Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Stückzinsen eines Sachdarlehens

Laut BFH sind sowohl die beim Erwerb der Anleihen an den Veräußerer zu vergütenden Stückzinsen als auch die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen nicht als Entgelte für Schulden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Handelt es sich bei dem Sachdarlehen wirtschaftlich betrachtet um ein Gelddarlehen, ist dies für den BFH unerheblich. 

Im konkreten Fall wurde im Konzern ein Sachdarlehen an eine GmbH gewährt. Die GmbH war verpflichtet, die Anleihen nach Ende der Darlehenslaufzeit in gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Zudem verzichtete die GmbH gegenüber der Darlehensgeberin auf die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen. Da die GmbH die erhaltenen Wertpapiere an Dritte weiterveräußerte, schloss sie zur Sicherung der Rückgewährverpflichtung ein unbedingtes Termingeschäft über entsprechende Anleihen mit einer Bank. Zum Ende der Darlehenslaufzeit übertrug die GmbH die auf Grundlage des Termingeschäfts erworbenen Anleihen von der Bank an die Darlehensgeberin zurück. Streitig war nun, ob die beim Erwerb der Anleihen der Bank zu vergütenden Stückzinsen als auch die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen bei der GmbH jeweils als Entgelte für Schulden i.S.d. § 8 Nr. 1 Alternative 3 GewStG 2002 hinzuzurechnen sind.

Eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung sowohl der zu vergütenden als auch der aufgelaufenen Stückzinsen hat der BFH mit Urteil vom 07.10.2021 (III R 15/18) verneint.

Hinsichtlich der beim Erwerb der Anleihen zu vergütenden Stückzinsen lehnt der BFH eine Hinzurechnung ab, da diese weder Betriebsausgaben bei der GmbH darstellen noch es sich um Entgelte für Schulden handelt. Die aufgrund des Erwerbs der Anleihen an den Veräußerer (hier: die Bank) für die Stückzinsen gezahlten Beträge minderten nicht den Gewinn der GmbH, da die GmbH zusammen mit der erworbenen Anleihe eine gleichwertige Zinsforderung erhielt, die als sonstiger Vermögensgegenstand zu aktivieren war. Unerheblich ist für den BFH zum einen, ob das Wertpapier und der Stückzins buchhalterisch zutreffend gesondert erfasst oder die Stückzinsen fälschlich als Teil der Anschaffungskosten des Wertpapiers behandelt werden. Zum anderen, ob die mit Stückzinsen von der Bank erworbene Anleihe tatsächlich über einen Bilanzstichtag gehalten und die erworbenen Stückzinsen buchhalterisch erfolgsneutral behandelt und in der Bilanz aktiviert wurden. Entscheidend sei vielmehr, dass die zu vergütenden Stückzinsen erfolgsneutral waren und insofern den Gewinn nicht aufwandswirksam gemindert haben. Zudem seien die zu vergütenden Stückzinsen keine Entgelte für Schulden, da sie nicht für die Kapitalüberlassung gezahlt wurden. Die zu vergütenden Stückzinsen wurden an den Veräußerer (hier: die Bank) für die Übertragung der Anteile gezahlt. Die Zahlungen beruhten damit nicht auf dem Darlehensverhältnis mit der Darlehensgeberin, d.h. der Entgegennahme und Rückgabe der Anleihen. Stattdessen waren die Stückzinsen dem Entschluss der GmbH geschuldet, die Anleihen unmittelbar nach Erhalt zu veräußern, sodass die GmbH vor Fälligkeit des Sachdarlehens gleichartige Anleihen zurückerwerben und dabei die beim Veräußerer aufgelaufenen Stückzinsen vergüten musste. An dieser Stelle verneint der BFH zudem eine Zusammenfassung der Sachdarlehensverträge und der Termingeschäfte. Eine solche Zusammenfassung ist für den BFH selbst dann ausgeschlossen, wenn beide ohneeinander nicht denkbar wären. Jedes einzelne Schuldverhältnis müsse im Hinblick auf § 8 Nr. 1 GewStG 2002 grundsätzlich für sich beurteilt werden.

Darüber hinaus sind laut BFH auch die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen nicht hinzuzurechnen, da auch diese keine Entgelte für Schulden darstellen. Da die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen den Anleihen gewissermaßen innewohnten oder anhafteten und eine Rückgabe der Anleihen ohne die Stückzinsen oder aber nur mit den bis zum Empfang der Anleihen von der Darlehensgeberin aufgelaufenen Stückzinsen ausgeschlossen war, erfüllte die GmbH insoweit nur ihre gesetzliche Rückerstattungspflicht. Nach Auffassung des BFH leistete sie aber kein Entgelt.

Auch kann laut BFH in dem Verzicht auf die aufgelaufenen Stückzinsen seitens der GmbH und zugunsten der Darlehensgeberin kein Entgelt für die Gewährung des Sachdarlehens gesehen werden. Die Qualifikation als Entgelt setze voraus, dass ein Anspruch bereits entstanden ist. Gelange ein möglicher Anspruch durch entsprechende Vertragsgestaltung jedoch erst gar nicht zur Entstehung, sei der Verzicht – wie im konkreten Fall – nicht als Entgelt zu qualifizieren.

Dass es sich bei dem Sachdarlehen wirtschaftlich betrachtet um ein Gelddarlehen handelt, ist für den BFH unerheblich. Für die Bestimmung der hinzuzurechnenden Entgelte für Schulden sei der Gesetzeswortlaut und nicht eine davon abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich.

Da die derzeitige Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG ebenfalls auf „Entgelte für Schulden“ abstellt, sind die Ausführungen des BFH auch für die aktuelle geltende Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG relevant.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

 

Weitere Publikationen von EY
Nutzen Sie unser neues Email Preference Center, um sich für den Erhalt des eNewsletter Tax und anderen Medien zu registrieren oder diese anderen Kolleg:innen zu empfehlen. 

Sind Sie schon registriert? Dann können Sie hier Ihre Präferenzen anpassen.