EuGH-Vorlage zu rechtsgrundlos gezahlter Umsatzsteuer

Das FG Münster ist mit der Rechtsfrage befasst, ob rechtsgrundlos gezahlte Umsatzsteuer, die der Leistungsempfänger nicht über den zivilrechtlichen Weg vom Vertragspartner zurückfordern kann, vom Finanzamt zu erstatten ist. Es ersucht den EuGH um Vorabentscheidung.

Weist der leistende Unternehmer unrichtig Umsatzsteuer aus, beispielsweise mit einem überhöhten Umsatzsteuersatz, und bezahlt der Leistungsempfänger diese, kann er zwischen die Stühle geraten. Denn die unrichtige Umsatzsteuer kann der Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer geltend machen. Er muss sie sich stattdessen von dem leistenden Unternehmer erstatten lassen. Ist der zivilrechtliche Rückforderungsanspruch aber nicht durchsetzbar, beispielsweise, indem sich der leistende Unternehmer auf Verjährung beruft, ist der Leistungsempfänger final mit der unrichtigen Umsatzsteuer belastet.

Bereits im Jahre 2007 hat der EuGH mit dem sog. Reemtsma-Urteil (vom 15.03.2007, C-35/05) den grundsätzlichen Rechtsrahmen dafür gelegt, dass diese finale Belastung des Leistungsempfängers EU-rechtswidrig sein und der Fiskus diese finale Belastung zu beseitigen haben kann, indem er die unrichtig gezahlte Umsatzsteuer erstattet. De facto müsste der Fiskus in dem oben erwähnten Fall den Vorsteuerabzug gewähren, verfahrensrechtlich typischerweise im Wege der Billigkeit.

Das Finanzgericht Münster hat dem EuGH nun Fragen zu den Voraussetzungen eines solchen Erstattungsanspruchs gestellt (FG Münster, Beschluss vom 27.06.2022, 15 K 2327/20 AO). Es möchte unter anderem wissen, ob der Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers nur dann möglich ist, wenn der leistende Unternehmer seinerseits die überhöht gezahlte Umsatzsteuer nicht mehr von seinem Finanzamt zurückfordern kann. Würde der EuGH dies als Voraussetzung bejahen, wäre der Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers wohl in den überwiegenden Fällen ausgeschlossen.

Betroffene Steuerpflichtige sollten prüfen, ob sie im Hinblick auf dieses Vorlageverfahren vor dem EuGH vorsorglich ihren Fall offenhalten. Typischerweise wäre ein Erlassantrag bei dem für sie jeweils zuständigen Finanzamt zu stellen.

 

Weitere Publikationen von EY
Nutzen Sie unser neues Email Preference Center, um sich für den Erhalt des eNewsletter Tax und anderen Medien zu registrieren oder diese anderen Kolleg:innen zu empfehlen. 

Sind Sie schon registriert? Dann können Sie hier Ihre Präferenzen anpassen.