Das FG Münster äußert sich zu den Anforderungen einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit einer ausländischen Holding- und Managementgesellschaft. Im konkreten Fall widersprach das FG der Finanzverwaltung und sah den zum Ausschluss der Hinzurechnungsbesteuerung beim deutschen Gesellschafter führenden Gegenbeweis als erfolgreich geführt an.
Im konkreten Fall war strittig, ob die von einer belgischen Kapitalgesellschaft (NV) erzielten Zinserträge bei deren deutschem (wesentlich i.S.v. § 7 AStG beteiligten) Gesellschafter der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Die Geschäftstätigkeit der als Holding- und Managementgesellschaft fungierenden NV bestand in der Vergabe von Darlehen an operative (gruppeninterne) Gesellschaften und Dritte, in der Desinvestition von Beteiligungen zur Förderung des Unternehmenszwecks der Gruppe sowie im Ankauf von Beteiligungen. Die bei den Beteiligungskäufen und -verkäufen erzielten Liquiditätsüberschüsse wurden als gruppeninterne Darlehen ausgereicht, in Beteiligungskäufe reinvestiert und für potenzielle Erwerbe bereitgehalten. Auf die den Streitjahren (2011 bis 2017) erzielten Zinserträge wurden in Belgien aufgrund der Besonderheiten des belgischen Steuerrechts keine Ertragsteuern festgesetzt; daneben erzielte die NV auch Erträge aus Holding-, Kreditvergabe-, Veräußerungs- und Beratungstätigkeit.
Zwar sah das FG Münster die Zinserträge der NV (aus einer nach einer funktionalen Betrachtungsweise einheitlich zu beurteilenden (Holding-)Tätigkeit resultierend) als passiv an und bejahte auch die für die Hinzurechnung erforderliche Niedrigbesteuerung. Anders als die Finanzverwaltung sah das FG jedoch den Gegenbeweis des § 8 Abs. 2 AStG als erfolgreich geführt an. Das FG ordnete die Tätigkeit der NV im Rahmen ihrer Eigenschaft als Holding- und Managementgesellschaft (Halten von Unternehmensbeteiligungen, Erbringen von Beratungsleistungen, Darlehensbeziehungen zu verbundenen Unternehmen und gegenüber Dritten) als tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit in Belgien ein, der das FG auch die erzielten Zinserträge zuordnete (FG Münster, Urteil vom 06.02.2024, 2 K 842/19 F).
Dabei bezog das FG in seine Gesamtbetrachtung u.a. ein, dass die unternehmerischen Entscheidungen durch die NV selbst bzw. ihre Organe in Belgien getroffen wurden und in Belgien ein Raum für die Geschäftstätigkeit angemietet wurde (u.a. nebst Büroausstattung und eigener E-Mailadressen). Für nicht erforderlich hielt das FG die Teilnahme der NV am Absatzmarkt in Belgien. Laut FG genüge eine Teilnahme am Beschaffungsmarkt (etwa für die auch im konkreten Fall vorliegende Anmietung der Geschäftsräume). Dabei seien auch konzerninterne Leistungsbeziehungen ausreichend, wobei das FG jedoch auf die Besonderheit im Fall hinwies, dass die NV auch Leistungsbeziehungen zu Dritten unterhielt. Auch sei laut FG der Umstand unschädlich, dass die NV in den Streitjahren keine Unternehmensbeteiligungen gekauft oder verkauft hat sowie dass die Tätigkeiten durch das Verwaltungsratsmitglied nur im (geringen) Umfang ausgeübt worden sind.
Aufgrund des erfolgreichen Gegenbeweises (ausreichende wirtschaftliche Substanz) verneinte das FG daher die Festsetzung eines AStG-Hinzurechnungsbetrags hinsichtlich der in Belgien von der NV erzielten Erträge aus eigener (Holding-)Tätigkeit beim deutschen Gesellschafter. Das Urteil erging noch zur Rechtslage vor der Neufassung des § 8 AStG durch das ATAD-Umsetzungsgesetz vom 25.06.2021 (BGBl. I 2021 S. 2035). Die Ausführungen dürften jedoch auch für die derzeit geltende Fassung Relevanz entfalten.
Das FG sah selbst keine Gründe für die Zulassung der Revision, zwischenzeitlich ist jedoch eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim BFH unter dem Az. IX B 35/24 anhängig.
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