BFH zu Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer

Im Umsatzsteuerrecht kann es bei zeitlich unrichtig (verspätet) angemeldeten Umsätzen zu hohen Nachforderungszinsen kommen. Hierbei kann es aber gerechtfertigt sein, dass diese Zinsen teilweise aus Billigkeit zu erlassen sind.

Umsätze und die darauf abzuführende Umsatzsteuer müssen in zeitlicher Hinsicht nicht nur in dem richtigen Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) angemeldet werden, sondern unterjährig auch in dem korrekten Voranmeldungszeitraum (typischerweise der Kalendermonat). Bspw. ist es unrichtig, die Umsatzsteuer nicht bereits in demjenigen Voranmeldungszeitraum anzumelden, in dem die Leistung ausgeführt worden ist, sondern erst in einem nachfolgenden Voranmeldungszeitraum, in dem die Rechnung gestellt wird. Die Umsatzsteuer ist einem solchen Fall verspätet angemeldet, auch wenn die Verspätung lediglich einen Kalendermonat betragen sollte. Wird diese Verspätung in einem späteren Zeitpunkt korrigiert – zumeist auf eine Außenprüfung hin –, führt dies typischerweise zu einer Verzinsung zu Lasten des Steuerpflichtigen gemäß § 233a AO. Die Systematik des § 233a AO berücksichtigt dabei nicht, dass die Umsatzsteuer bereits einen Monat später angemeldet und entrichtet worden ist. Vereinfacht ausgedrückt, ist der Zinslauf zumeist länger als die Dauer der Verspätung. Der BFH nahm nun für diese in der Umsatzsteuer typischen Konstellation zur Frage eines teilweisen Erlasses der Zinsen Stellung (Urteil vom 23.02.2023, V R 30/20).

Bereits erstinstanzlich entschied das Finanzgericht, dass ein bis zu 56-monatiger Zinslauf unbillig sei, wenn der durch die Verspätung erzielte Liquiditätsvorteil nur einen Monat bestanden habe.

Diese Sichtweise bestätigt der BFH. Er führt aus, dass bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und einer Steuererstattung führt, tatsächlich nicht vorhandene Zinsvorteile auch nicht abzuschöpfen sind.

Die Entscheidung des BFH sollte nicht dazu führen, sorglos in der korrekten zeitlichen Zuordnung und Anmeldung von Umsätzen und Umsatzsteuerbeträgen zu werden. Denn auch wenn die Gerichte im Sinne des Steuerpflichtigen entschieden haben, sind Billigkeitsmaßnahmen auf Einzelfälle begrenzt. Die Entscheidung ist aber dennoch hilfreich. Denn der „zu lange“ Zinslauf bei zeitlich versetzter Anmeldung von Umsatzsteuer ist ein häufiges und dem Umsatzsteuerrecht immanentes Thema.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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