Nachdem Anfang 2023 die Abgabefrist für die Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts abgelaufen ist und erste Grundsteuerwertbescheide erlassen wurden, werden zunehmend Verfahren bei Landesverfassungsgerichten und Finanzgerichten anhängig, die sich mit einer möglichen Verfassungswidrigkeit des neuen Grundsteuerrechts beschäftigen.
Nachdem das BVerfG in 2018 das damals geltende Grundsteuerrecht für verfassungswidrig erklärte, musste der Gesetzgeber das Grundsteuerrecht bis Ende 2019 reformieren. Das daraufhin verabschiedete Grundsteuerreformgesetz sieht vor, dass zum 01.01.2022 eine Neubewertung der Grundstücke erfolgt und die neue Grundsteuer zum 01.01.2025 erstmalig erhoben wird.
Die aktuellen Regelungen sind zwar geltendes Recht, doch bereits seit ihrer Einführung werden erneut Zweifel an ihrer Recht- und Verfassungsmäßigkeit geäußert. Dies insbesondere aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen den Modellen. Denn das Grundsteuerreformgesetz sieht neben dem sog. Bundesmodell zur Berechnung der neuen Grundsteuer u.a. eine Länderöffnungsklausel vor, nach der die einzelnen Bundesländer eigene Landesgrundsteuergesetze entwickeln konnten, die an die Belange und Strukturen des jeweiligen Bundeslands angepasst sind. So steht bspw. das baden-württembergische Modell in der Kritik, da es lediglich die Bodenrichtwerte (und nicht die konkrete Bebauung) berücksichtigt (sog. Bodenwertmodell; Klage anhängig beim FG Baden-Württemberg unter 8 K 2368/22, 8 K 2491/22). Wohingegen andere Bundesländer, die sich ebenfalls für ein eigenes Landesmodell entschieden haben, neben der Grundstücksfläche auch die Gebäudefläche und Lage des Grundstücks berücksichtigen (sog. Flächen-Lage-Modell). Aber auch dieses Modell, sowie das bayerische Flächenmodell stehen in der Kritik hinsichtlich einer möglichen Verfassungswidrigkeit (anhängig beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof). Und auch zum Bundesmodell, das in neun Bundesländern und mit Abweichungen in weiteren zwei Bundesländern angewandt wird, sind bereits Verfahren beim FG Berlin-Brandenburg (3 K 3026/23, 3 K 3170/22, 3 K 3018/23) und FG Rheinland-Pfalz (4 K 1189/23, 4 K 1190/23, 4 K 1217/23 und 4 K 1205/23, wobei es sich bei der zuletzt genannten Klage um eine sog. „Sprungklage“ handelt, deren weiterer Fortgang noch von der Zustimmung des Finanzamtes abhängt) anhängig. In Kritik steht hierbei u.a., dass keine objektspezifischen Besonderheiten berücksichtigt werden dürfen und keine Nachweismöglichkeit über einen tatsächlich niedrigeren Verkehrswert besteht. Dies entspreche nach Auffassung der Kritiker nicht dem Rechtsstaatsprinzip und verletze das verfassungsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit.
Festzuhalten bleibt, dass bislang noch kein Verfahren bei einem obersten Bundesgericht und insbesondere nicht beim BVerfG anhängig ist. Eine Entscheidung des BVerfG, sollte ein erneutes Verfahren dort anhängig werden, bleibt abzuwarten. Dennoch sollten die Verfahren ggfs. über einen Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid verbunden mit einem Antrag auf Verfahrensruhe offengehalten werden, um von einer für die Steuerpflichtigen günstigen und u.U. rückwirkenden etwaigen Entscheidung des BVerfG profitieren zu können.