Beschränkte Steuerpflicht bei zeitlich unbegrenzter Überlassung von Know-how

Der BFH äußert sich umfassend zum Erfordernis des sog. Inlandsbezugs bei beschränkt steuerpflichtigen Einkünften gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Die tatsächliche Nutzung im Inland ist laut BFH selbst dann erfüllt, wenn das Know-how nicht den vereinbarten Umfang und / oder die vereinbarte Qualität aufweist.

Erzielt eine ausländische Gesellschaft als Gegenleistung für die zeitlich unbegrenzte Überlassung von Know-how Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.V.m. § 22 Nr. 3 EStG, unterliegen die Zahlungen an diese Gesellschaft dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG setzt eine tatsächliche Nutzung des Know-hows im Inland voraus (sog. Inlandsbezug).

Im konkreten Fall (Streitjahr 2007) hatte nun der BFH darüber zu entscheiden, ob die Zahlungen an eine ungarische Gesellschaft wegen Überlassung des uneingeschränkten Rechts zur Nutzung des von der ungarischen Gesellschaft erarbeiteten Know-how im Rahmen eines Technologietransfervertrags Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG darstellen und der inländische Vergütungsschuldner für die Abzugsteuer nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG haftet.

Dies hat der BFH mit Urteil vom 13.10.2021 (I R 18/18) bejaht. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG setzt eine tatsächliche Nutzung des Know-hows im Inland voraus. Hierfür muss laut BFH das Know-how bestimmungsgemäß im Inland verwendet werden, d.h. es muss durch den Vergütungsschuldner im Inland tatsächlich verwendet oder eingesetzt worden sein, oder der Vergütungsschuldner muss diese inländische Nutzung durch eine andere Person ermöglichen. Nicht entscheidend ist für den BFH, dass die Verwendung des Know-hows auch zu dem vom Vergütungsschuldner beabsichtigten Erfolg geführt haben muss. Die beschränkte Steuerpflicht kann demnach nicht allein deshalb entfallen, weil das überlassene Know-how nicht den Erwartungen des Vergütungsschuldners entspricht oder von vornherein nicht für die von ihm verfolgten Zwecke geeignet war. Sofern solche Umstände im Anschluss an die Überlassung des Know-hows im Inland festgestellt werden, bleibt dennoch ein ausreichender Inlandsbezug erhalten. Auch liegt eine tatsächliche Nutzung im Inland selbst dann vor, wenn das Know-how nicht den vereinbarten Umfang und/oder die vereinbarte Qualität aufweist. Denn dies ändert nichts an dem Leistungsaustausch, der für eine tatsächliche Nutzung im Inland ausreicht und im Ergebnis beschränkt steuerpflichtige Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG begründet.

Darüber hinaus stellt der BFH klar, dass es für den Steuerabzug unerheblich ist, ob der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG bereits zum Zahlungszeitpunkt vollständig erfüllt war. Für den Steuerabzug ist laut BFH ausreichend, wenn zum Zeitpunkt des Zuflusses beim Gläubiger eine tatsächliche Nutzung im Inland beabsichtigt war.

Daneben äußert sich der BFH auch zu verfahrensrechtlichen Aspekten hinsichtlich des gegen den Vergütungsschuldner erlassenen Haftungsbescheids nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG. Der Vergütungsschuldner war gemäß § 73e Satz 2 EStDV i.d.F. 2007 zur Abgabe der Steueranmeldung verpflichtet. Aufgrund der fehlenden Steueranmeldung war der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt, sodass im Ergebnis der Erlass des Haftungsbescheids gemäß § 191 Abs. 3 Satz 1 AO und 3 AO i.V.m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO noch fristgerecht erfolgte. Für die Rechtmäßigkeit des fristgerecht erlassenen Haftungsbescheids kommt es sodann weder auf die abkommensrechtliche Freistellung der Einkünfte (§ 50d Abs. 1 Satz 1 und 10 EStG) noch auf die Undurchführbarkeit des Erstattungsverfahrens nach § 50d Abs. 1 Satz 2 ff. EStG aufgrund der Insolvenz des Vergütungsgläubigers an (§ 73g Abs. 1 EStDV). Das Zusammenwirken dieser Umstände könnte laut BFH ggf. im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens nach § 227 AO berücksichtigt werden. Ein solches war jedoch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 ergibt sich die Verpflichtung zur Abgabe der Steueranmeldung unmittelbar aus § 50a Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. AbzStEntModG.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

 

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