Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften

Das BVerfG hat heute (12.01.2024) seinen bereits länger erwarteten Beschluss zur Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften veröffentlicht. Laut BVerfG ist die Norm des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG verfassungswidrig, soweit sie eine Buchwertübertragung zwischen solchen Gesellschaften ausschließt. Das BVerfG verpflichtet den Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Neuregelung und eröffnet bis dahin die (rückwirkende) Möglichkeit des buchwertneutralen Wirtschaftsguttransfers zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften.

§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG i.d.F. des UntStFG von 2001 (BGBl I 2001, S. 3858) ermöglicht in drei abschließend genannten Fällen die unentgeltliche oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgende Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert (ohne Aufdeckung etwaiger stiller Reserven) bei Mitunternehmerschaften. So regelt bspw. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG die steuerneutrale Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Im Gesetzestext nicht genannt ist hingegen der Fall, wenn ein einzelnes Wirtschaftsgut unmittelbar zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften unentgeltlich übertragen werden soll.

Auf Basis des Gesetzeswortlauts hat auch die Finanzverwaltung daran festgehalten, dass letztere Fälle keinen Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG darstellen und damit in diesen Fällen keine Übertragung zum Buchwert erfolgt. Dies gilt laut BMF selbst dann, wenn es sich um beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften handelt (BMF-Schreiben vom 08.12.2011, Rz. 18). Die Ansicht der Finanzverwaltung wurde jedoch vom IV. BFH-Senat angezweifelt (BFH-Beschluss vom 15.04.2010, IV B 105/09). Daraufhin wurde bislang seitens der Finanzverwaltung beim Erlass von Feststellungsbescheiden zwar weiterhin daran festgehalten, dass die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft zur Aufdeckung stiller Reserven führt, allerdings war auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu gewähren (BMF-Schreiben vom 29.10.2010). Schließlich hatte der I. BFH-Senat die Rechtsfrage dem BVerfG vorgelegt (BFH-Beschluss vom 10.04.2013, I R 80/12) und entsprechende Verfahren bis zu der nun erfolgten Entscheidung des BVerfG von der Bearbeitung ausgesetzt.

Das BVerfG sieht den Wirtschaftsguttransfer zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften weder von der Gesetzesnorm des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG noch von der des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG umfasst. Auch eine verfassungskonforme Auslegung sei insoweit nicht möglich.

In diesem Nichtumfassen sieht das BVerfG aber eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit den vom Gesetz umfassten Tatbeständen. Dabei stellt das BVerfG insbesondere darauf ab, dass bei einem solchen Transfer die stillen Reserven demselben Steuersubjekt zugeordnet bleiben. Für das BVerfG ist § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des UntStFG daher mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit danach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ausgeschlossen ist.

Das BVerfG verpflichtet mit seinem aktuellen Beschluss den Gesetzgeber, rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten bleibt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des UntStFG laut BVerfG mit der Maßgabe anwendbar, dass die Vorschrift mit Wirkung für Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 auch gilt, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen Personengesellschaft übertragen wird (BVerfG-Beschluss vom 28.11.2023, 2 BvL 8/13).

In betroffenen Fällen mit laufenden Einspruchsverfahren sollte auf Basis des Beschlusses nun an die Finanzverwaltung mit der Bitte auf einen geänderten Feststellungsbescheid (Übertragung zum Buchwert ohne Aufdeckung der stillen Reserven) herangetreten werden.

Der Volltext des Beschlusses sowie die Pressemitteilung stehen Ihnen auf der Internetseite des BVerfG zur Verfügung.

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