Die Heilungswirkung der Übergangsvorschrift zur geltenden (und für Neuabschlüsse obligatorischen) dynamischen Verlustübernahmeklausel gewährleistet unter bestimmten Voraussetzungen auch eine vollumfängliche steuerliche Anerkennung eines Alt-Ergebnisabführungsvertrags bei einer bereits nach alter Gesetzeslage fehlerhaften Bezugnahme auf § 302 AktG. Laut BFH ist die Heilungswirkung vom Verhalten des Steuerpflichtigen abhängig.
Im konkreten Fall schloss eine KG als Organträgerin im März 2004 mit einer GmbH als Organgesellschaft einen Ergebnisabführungsvertrag ab, der nach Einführung von § 302 Abs. 4 AktG faktisch bereits mit Wirkung ab Mitte Dezember 2004 keinen den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG a.F. entsprechenden Verweis auf eine Verlustübernahme nach § 302 AktG mehr enthielt und im April 2012 – vor gesetzlicher Einführung des verpflichtenden dynamischen Verweises auf eine Verlustübernahme nach § 302 AktG in seiner jeweils geltenden Fassung und flankierender Übergangsvorschriften im Rahmen der „Kleinen Organschaftsreform“ – gekündigt wurde. In den Streitjahren 2007-2011 wurde der Ergebnisabführungsvertrag tatsächlich durchgeführt und das Einkommen sowie der Gewerbeertrag der GmbH der KG zugerechnet.
Die Organschaft war laut Finanzamt anzuerkennen, da der Mangel des Ergebnisabführungsvertrags in Form des fehlenden Verweises auf den ab dem 15.12.2004 geltenden § 302 Abs. 4 AktG mit Beendigung des Vertrags im Jahr 2012 wirksam geheilt worden sei. Denn nach § 34 Abs. 10b Satz 2 und 3 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 18.12.2013 können Ergebnisabführungsverträge, die nach dem bis zur „Kleinen Organschaftsreform“ geltenden § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG a.F. keinen korrekten Verweis auf § 302 AktG enthalten und vor dem 27.02.2013 wirksam abgeschlossen worden sind, bei tatsächlicher Durchführung geheilt werden, wenn entweder bis zum 31.12.2014 eine wirksame Anpassung der Verlustübernahmeklausel in einen dynamischen Verweis erfolgt ist oder wenn die Organschaft vor dem 01.01.2015 beendet wurde. Die KG war dagegen der Auffassung, dass die Heilung der Organschaft nicht eingetreten sei, da die erst nach Beendigung der Organschaft eingeführte Übergangsvorschrift aufgrund einer sog. echten Rückwirkung verfassungswidrig sei. Aufgrund einer speziellen Interessenlage war die Nichtanerkennung der Organschaft für die KG vorzugswürdig.
Der BFH hat - anders als die Vorinstanz (FG Münster, Urteil vom 27.11.2019, 13 K 2898/16 G, F) - die rückwirkende Heilung des Ergebnisabführungsvertrags im konkreten Fall verneint. Laut BFH ordnen die Übergangsregelungen in § 17 Abs. 2 KStG i.V.m. § 34 Abs. 10b Satz 2 und 3 KStG a.F. den Eintritt der Heilungswirkung nicht zwingend und ausnahmslos an, sondern stellen diesen in das Belieben des Steuerpflichtigen. Daher trete bei Beendigung der steuerlichen Organschaft vor dem 01.01.2015 die Heilungswirkung gemäß § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG a.F. nicht ein, wenn der Steuerpflichtige durch eine nach außen erkennbare Handlung den Willen äußert, eine Heilung nicht herbeiführen, sondern die Rechtsfolgen des „fehlerhaften“ Ergebnisabführungsvertrags tragen zu wollen (kein „Heilungszwang“). Bei den Übergangsvorschriften handele es sich nämlich gerade nicht um eine verschärfende Regelung, sondern um eine Erleichterung mit rein begünstigendem Charakter.
Eine solche Handlung hat der BFH im konkreten Fall spätestens in der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Besteuerung als Organschaft gesehen. Dabei genüge es, dass sich die KG als vermeintliche Organträgerin gegen die Heilung ausgesprochen hat. Über die Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift war daher nicht mehr zu entscheiden (BFH-Urteil vom 03.05.2023, I R 7/20).
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