und Änderung von solchen Antrags- oder Wahlrechten ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung so lange möglich, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.
Im konkreten Fall hatte ein Kläger den Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG für die ermäßigte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf seines Mitunternehmeranteils an einer KG gestellt. Dieser wurde im entsprechenden Einkommensteuerbescheid berücksichtigt. Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Gesellschaft, deren Beteiligung der Kläger zuvor veräußerte und für welche er den Antrag stellte, wurde jedoch ein niedrigerer als bisher angenommener Veräußerungsgewinn festgestellt. Folglich wurde gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO der betroffene, mittlerweile bestandskräftige Einkommensteuerbescheid des Klägers geändert. Aufgrund des nun niedrigeren Veräußerungsgewinns wollte der Kläger den Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG zurücknehmen und ihn stattdessen für einen anderen Veräußerungserlös stellen.
Laut BFH durchbricht die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Bestandskraft des Steuerbescheids jedoch nur insoweit, als ein Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen ist (BFH-Urteil vom 20.04.2023, III R 25/22). Infolgedessen erlaubt die Vorschrift keine darüberhinausgehende Korrektur. Eine Änderung des Wahlrechts käme nur in Betracht, wenn die damit verbundenen steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetzten Änderungsrahmen hinausgehen. Da die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG laut BFH über den Änderungsrahmen der beiden Vorschriften hinausging und nicht Gegenstand des Grundlagenbescheids war, konnte der Kläger seinen Antrag nicht mehr zurücknehmen. Damit war der Antrag auf ermäßigte Besteuerung des Veräußerungserlöses nach § 34 Abs. 3 EStG auch für die Berücksichtigung für andere grundsätzlich begünstigte Veräußerungsgewinne verbraucht.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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