Neuer Schritt der EU in Richtung vereinheitlichte Steuergesetzgebung

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In einem umfangreichen Maßnahmen-Paket veröffentlichte die Europäische Kommission am 12.09.2023 mehrere Richtlinien-Entwürfe mit dem Ziel der Vereinheitlichung und Vereinfachung von steuerlichen Normen und Reduzierung von Befolgungskosten für multinationale Unternehmen. Ein Bestandteil ist die sog. BEFIT, ein Regelwerk zur Schaffung einer EU-einheitlichen körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Ergänzend legt die EU-Kommission einen Vorschlag für ein „Head Office Tax System“ für kleine und mittlere Unternehmen vor. 

Der Richtlinien-Vorschlag mit dem Titel „Business in Europe: Framework for Income Taxation (BEFIT)“ greift ein nunmehr seit über einem Jahrzehnt auf der Agenda der EU-Kommission stehendes Thema auf – eine EU-einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage für multinationale Konzerne als weitere Voraussetzung für einen funktionierenden und wettbewerbsfähigen Binnenmarkt. Die bisher dazu vorliegenden Entwürfe CCTB und CCCTB („common (consolidated) corporate tax base“) wurden mit Vorlage der BEFIT offiziell zurückgezogen.

Grundgedanke der Initiative ist, dass zu einer bestimmten Gruppe gehörende Unternehmen ihre steuerliche Bemessungsgrundlage nach einem EU-weit einheitlichen Regelwerk ermitteln und zu einer einzigen Besteuerungsgrundlage aggregieren. Der Anteil jedes Gruppenmitglieds (und damit des jeweiligen Mitgliedstaates) an der steuerlichen Bemessungsgrundlage bemisst sich grundsätzlich nach dem Durchschnitt seiner steuerlichen Ergebnisse am Gesamtergebnis der BEFIT-Gruppe der vorangegangenen drei Jahre.

Laut Darstellung der EU-Kommission wurde der BEFIT-Vorschlag in enger Anlehnung an die Ende 2022 angenommene Richtlinie zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung konzipiert. So erfasst auch die BEFIT verpflichtend große inländische oder multinationale Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Jahresumsatz ab 750 Mio. Euro in zwei der vorangegangenen vier Fiskaljahre. Für solche Unternehmensgruppen, deren oberste Muttergesellschaft außerhalb der EU ansässig ist, werden die innereuropäischen Einheiten der BEFIT unterworfen, sofern ihre Umsätze zusammen 5 Prozent des Gruppenumsatzes und mindestens 50 Mio. Euro in zwei der vorangegangenen vier Fiskaljahre übersteigen. Innerhalb der großen inländischen oder multinationalen Unternehmensgruppe sollen nur solche EU-Gesellschaften auch Teil einer sog. BEFIT-Gruppe sein, an denen die oberste Muttergesellschaft mindestens 75 Prozent der Anteile bzw. Gewinnbezugsrechte (direkt oder indirekt) hält. Ist die oberste Muttergesellschaft selbst in der EU ansässig, gehört sie ebenfalls zur BEFIT-Gruppe. Kleinere Unternehmensgruppen sollen die Option zur Anwendung der BEFIT-Regelungen unter der Voraussetzung, dass sie ebenfalls einen Konzernabschluss erstellen, erhalten.

Basis der Bemessungsgrundlage ist – grds. wie bei der Mindeststeuer – der handelsrechtliche Jahresabschluss nach IFRS oder einem in der EU anerkannten Rechnungslegungsstandard, welcher bestimmten Anpassungen in Form von Zu- oder Abrechnungen unterzogen wird. Hierzu gehören etwa Betriebsstättenergebnisse oder im Rahmen der Mindeststeuer erhobene Ergänzungssteuern. Den Mitgliedstaaten wird das Recht zugestanden, nationale Anpassungen an der Ermittlung der BEFIT Bemessungsgrundlage, etwa in Form der Berücksichtigung steuerlicher Zulagen oder Abzüge, vorzunehmen, solange dabei die Mindestbesteuerungs-Richtlinie eingehalten wird. Neu ist eine Reihe an speziellen steuerlichen Abschreibungsregeln, welche unter anderem einen Sofortabzug von materiellen Wirtschaftsgütern mit einem Wert von bis zu 5.000 Euro vorsehen. Die Steuerbemessungsgrundlagen aller Gruppenmitglieder werden zusammengerechnet, was im Endeffekt zu der Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verlustnutzung innerhalb der EU führt. Quellensteuern sollen zukünftig bei BEFIT-gruppeninternen Zahlungen entfallen.

Der Richtlinienentwurf enthält sektorspezifische Sonderregelungen für einzelne Wirtschaftszweige, etwa die Schiff- und Luftfahrt sowie die rohstofffördernde Industrie.

Für verbundene Unternehmen, die nicht zur BEFIT-Gruppe gehören, da sie bspw. nicht in der EU ansässig sind oder keine 75 Prozent-Beteiligung besteht, und damit nicht in die einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage der Gruppe einbezogen werden, enthält der Richtlinien-Entwurf unter anderem auf einer Risikoanalyse basierende Vereinfachungen in der Anwendung der Verrechnungspreis-Regelungen auf Transaktionen mit BEFIT-Gruppenmitgliedern. Eine Verlustverrechnung mit diesen Einheiten ist weiterhin nicht vorgesehen. Auch für Transaktionen innerhalb der BEFIT-Gruppe sind Erleichterungen im Bereich der Verrechnungspreise enthalten. Ein ebenfalls risikobasierter Prüfungsansatz würde eine Art Safe Harbour in der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bedeuten.

Die Administration der BEFIT soll in Anlehnung an die globale Mindeststeuer mit Hilfe des etwa aus der Umsatzsteuer bekannten One-Stop-Shop-Verfahrens unterstützt werden. Demnach soll die oberste Muttergesellschaft oder ein ermächtigtes Gruppenmitglied für die gesamte Unternehmensgruppe in nur einem Mitgliedstaat eine „BEFIT information return“ abgeben, deren Inhalte mit den anderen Mitgliedstaaten geteilt werden. Darüber hinaus hat jede einzelne Gesellschaft lokal ihre Steuererklärung abzugeben. Diese enthält u.a. Informationen über die Zusammensetzung des steuerlichen Ergebnisses der BEFIT-Gruppe und den Anteil der betreffenden Gesellschaft sowie weitere bei der Besteuerung zu berücksichtigende Angaben.

Der vorgesehene Anwendungsbeginn der BEFIT ist der 01.07.2028. Derzeit ist unklar, ob und ggf. bis wann mit einem (einstimmigen) Beschluss der Mitgliedstaaten zu rechnen ist. Zunächst bleibt die Reaktion der Mitgliedstaaten auf den weitreichenden Vorstoß der Europäischen Kommission abzuwarten.

Ein One-Stop-Shop ist auch Bestandteil eines ebenfalls am 12.09.2023 veröffentlichten Maßnahmen-Pakets steuerlicher und außersteuerlicher Regelungen speziell zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Das sog. „Head Office Tax System“ (HOT), welches namensgebend für die steuerliche HOT-Richtlinie ist, sieht insbesondere für über Betriebsstätten im EU-Ausland agierende KMUs unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit zur Interaktion mit nur einer Steuerverwaltung, nämlich der des Hauptsitzes des Unternehmens, vor. Eine entsprechende Umsetzung und Anwendung in den Mitgliedstaaten ist für den 01.01.2026 vorgesehen. Die Europäische Kommission sieht das „Relief Package“ für KMUs als komplementär zur BEFIT an, da beide Initiativen auf Erleichterungen für Unternehmen, jedoch unterschiedlicher Größe, abzielen. Zudem sieht die BEFIT optionale Anwendungsregeln auch für KMU vor.

Der Volltext der Richtlinien steht Ihnen auf der Internetseite der Europäischen Kommission zur Verfügung.

Direkt zu den veröffentlichten Dokumenten des EU-Maßnahmen Pakets kommen Sie unter BEFIT und HOT.

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